Schäferei bei Prettin Schäferei bei Prettin: Wolf bei Angriffen beobachtet

Mügeln - Schäfer Frank Seide hat sichtlich Schwierigkeiten, die Geschehnisse der vergangenen 24 Stunden in Worte zu fassen. Einen Tag zuvor „verkauft“ der Nutztierhalter aus Prettin den Einsatz eines zweiten Herdenschutzhundes noch als Erfolgsstory, kurz danach steht der Wolf gleich zweimal in der Schafherde.
Der 59-Jährige ist erschrocken, mit welcher Unverfrorenheit das Raubtier zu Werke geht. „Ich unterhalte mich mit einem Einwohner aus Mügeln im Auto, als plötzlich der Wolf über den Elektrozaun springt. Das passiert nur 100 Meter von uns entfernt“, so Seide, der erstaunt ist, wie schnell ein ausgebildeter Pyrenäenberghund die Situation erfasst - und Gegenmaßnahmen einleitet.
Die junge Hündin, die erst seit ein paar Tagen mit zur Bewachung der Herde bei Mügeln eingesetzt wird, übernimmt die Sicherung des Zauns, der Rüde stellt sich vor die Herde und hält den Wolf auf Distanz, der sich zwei junge Tiere zur Verstärkung mitgebracht hat. Diese rennen außerhalb des Zauns auf und ab und halten die Hündin in Schach. „Tolle Taktik“, meint Seide, der von einem Ablenkungsmanöver ausgeht, damit die Herdenschutzhunde nicht im Doppelpack dem Leitwolf die Zähne zeigen.
Als Isegrim merkt, dass er mit seinen Mitstreitern Seides Bodyguards nicht einschüchtern kann und die Männer aus dem Auto springen, rennt er in Richtung Lindwerder davon. „Ich habe ihn noch ein Stück verfolgt, doch im Dunkeln aus den Augen verloren“, so der Schäfer, der den ersten Angriff Stunden zuvor knapp verpasst.
Der 59-Jährige war am Nachmittag auf der Straße nach Mügeln unterwegs, als das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung ist Thomas Rothe, Geschäftsführer von Glücksburg Agrar, der Seide die Schreckensnachricht übermittelt. Mitarbeiter seines Unternehmens haben Reparaturarbeiten an der Kartoffelanlage in Mügeln durchgeführt und beim Vorbeifahren an der Schafherde das Szenario „Wolf in der Herde“ beobachtet.
Sie informieren ihren Chef, dieser wiederum den Schäfer. „Der Wolf hat die Lage gecheckt und ist deshalb bei Einbruch der Dunkelheit noch einmal wiedergekommen“, so Rothe, den die Dreistigkeit des Trios erstaunt. Eine andere Tatsache bereitet dem Geschäftsführer größere Kopfschmerzen: „Das Raubtier scheint die Scheu vor dem Menschen verloren zu haben. Da Kinder die Straße als Skaterstrecke nutzen, ist das Zusammentreffen mit dem Wolf nur eine Frage der Zeit.“
Der Schäfer aus Prettin hat bereits Kontakt mit dem Vorsitzenden der Interessengemeinschaft Herdenschutz plus Hund, Swen Keller aus Aken, aufgenommen, der am heutigen Sonnabend mit der schnellen Eingreiftruppe anrücken wird. Soll heißen: Auf der Weidefläche bei Mügeln kommen weitere Herdenschutzhunde zum Einsatz. Denn aus dem eigentlich buddelnden Wolf ist ein gewiefter Springer geworden. (mz)