Waldbrandzentrale in Annaburg Waldbrandzentrale in Annaburg: Bei Anruf gibt es Alarm

Annaburg - Angela Werther hat alles im Blick. Jedes Foto, den zweiten Bildschirm, die kleinste Veränderung. Wenn die Forstwirtin zum Telefonhörer greift, wird in Teilen Sachsen-Anhalts Alarm ausgelöst. Fünf fest installierte Kameras beobachten eine Fläche von etwa 3.500 Quadratkilometern und senden permanent topaktuelle Schwarz-Weiß-Fotos an die Waldbrandzentrale in Annaburg.
Eine Kamera, die meist mit an einem Funkmasten angebracht ist, verfügt über eine Reichweite bis 15 Kilometer und liefert die Gefahrenbereiche mit. „Der Bereich unter Windrädern ist zum Beispiel nicht rot markiert“, erklärt Angela Werther auf dem Bildschirm die Menüleiste, auf der auch ein kleines Feuer zu sehen ist.
Die 57-Jährige muss ihre Entscheidungen innerhalb von Sekunden treffen. Bei Bränden stehen Menschenleben auf dem Spiel, Flora, Fauna oder Ernte sind in Gefahr. „Lieber einen Alarm mehr auslösen!“, sagt sie.
Brutkasten-Zeiten sind vorbei
Die Zeit im „Brutkasten“ hat Angela Werther nicht vergessen. „In der Kühltasche war bis zum Eis alles drin“, erinnert sich die Forstwirtin, denn die Besteigung eines Feuerwachtturms sei eine schweißtreibende Angelegenheit gewesen. „Da überlegt man sich jeden Toilettengang“, erinnert sie sich und verrät, dass es selbst für den Fall der Fälle eine Notlösung gegeben hat.
Heute sitzt sie im Betreuungsforstamt Annaburg in einem kleinen Büro und genießt dessen Vorzüge. Wenn früher die Sonne auf die Glaskuppel des Wachtturms geknallt hat, ist die Raumtemperatur schnell Richtung 50 Grad gestiegen. Werther erzählt, dass Forstwirtin ihr Traumberuf ist.
Insgesamt 1,5 Millionen Hektar Waldfläche werden in Deutschland per Kamera überwacht. 15 davon sind in Sachsen-Anhalt installiert, fünf liefern Daten an die Waldbrandzentrale Annaburg.
Diese befinden sich in Arnsdorf (Jessen), Karlsfeld (Wittenberg), Marke (Dessau-Roßlau/Bitterfeld), Gorrenberg (Nedlitz) und Hohe Gieck (B 2, Dübener Heide). Bei Waldbrandstufe drei ist die Zentrale acht, bei Stufe vier neun und bei Stufe fünf zehn Stunden besetzt (bis 20 Uhr).
Funktionsbeamter Philipp Narstedt (Annaburg) lobt das tolle Engagement seiner Mitarbeiter und weist auf die hohe Verantwortung jedes Einzelnen hin.
Wenn keine Waldbrandgefahr (bis Stufe 2) besteht, geht es raus in die Natur. „Nach vier Wochen wollte ich den Traumjob eigentlich aufgeben“, blickt die Familienmutter zurück, denn Holzeinschlag und Frau passt nicht zusammen. „Das war schon hart.“ Heute blickt sie auf „32 Jahre in der Forst“ zurück und ist stolz, durchgehalten zu haben.
Nach den Stationen Forstämter Bad Schmiedeberg, Tornau und Dessau ist Werther in Annaburg gelandet. Hier fühlt sich die 57-Jährige wohl, das tägliche Pendeln nach Trebitz ist kein Problem. Die Brände verfolgen sie bis in den Schlaf. „Manchmal träume ich davon“, sagt sie, bei Zapfen pflücken im Wald kann sie nach Feierabend besser abschalten. Die Mitarbeiterin sitzt bei Waldbrandstufe fünf bis 20 Uhr in der Zentrale und muss wie erwähnt lebenswichtige Entscheidungen treffen.
Wichtige Reihenfolge
Das Prozedere läuft wie folgt ab: Angela Werther entdeckt auf den Fotos eine Rauchsäule und macht eine dreiseitige Brandmeldung im Computer fertig. Bevor das Papier aus dem Drucker kommt, wird die zuständige Leitstelle telefonisch informiert, die wiederum die Feuerwehren ausrücken lässt.
Die 57-Jährige informiert außerdem den Revierleiter Forstamt, dass in seinem Beritt wahrscheinlich der Wald brennt. „An Spitzentagen melde ich vier bis fünf Brände“, so Werther, die dann telefonisch sogar auf dem stillen Örtchen zu erreichen ist.
In der Erntezeit liegt sie mit ihren Entscheidungen auch mal daneben. Wenn drei Mähdrescher gleichzeitig im Einsatz sind, fliegt ordentlich Staub durch die Luft. Auf den Schwarz-Weiß-Bildern ist dann schwer zu erkennen, ob es sich nur um eine Schmutzwolke handelt. Deshalb lautet ihr einziger Wunsch: Ganz viel Regen über mehrere Tage hinweg. (mz)