Wahlsonntag in Söllichau Wahlsonntag in Söllichau: Langer Tag für die Helfer

Söllichau - Im Kulturhaus von Söllichau herrscht selbst zur Mittagszeit am Sonntag ein munteres Kommen und Gehen. Die Stimmung ist entspannt, man kennt sich, nicht selten sind sämtliche acht Kabinen besetzt. Das Wahlrecht wahrzunehmen ist für viele hier nach wie vor eine Selbstverständlichkeit. Nicht wenige nutzen die Gelegenheit für einen kurzen Schwatz.
Das zwölfköpfige Team im Wahllokal ist routiniert, die meisten sind nicht das erste Mal dabei. Wie etwa Familie Kristin. Jürgen Kristin, bekannt durch seine Arbeit im Betreuungsforstamt Dessau und als Vorsitzender des Heimatvereins, gilt längst als alter Hase.
Er hat so gut wie jede Abstimmung seit Anfang der 1990er Jahre in seinem Heimatdorf aktiv begleitet, inzwischen ist der Söllichauer als Wahlvorsteher verantwortlich dafür, dass alles regelkonform läuft. „Ich bin damals angesprochen worden und drücke mich nicht gerne vor Arbeit. Wenn ich das machen kann, mache ich es. Ich würde mich sonst nicht wohlfühlen.“
Längst sitzt eine Stammmannschaft vor den Listen und den Wahlurnen - diesmal sind es übrigens stattliche fünf, weil zu Europa, Kreistag, Stadt- und Ortschaftsrat auch noch der Jugendstadtrat kommt, über den in Bad Schmiedeberg erstmals abgestimmt wird.
Das Team jedenfalls pflegt einen guten Ton: „Hier wird gelacht, es macht Spaß“, bemerkt der Wahlvorsteher, er fügt schmunzelnd hinzu: „Die Frauenquote wird im Übrigen übererfüllt: Wir sind neun Frauen und drei Männer.“ Seine eigene Frau eingeschlossen.
Petra Kristin freut sich über das hohe Interesse, kurz nach 12 Uhr haben bereits 225 der rund 700 Wahlberechtigten ihre Kreuze gemacht. Wenn schon einen Sonntag ans Bein binden, dann soll sich das lohnen. Üblicherweise liegt die Wahlbeteiligung in Söllichau zwischen 60 und 70 Prozent. Familie Kristin - auch der Sohn gehört zu den Wahlhelfern - glaubt fest daran, dass die Quote diesmal wieder erreicht wird: „Viele wollen, dass sich etwas ändert.“
Zum Beispiel Christa Michailowa. Die Söllichauerin hat nach eigenem Bekunden noch keine einzige Wahl ausgelassen. „Wer nicht geht, darf sich später nicht beschweren“, findet sie. Michailowa hat sich jedenfalls gut informiert, wer von den zahlreichen Kandidaten ihre Stimme erhalten soll.
Wichtig ist ihr, dass der künftige Stadtrat sich um die Dörfer kümmert, „sich hier mal sehen lässt und mit uns spricht“. Schwer im Magen liegt ihr und anderen Söllichauern unter anderem, dass über die bevorstehende wochenlange Vollsperrung der Durchgangsstraße so spät informiert wurde. Die Wirtin von gegenüber sei aus allen Wolken gefallen: „An solchen Dingen hängen doch Existenzen.“
Ein anderes Thema ist der Öffentliche Nahverkehr. Dass der ausbaufähig sei - sowohl was Bus- als auch Zugverbindungen angeht - findet etwa Anna Sophie Hennig. Gerade 18 Jahre ist sie alt, die Abiturprüfungen sind geschafft, sie hat jetzt Zeit und nutzt sie, um bei der Europa- und Kommunalwahl zu helfen. Sie ist die Jüngste im Team des Söllichauer Wahlvorstands. Nicht zuletzt Jürgen Kristin freut der Nachwuchs, es ist auch für ihn eine Entlastung.
Wenn Wahl ist, wird es meist ein sehr langer Tag für ihn und sein Team. Schon früh gegen 7 Uhr war er im Wahllokal, um nachzuschauen, ob alles stimmt. Die erste Wählerin, die Punkt 8 Uhr erschien, durfte in die Wahlurnen schauen, die danach versiegelt worden sind.
Bis 18 Uhr ist das Wahllokal geöffnet - danach, beim Auszählen, wird es spannend und anstrengend. „Wichtig ist“, weiß der erfahrene Wahlvorsteher, „die Ruhe zu bewahren.“ Trotz allem Druck, schnell Ergebnisse zu liefern. Wann er endlich zuhause ist? „Mitternacht wäre gut.“ (mz)