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Tourismus  Wörlitzer Hof: Hotel wird erstes barrierefrei zertifiziertes Haus im Kreis Wittenberg

Von Michael Hübner 01.12.2016, 09:00
Erika Miertsch (Mi.) vom Hotel "Wörlitzer Hof" ist stolz auf das Zertifikat.
Erika Miertsch (Mi.) vom Hotel "Wörlitzer Hof" ist stolz auf das Zertifikat. Thomas Klitzsch

Wörlitz - Die Prüfer nehmen es ganz genau. Die Kontrolle mit Zollstock und Wasserwaage beginnt schon am Parkplatz vor dem Landhaus „Wörlitzer Hof“ in der Parkstadt. So berichtet es Manuela Fischer von der Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt am Dienstag Mittag kurz vor der Verkündung des Ergebnisses. Wenige Minuten später hält Inhaberin Erika Miertsch das Zertifikat für Barrierefreiheit in den Händen.

Es ist das erste Hotel im Landkreis Wittenberg, das diese Anerkennung im Rahmen des Projekts „Reisen für alle - Tourismus für alle“ erhält. Im Land sind es allerdings schon 50. Zehn weitere werden noch in den nächsten Tagen folgen. Ende 2015 waren es nur knapp 20.

Doch die Hotelchefin - „Wir haben auch Hinweise erhalten, was wir noch verbessern können.“ - wird sich nicht auf den Lorbeeren der freiwilligen Kontrolle ausruhen. Sie will noch viel mehr: eine barrierefreie Stadt. Das würde, so argumentiert die ehrenamtliche Kommunalpolitikerin, gut zu einem anerkannten Erholungsort passen. „Barrierefreiheit macht nur als Konzept für alle Sinn“, meint auch Fischer.

Miertsch erwartet von der Ehrung „eine Initialzündung“ für die Parkstadt. Auf den Prüfstand könnten nicht nur Rad- und Wanderwege kommen. Hartmut Smikac schlägt „Einstiegshilfen für Gondeln vor“.

Das werde nicht einfach, sagt der Projektleiter des Infoportals www.barrierrefreier-tourismus.info und macht mit einer Fingerbewegung deutlich: Über Geld müsse eben auch noch geredet werden. Er stelle sich im Fall der Gondeln „schwenkbare Sitze“ vor. Für den Experten ist mit dem Blick auf das Gartenreich auch für Sehbehinderte noch viel zu tun. Der Rollstuhlfahrer empfiehlt, die Politik ins Boot zu holen. Miertsch kündigt an, das Thema im Ortschaftsrat anzusprechen.

Für Elke Witt ist „der barrierefreie Reisemarkt ein wichtiger und ständig wachsender Reisesektor“. Die Geschäftsführerin des Vereins Welterberegion Anhalt-Dessau-Wittenberg hofft, dass das Wörlitzer Beispiel auch in der Lutherstadt noch Schule macht. Barrierefreiheit ist laut Fischer für zehn Prozent der Bevölkerung zwingend erforderlich, für über 30 Prozent hilfreich und für 100 Prozent komfortabel.

Durch das bundesweit einheitliche Siegel erfahren Gäste schnell im Internet, ob sie ein Hotel, Museum oder eine Tourismus-Information besuchen können oder eben nicht. Die Barrierefreiheit ist ein doppelter Gewinn: Das Gastgewerbe profitiert von steigenden Umsätzen und die Reisenden von der höheren Qualität bei Infrastruktur und Service. Und die Nachfrage nach solchen Angeboten werde weiter zunehmen. „Neue große Zielgruppen werden erschlossen, Stammgäste gebunden und der Gewinn gesteigert“, so Fischer.

Das Ziel der Landesregierung, solche Offerten zu erhöhen, ist im Magdeburger Masterplan Tourismus 2020 und im Koalitionsvertrag verankert. Die Reisebranche im Land mit ihren 70.000 Beschäftigen liegt im ersten Halbjahr 2016 auf Erfolgskurs.

Nach Angaben des Magdeburger Wirtschaftsministeriums sind die Gästeankünfte und Übernachtungen im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent gestiegen - das sei stärker als im Schnitt der ostdeutschen Bundesländer. Alle barrierefreien Angebote sind auf der Seite Reisen für alle einsehbar. (mz)