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Dübener Heide  Wächterhöfe in Dübener Heide : So retten Hofwächter unverkäufliche Gebäude

Von Sabine Wesner 13.01.2017, 05:00
Idyllisch in der Dübener Heide gelegen braucht der Hof aber viel Zuwendung. Das kann einer alleine meist nicht bewältigen.
Idyllisch in der Dübener Heide gelegen braucht der Hof aber viel Zuwendung. Das kann einer alleine meist nicht bewältigen. Klitzsch

Tornau - Es geht weiter! Zwei Jahre nach dem Start der Projektes „Wächterhöfe - verliebt, verlobt, verheimatet“ in der Dübener Heide hat der Naturparkverein Dübener Heide als Initiator des Vorhabens Bilanz gezogen und ankündigt, das Projekt auch nach der in diesem Monat endenden Förderung durch die Robert Bosch Stiftung fortführen zu wollen.

„Mit der um 1864 erbauten ehemaligen Senfmühle in Lubast von Heike und Sven Kröber haben wir im vergangenen Jahr erstmals offiziell die Plakette ,Wächterhof’ vergeben können, zwei Projekte in Lausigk stehen kurz davor und für elf weitere Häuser, Gärten und Ladenlokale gibt es konkrete Vorstellungen“, sagt Projekt-Koordinatorin Kati Ehlert.

Das Projekt Neulandgewinnung ist für alle Beteiligten profitabel. Ganz nach dem Prinzip „Haus-Erhalt durch Nutzung“ werden Städtern, Heimatrückkehrern und Existenzgründern leerstehende oder brach fallende Liebhabergärten, Datschen, Häuser und Höfe sowie Ladenlokale und andere Gebäude im Naturpark zum Wohnen, Arbeiten und Erholen, kurzum: zum Leben und Genießen preiswert und ohne Kaufzwang zur Verfügung gestellt.

„Die Wächterhöfe werden zur individuellen Bewirtschaftung zeitlich befristet mit mindestens fünf bis zehn Jahren Nutzungsdauer vermittelt. Die Ausbauhäuser verbinden einen individuell festgelegten Ausbaustandard mit einem klassischen langfristig kostengünstigen Mietverhältnis“, erklärt die Projektleiterin.

Für die Eigentümer erschließen sich damit für ihre leerstehenden Objekte ganz neue Erhaltungsoptionen. Denn die Zwischennutzung wirkt einem weiteren Verfall und Vandalismus entgegen, bringt Werterhaltung sowie finanzielle Entlastung, weil alle entstehenden Nebenkosten durch den Nutzer oder die Nutzergemeinschaft getragen werden. Die Zwischenmieter sorgten für einen Ausbau inklusive Elektroinstallation und bei einem Verkauf des Gebäudes sei eine Vertragsbeendigung grundsätzlich möglich.

„Neulandgewinner“ heißt das vor zwei Jahren im Verein Dübener Heide gestartete Projekt, das Lust aufs Landleben machen soll. Aufbauend auf den Erfahrungen der Leipziger Wächterhäuser will man Interessenten mit Wächterhäusern und Ausbauhäusern die Möglichkeit bieten, das Landleben ohne Kaufverpflichtung auszuprobieren. Gleichzeitig sollen leerstehende Häuser und Einrichtungen durch diese Zwischennutzung vor dem Verfall gerettet und Schandflecke in den Dörfern und Kleinstädten beseitigt werden.

Die Robert Bosch Stiftung hat das Projekt, mit dem einerseits Gebäude und Anlagen erhalten werden und andererseits jungen Menschen eine neue Heimat im ländlichen Bereich schmackhaft gemacht werden soll, in den vergangenen beiden Jahren zu hundert Prozent mit insgesamt 50.000 Euro gefördert. Auch wenn die Förderung in diesem Monat ausläuft will der Verein Dübener Heide, der unter anderem auch als Berater und Vermittler zwischen Objekteigentümern und interessierten Nutzern auftritt, weitermachen.

Laut Projektleiterin Kati Ehlert werden nach wie vor geeignete Objekte wie auch Nutzer mit Ideen gesucht. Beteiligt sind derzeit Gräfenhainichen, Tornau, Kemberg und Laußig (Sachsen). sw

Weitere Infos und Kontakt unterwww.regiocrowd.com oder im Naturparkbüro Tornau, Krinaer Straße 2, Tel. 034243/5 08 81

„Urbane Lebensentwürfe zu entwickeln und mit dem ländlichen Leben zu verbinden, bedeutet auch, junges Leben in die oft überalterten Dörfer zu holen und dort die Vielfalt und Lebendigkeit zu fördern“, verweist Naturparkleiter Thomas Klepel auf einen Aspekt, der angesichts der demografischen Entwicklung bedeutsam sei. Für den Zeitraum von 1990 bis 2025 werde für die Dübener Heide ein Bevölkerungsrückgang von bis zu 30 Prozent prognostiziert.

Das Interesse am Hofwächterprojekt, das vom Büro für urbane Projekte unterstützt wird, ist groß. „Wir haben derzeit 35 Interessenten, vorwiegend junge Familien im Nestbaualter, Künstler und Gemeinschaften aus dem Raum Leipzig bis Berlin“, informiert Kati Ehlert. Eigentümer, die ihre ungenutzten Liegenschaften mietfrei dafür zur Verfügung stellen wollen, seien allerdings rarer. „Das ist ein langwieriger Prozess, bei dem auch Vertrauen eine wichtige Rolle spielt“, sagt die Projektkoordinatorin.

#ar

Doch nicht nur die idyllisch gelegenen Gehöfte in den Heidedörfern sollen künftig eine wichtige Rolle spielen. „Die Kleinstädte wie Gräfenhainichen, Kemberg oder Bad Schmiedeberg, die mit absterbenden Fußgängerzonen und Leerständen zu kämpfen haben, können vom Wächterhausprojekt profitieren“, ist Babette Scurrell vom Thünen Institut für Regionalentwicklung Bollewick, das den Heideverein im Auftrag der Bosch-Stiftung unterstützt, sicher. Hier soll laut Klepel auch die Zusammenarbeit mit den Kommungen intensiviert werden. (mz)