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Reiten Grün-Weiß Piesteritz Reiten Grün-Weiß Piesteritz: Mutter und Tocher im Voltigier-Fieber

Von Karina Blüthgen 14.06.2016, 14:35
Kristin Degenhardt und Jolina, hier mit Razor’s Egde, sind dem Voltigieren verfallen.
Kristin Degenhardt und Jolina, hier mit Razor’s Egde, sind dem Voltigieren verfallen. Klitzsch

Kleinkorgau - Seit sie drei Jahre alt ist, widmet sich Jolina Degenhardt dem Reiten. Jetzt ist sie elf, und längst wird nicht mehr nur geritten, es geht vielmehr um Punkte und Schleifen. Jolina ist Mitglied der Voltigiergruppe des SV Grün-Weiß Piesteritz, und die ist am Sonnabend in Kleinkorgau angetreten, um ihr Können mit dem anderer Sportler zu messen.

Als sie vor acht Jahren beim Reiten waren, hatten sie einen Flyer entdeckt, auf dem mit der Gründung einer Voltigiergruppe geworben wurde, erzählt Mutter Kristin Degenhardt. Ein gutes halbes Dutzend Kinder hatte sich damals angemeldet. Im zarten Alter von fünf Jahren hat Jolina ihren ersten Wettbewerb bestritten. Mutter Kristin ist, wann immer Zeit ist, dabei. „Organisieren, die Haare machen, Fotos machen und alles auf Video aufnehmen“, erklärt sie. „Sie möchte gern Videos, aber die kann man so schlecht in ein Buch packen.“

Voltigieren ist eine Sportart, bei der Reiter akrobatische und turnerische Übungen ausführen, während das Pferd an einer Longe im Kreis bewegt wird. Je nach Ausbildung werden unterschiedliche Übungen ausgeführt, das Pferd bewegt sich im Schritt, Trab oder Galopp. Geturnt wird im Einzel, Doppel oder als Gruppe. Wichtig sind Gleichgewicht, Körperspannung, Kondition, Rhythmusgefühl und Vertrauen.

Oft wird das breitensportliche Voltigieren als Einstieg in den Reitsport genutzt. Seinen Ursprung hat es in der Kavallerie. Mit den Übungen sollten Ausdauer, Gleichgewicht und Beweglichkeit der Soldaten geschult werden. Der Sport war 1920 als Kunstreiten sogar olympisch. In Einzel- und Mannschaftswettkämpfen mussten auf gesattelten und ungesattelten Pferden in allen möglichen Gangarten ausgeführt werden. Heutzutage ist Voltigieren auch als Schulsport sowie im heilpädagogischen Bereich vertreten. (mz/kbl)

Für die junge Reiterin aus Meuro sind Videos eine Trainingshilfe. „Wenn ich eine Übung lange nicht gemacht habe, schaue ich mir an, wie ich da angefasst habe“, erläutert Jolina das komplexe Zusammenspiel zwischen Akrobatik und der Balance auf einem sich bewegenden Pferd.

Einmal pro Woche wird voltigiert, dreimal geritten. Im Winter geht es ans Krafttraining in der Halle. „Das ist blöd, da gibt es keine Pferde“, sagt sie lachend. Schwierig sei eigentlich nur der Anfang, wenn sie eine neue Übung einstudiere. „Das ist Übungssache“, weiß ihre Mutter, die in Sachen Schule die klare Devise für die Gymnasiastin ausgibt: Schularbeiten vor Reiten.

Große Konkurrenz bei Wettbewerb

Jolina reitet am Sonnabend im Wettbewerb Voltigieren Schritt, Jahrgang 2006 bis 2004. Die Konkurrenz in dieser Abteilung ist groß, neun Mitbewerber aus fünf Vereinen kämpfen um die Schleifen. Die Teilnehmerinnen aus dem Piesteritzer Verein, die Abteilung dort gibt es seit Anfang 2014, turnen auf Razor’s Egde. Die Älteren sind auf Cracy unterwegs, einem Hannoveraner Wallach den sich die Voltigierabteilung seit zehn Wochen als zweites Pferd zugelegt hat.

„Es ist schwierig und teuer, ein ausgebildetes Voltigierpferd zu kriegen“, sagt Ron Friedrich, Trainer und stellvertretender Abteilungsleiter. Durch Zufall seien sie beim Stöbern im Internet auf das 15 Jahre alte ausgemusterte Springpferd gestoßen, das sich als sehr gelehrig erwiesen hat. „Das ist wie ein Sechser im Lotto“, freut sich Friedrich, denn ruhige Pferde, die sich für diesen Sport einiges gefallen lassen, sind rar.

Überhaupt steht der Voltigiersport vor Problemen, die Mitglieder anderer Sportarten nicht in dem Umfang haben. Das geht bei der Sponsorengewinnung los. „Wir dürfen keine Werbung auf den Anzügen machen, da gibt es strenge Vorschriften“, erklärt Trainerin Silke Friedrich. Fördertöpfe, um Plätze oder Hallen herzurichten, sind rar.

Geht irgendwo bei der Anmeldung innerhalb der Strukturen etwas schief, ist das Geld für ein Jahr futsch. „Und wenn wir angeben sollen, wie viele Kinder und Jugendliche bei uns trainieren, werden die Pferde als Trainingsmittel oft ausgeblendet“, fügt Elke Kurzke, Trainerin im Reit-, Zucht- und Fahrverein Heideland Korgau, hinzu.

Anschaffungen seien in der Regel nicht billig, ein ausgebildetes Voltigierpferd könne schon mal bis zu 50.000 Euro kosten. Da bleibt nur, selbst eins auszubilden. Aber oft fehlt es schon am zweiten Gurtzeug, um die eventuell vorhandenen zwei Pferde bei einem Turnier nicht immer umgurten zu müssen.

Dazu kommt, dass der Breitensport in der Region zwar gut aufgestellt ist, es für den Voltigier-Leistungssport jedoch hier keine Turniere gibt. „Dazu müsste man einmal eine Gruppe zusammenbekommen, hier im ländlichen Raum bei den Fahrwegen. Und dann fehlt die Zeit im Ehrenamt“, so Elke Kurzke.

Für Jolina Degenhardt ist das alles Zukunftsmusik. Sie freut sich am Sonnabend über den zweiten Platz, mit Charlotte Georgie muss sie nur knapp einer Teamkollegin den Vortritt lassen. Höhepunkt des Tages sind nicht etwa die Größten, sondern die Kleinsten im Kindergartenalter. Zwei Gruppen aus Rotta sowie Korgau treten in Kostümen gegeneinander an. Gefühlt gewonnen haben beide. (mz)

 Jolina bei einer Übung mit ihrem Pferd Crazy.
 Jolina bei einer Übung mit ihrem Pferd Crazy.
Klitzsch