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WAZV Elbe-Elster-Jessen WAZV Elbe-Elster-Jessen: War die Abwahl von Werner Kneist rechtens?

Von Klaus Adam 22.11.2017, 10:05

Dessau/Jessen - Werner Kneist, ehemaliger Geschäftsführer des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Elbe-Elster-Jessen, gibt sich mit seiner Abwahl am 20. September wegen Missmanagements nicht zufrieden. Das war zu erwarten. Deshalb sitzen sich am gestrigen Dienstag er und Daniel Lehmann am Dessauer Arbeitsgericht als Gegenparts gegenüber.

Lehmann ist seit Februar Vorsitzender der Verbandsversammlung. Die hatte Kneist wie berichtet an jenem Septembertag einstimmig abgewählt. Soweit die politische Entscheidung.

Der Rest liegt nun in der Hand der Justiz. Wobei deren letztes Wort vorerst ausfällt. Der Dienstagtermin ist - wie der Anwalt des WAZV anmerkt - eine so genannte Güteverhandlung. In deren (recht kurzem) Zuge sich die Anwälte beider Seiten einigen, weiter zu reden.

„Die Vertreter beider Parteien beantragen das Ruhen des Verfahrens wegen der anstehenden Möglichkeit einer Einigung“, spricht der Vorsitzende der Arbeitsgerichtskammer, Wolfgang Schiller, in sein Diktaphon.

Der Hintergrund lässt sich leicht erahnen. Möglicherweise will Kneist seinen persönlichen Ruf wiederhergestellt wissen. Letztlich geht es aber auch um nicht wenig Geld. Bezahlt wurde Werner Kneist, wie der Vorsitzende erwähnt, nach der Entgeltgruppe 15 laut Tarifvertrag im öffentlichen Dienst. Was das bedeutet, lässt sich „googeln“.

Auf der Internetseite öffentlicher-dienst.info ist unter Stufe 6 (wovon bei der langen Dienstzeit Kneists wohl auszugehen ist) ein Bruttojahreseinkommen von über 81.000 Euro angegeben. Dazu kämen weitere Zuschläge. Auch dies merkt der Richter an. Er zweifelt am Dienstag jedoch daran, dass er zuständig wäre.

Einer, der mit der Abwahl des WAZV-Geschäftsführers Kneist auf frischen Wind in seiner durchaus haarsträubenden Angelegenheit hofft, ist der Iserbegkaer Werner Landgraf. Seit der Wasserrechnung für das Jahr 2010 kämpft er um sein Recht. Denn seinerzeit wurde ihm und seiner Frau eine Rechnung über 1.000 Kubikmeter verbrauchtes Trinkwasser gestellt. Das wären etwa 10.000 Badewannen voller Wasser. Erst dieser Tage meldete sich Landgraf mit der Information wieder, dass die aktuelle 2017er Rechnung 44 Kubikmeter ausweist - eine Menge, die dem über viele Jahre gewohnten (und logischen) Verbrauch entspreche. Seit sechs Jahren ringt Landgraf nun um die Wiedergutmachung der seinerzeit eingeforderten Summe. Sogar das Verwaltungsgericht Halle gab dem WAZV Recht. WAZV-Geschäftsführer Werner Kneist hatte laut Landgraf die Angelegenheit 2011 zur „persönlichen Chefsache“ gemacht. Der Iserbegkaer geht davon aus, dass die Wasseruhr manipuliert war, und hofft weiter auf Wiedergutmachung.

Denn: Zwar war Werner Kneist als Geschäftsführer Angestellter des WAZV. Er hatte aber in dieser Position weitreichende Entscheidungsbefugnisse. Das sähe für ihn nicht nach einem klassischen Arbeitnehmerverhältnis aus, ließ der Vorsitzende durchblicken. Im Detail klären müsste er das aber erst, wenn sich die Verbandsvertreter und Kneist nicht einigen, sprich: keinen Vergleich finden.

Dann klopft mindestens eine der Seiten wieder bei Arbeitsrichter Schiller an.

Die Sache erscheint insofern ein bisschen vertrackt, weil mit der Abwahl eigentlich das Arbeitsverhältnis beendet wäre. Sobald die Gesellschafter des Unternehmens - in diesem Fall die Vertreter der Kommunen im Verband - ihre Entscheidung begründen können. Ersatzweise, wie es juristisch heißt, hat der Verband seinem Geschäftsführer jedoch zudem eine formale Kündigung ausgesprochen.

Deren Frist endet laut Schiller am 31. März.

Inzwischen ist die Neubesetzung der Geschäftsführerstelle ausgeschrieben. Die Bewerbungsfrist läuft am 15. Dezember aus. Arbeitseinstieg des neuen Geschäftsführers ist laut dieser Ausschreibung der 1. April 2018. Bis dahin führen der technische Leiter und die kaufmännische Leiterin die Geschäfte des WAZV gemeinsam.

Ergibt sich die Frage: Wird Werner Kneist bis Ende März noch als Geschäftsführer bezahlt? Dazu gab es in der Verhandlung keine Aussagen. Arbeitsrichter Schiller sieht auf Nachfrage der MZ vorrangig zwei Alternativen: Entweder ist die Entscheidung vom 20. September rechtsgültig.

Oder beide Seiten vergleichen sich und es läuft auf Zahlung einer Abfindung hinaus. Im Falle keiner Einigung ist wie schon erwähnt, die Kammer am Arbeitsgericht wieder gefragt.

Werner Kneist ist schon seit Vorwendezeiten in puncto Wasser aktiv. Zunächst im Bezirk Cottbus als Bereichsleiter für Jessen, nach der Wende bei der Cowag. Wenig später wurde der Wasserzweckverband Jessen gegründet. Nach dem Weggang von dessen erstem Geschäftsführer saß Kneist auf diesem Posten.

Im Dezember 1992, so erinnert sich der langjährige kaufmännische Leiter Günter Suske, fusionierte der Jessener Verband mit dem für die Glücksburger-Heide-Anrainer. Eine Zeit lang leiteten diesen Verband Kneist als technischer und Suske als kaufmännischer Geschäftsführer gleichberechtigt. Ab Mitte der 90er Jahre war Kneist alleiniger Geschäftsführer.

Im Zuge der durch das Land verfügten großflächigen Organisationsuntersuchung zur Mitte der 2000er Jahre fusionierte der WZV im Jahr 2006 mit mehreren Abwasserzweckverbänden der Region zum heutigen WAZV Elbe-Elster-Jessen. Mit seiner Berufung zum Geschäftsführer auf zunächst sieben Jahre, erneuert im Jahr 2013, erhielt Kneist seine bis zur Abberufung beträchtlichen Kompetenzen. (mz)