Sanierung im Gartenreich Sanierung im Gartenreich: Brückenarbeiten im Wörlitzer Park

Wörlitz - Etliche Spaziergänger starteten im Wörlitzer Park mit Umleitungen ins neue Jahre. Strahlende Sonne lockte die Menschen in die Anlagen für eine Neujahrsrunde um den See, die zuweilen jedoch anders als gewohnt ausfiel, denn die Kulturstiftung nutzt die Monate außerhalb der Parksaison für Sanierungsarbeiten an den Brücken.
Aktuell sind die Hohe Brücke und die Eiserne Brücke nicht begehbar. Folgen werden die Agnesbrücke und die Neue Brücke, erklärt Julia Ott-Stolze, Mitarbeiterin in der Abteilung Baudenkmalpflege, im Gespräch mit MZ-Mitarbeiterin Ilka Hillger.
Wann haben die Bauarbeiten begonnen und wie lange sollen sie dauern?
Ott-Stolze: Die eigentlichen Bauarbeiten an der Hohen Brücke haben Anfang September 2016 begonnen. Mit der Wiederherstellung der Wege und der umliegenden Grünanlagen soll die Brücke Anfang des Sommers wieder begehbar sein. Die Restaurierung und Sanierung an der Eisernen Brücke erfolgt seit Anfang Oktober.
Auch hier ist das große Ziel: Abschluss der Arbeiten Anfang Sommer. Bei der Agnesbrücke und der Neuen Brücke sollen im Frühjahr und Sommer lediglich Planungsarbeiten, restauratorische Untersuchungen und Ausschreibungen stattfinden, um die Gondelfahrten im Wörlitzer Park nicht einzuschränken. Die eigentlichen Bauarbeiten folgen ab Herbst und erstrecken sich bis Mitte 2018.
Welche Schäden gab es an den Bauwerken und wodurch sind diese entstanden?
Ott-Stolze: Durch das Hochwasser 2013 wurden vor allem die Brückenwiderlager und Brückenbekleidungen in Mitleidenschaft gezogen. Bereits Jahre zurückliegende Brückensanierungen haben gezeigt, dass die Brückenwiderlager meist Pfahlgründungen aus Eichenholz sind, die sich unterhalb der Wasserlinie befinden.
Auf diesen befinden sich wiederum Querlagen aus Eichenbohlen, die als tragfähiger Untergrund für die aufstrebenden Widerlager der Brücken dienen. Die verwendeten Materialien sind zum großen Teil einfach gebrannte Ziegel. Sie befinden sich im Bereich der schwankenden Wasserlinie und im Bereich der Frost- und Tauwechsel.
Die daraus resultierende Anfälligkeit wurde durch das Hochwasser verschärft. In dessen Folge fingen die Parkgewässer an zu fließen und zum anderen gab es einen Anstieg des Grundwassers. Es kam zu Ausspülungen im Mauerwerks- und Mörtelgefüge sowohl in der Tragkonstruktion als auch in den Bekleidungen.
Der wechselnde Grundwasserpegel hatte zur Folge, dass die hölzerne Unterkonstruktion unter Sauerstoffzufuhr gestanden hat und somit starke Zersetzungsprozesse eingesetzt haben. Hohlräume in der Gründung sind die Folge. Darüber hinaus gibt es Korrosion an der Eisernen Brücke sowie Findlings- und Gesteinsverlagerung in Folge der sich geänderten Gründungssituation.
Welche Maßnahmen werden durchgeführt?
Ott-Stolze: An allen vier Brücken wurde bereits der Baugrund erkundet. Außerdem fanden Untersuchungen zum verwendeten historischen Mörtel statt, verwendete Gesteins- und Holzarten wurden analysiert. Eisenproben der Eisernen Brücke wurden entnommen, um deren Materialität zu prüfen.
Was passiert aktuell an Hoher Brücke und Eiserner Brücke?
Ott-Stolze: Das Hauptaugenmerk an der Hohen Brücke liegt in der Stabilisierung der Gründung und der Widerlager. Dazu kommt eine großflächige Abnahme der schlecht verlegten Raseneisen-steinverkleidungen und Neuversatz nach historischem Vorbild.
Zudem sollen die senkrecht aufgetürmten „Hornzacken“, welche nachweislich auf dem Brückenbogen vorhanden waren, nachgebildet werden sowie der Steinsitz am Brückenfuß.
An der Eisernen Brücke werden neben einer farblichen Neufassung nach historischem Vorbild nachträglich ersetzte Stäbe und fehlende Ornamente ergänzt. Der durch große Findlinge gebildete Tunnel weist durch Baugrundbewegungen während des Hochwassers Verschiebungen auf und muss stabilisiert werden.
Auch das angrenzende Steilufer aus Findlingen wird wieder in seiner Lage stabilisiert werden müssen. Big Bags wurden als Wasserhaltungsmaßnahme gesetzt, um auch hier eine Gründungsstabilisierung vorzunehmen.
Durch die Abteilung Gärten und Gewässer der Kulturstiftung werden parallel zu den Arbeiten der sogenannten Steinsitz an der Ostseite der Brücke errichtet und im Anschluss an die Arbeiten die Wege wieder hergestellt.
Was planen Sie für Agnesbrücke und Neue Brücke?
Ott-Stolze: Auch hier liegt das Hauptaugenmerk auf Gründungsstabilisierung und Sanierung der Widerlager. An der Neuen Brücke werden zusätzlich Restaurierungsarbeiten der Sandsteinoberflächen notwendig. Die Konkretisierung der Planung und die restauratorische Untersuchung werden das weitere Vorgehen zeigen.
Welche Besonderheiten sind bei den Bauarbeiten zu beachten?
Ott-Stolze: Wir müssen darauf achten, den Bauzeitenplan mit dem laufenden Betrieb des Gondelverkehrs und dem saisonal schwankenden Besucheraufkommen abzustimmen. Es wird natürlich versucht, die Hauptbauarbeiten in Monaten durchzuführen, in denen das Besucheraufkommen geringer ist.
Eine weitere Besonderheit sind die Materialien. Bei der Eisernen Brücke handelt es sich um eine Konstruktion aus sogenanntem Puddelstahl. Hier mussten im Vorfeld einige Untersuchungen erfolgen, um das Material und seine bevorstehende Verarbeitung richtig einschätzen zu können. Bei der Hohen Brücke ist Raseneisenstein als Verkleidung verwendet.
Das Neuversetzen und Verfugen muss so erfolgen, dass der Eindruck entsteht, es handele sich hier um natürliches Felsgestein. Auch das Vernadeln des Raseneisensteins stellt eine große Herausforderung dar. Je nach Beschaffenheit kann beim Setzen einer Bohrung der Stein zerspringen oder im Gegensatz dazu der Stein so eisenhaltig sein, dass ein Bohren zur Schweißarbeit wird.
Welche Mittel können Sie für diese Sanierungen nutzen?
Ott-Stolze: Die Finanzierung des Vorhabens erfolgt über den Hochwasserfonds von Land und Bund zu 100 Prozent. Es liegt ein Fördermittelbescheid über 1.589.700 Euro vor. (mz)
Im Wörlitzer Park gibt es insgesamt 17 Brücken. Jede ist in einem anderen Stil gebaut und hat ihre eigene Bedeutung.
Die 1791 gebaute Eiserne Brücke über den Georgskanal war die erste Brücke aus Gusseisen Deutschlands und des gesamten europäischen Festlands. Die gegossenen Einzelteile sind miteinander vernietet. Als Fußgängerbrücke stellt sie eine verkleinerte Nachbildung der Iron Bridge in England (bei Coalbrookdale) aus dem Jahr 1779 dar, der ersten Gusseisenbrücke der Welt.
Die Agnesbrücke ist eine Brücke am Verbindungskanal Kleines Walloch-Wörlitzer See an der Einmündung in das Kleine Walloch.
Die Hohe Brücke ist eine Steinbrücke, die am gleichen Kanal wie die Hängebrücke liegt und so hoch gebaut ist, dass man von der Höhe nicht mehr den Boden der Hängebrücke sieht und es so aussieht, als schwebten die Begeher.
Die Neue Brücke liegt am Verbindungskanal vom Kleinen Walloch zum See an der Einmündung in den Wörlitzer See. Diese Brücke ist nach der Klappbrücke die neueste Brücke im Park. Daher wird sie Neue Brücke genannt.
