1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Wittenberg
  6. >
  7. Radsport: Radsport: Langer Ritt durch Norwegen

Radsport Radsport: Langer Ritt durch Norwegen

Von thomas tominski 21.05.2014, 19:26
Die Radsportler Alexander Adam, Gerd Richter und Uwe Raab (von links) wollen Ende Juni gemeinsam von Trondheim nach Oslo fahren.
Die Radsportler Alexander Adam, Gerd Richter und Uwe Raab (von links) wollen Ende Juni gemeinsam von Trondheim nach Oslo fahren. thomas tominski Lizenz

Wittenberg/MZ - Der Anstifter ist schnell ausgemacht. „Er war’s“, sagen Alexander Adam und Gerd Richter wie aus der Pistole geschossen und zeigen mit dem Finger auf Uwe Raab. Der Ex-Weltmeister im Straßenradsport hebt abwehrend die Hände und betont, dass er den Stein lediglich ins Rollen gebracht hat. Der Radmarathon von Trondheim nach Oslo, den die Norweger aufgrund seiner 540 Kilometer Länge ehrfurchtsvoll „Den Store Styrkeprøve“ (Die große Kraftprobe) nennen, stand schon länger auf seinem Wunschzettel. Mit Adam und Richter hat er endlich zwei Mitstreiter gefunden, die ebenfalls auf der Suche nach Herausforderungen sind. „Aus dieser Nummer bin ich nicht mehr rausgekommen“, erzählt der frühere Tour-de-France-Teilnehmer, der spätestens seit seiner ersten Teilnahme am Radklassiker Paris - Roubaix weiß, was es heißt, Grenzen zu überwinden. „Alex hat alles ruckzuck gebucht. Dann war die Sache fix“, so Raab weiter.

Intensive Vorbereitung

Das Trio bereitet sich seit Monaten auf den großen Auftritt im Land der Trolle vor. Kurze Einheiten, dies heißt Training von vier Stunden, am Wochenende kommt locker das Doppelte zusammen - pro Einheit! Raab, Richter und Adam wissen es zu schätzen, dass ihre Familien ihnen den Rücken für den Tagesritt durch Nordeuropa freihalten. „Dafür sind wir sehr dankbar“, sagen sie unisono und erzählen, dass sie in der Vorbereitung gute Freunde geworden sind. Die Achtung voreinander ist spürbar. Jeder bezeichnet sich als Anfänger und respektiert die Leistung des Mitstreiters. „Gerd und Alexander haben schon die Ironman-Distanz im Triathlon absolviert“, meint der frühere Weltmeister (Schweiz 1983), der vor „diesem Wahnsinn“ den Hut zieht. Sekunden später ist die Stimmung wie verwandelt. Raab kennt diese Blicke seiner Mitstreiter und schüttelt den Kopf. „Nein, nein. Da mache ich nicht mit“, sagt er und schaut weg. Für den 51-Jährigen ist bereits die Tour von Trondheim nach Oslo eine große Nummer, für Race Across Amerika - ohne Zwischenstopp von der West- zur Ostküste der USA über 4 800 Kilometer - wird sich Raab nie anmelden. Dieser Schwur ist ihm heilig. „Den kriegen wir noch“, fügt Richter an und setzt ein breites Lächeln auf.

Generalprobe Seen Runde

Vom Freitag (Start am Abend) zum Sonnabend steht die Generalprobe auf dem Programm. „Mecklenburger Seen Runde“ lautet die Herausforderung. Die Runde hat es in sich. 300 Kilometer am Stück, Start und Ziel befinden sich am Tollensesee in Neubrandenburg. Der Ritt durch die Nacht ist bewusst gewählt. In Trondheim geht es am 27. Juni um 24 Uhr los, das Zeitlimit für alle Fahrer beträgt 36 Stunden. Nach den vielen gemeinsamen Trainingseinheiten rund um Wittenberg ist der Schlachtplan längst fertig. „Wir fahren langsam los und wollen nach 24 Stunden in Oslo sein“, erzählt Adam, der aus Bad Schmiedeberg kommt und zusammen mit Richter 2013 den Ironman in Frankfurt/Main absolviert hat. „Außerdem machen wir alle 100 Kilometer eine Pause“, ergänzt Raab. Schließlich müssen sich Radfahrer unterwegs ernähren, auf Toilette oder kleinere Defekte am Drahtesel reparieren. 540 Kilometer am Stück ist mehr als eine Nummer zu groß. Die unbekannte Größe ist das Wetter. Adam, der im Berufsleben Geschäftsführer bei einer großen Fast-Food-Kette ist, hat sich als Cheforganisator der geplanten Reise im Internet belesen, Foren von Gleichgesinnten besucht, Prognosen studiert. „Von Dauer- bis Schneeregen war in den vergangenen Jahren alles dabei.“ Kälte beim Start in Trondheim kommt erschwerend hinzu. „Wir nehmen Backpapier mit und stecken es im Notfall unters Trikot“, wirft Raab in die Runde. Das ist billig und hält Wind plus Kälte vom Oberkörper fern.

Verstärkung aus Dessau

Am 24. Juni geht es los. Begleitet werden die beiden Wittenberger und Adam vom Dessauer Thomas Siegel, mit dem der Ex-Weltmeister bis 2008 zusammen das Geschäft der „Radprofi“ in der Bauhausstadt geführt hat. Siegel fungiert als Fahrer, Mentaltrainer, Mechaniker und Organisator auf der Strecke. Das Thema Scheitern steht nicht zur Diskussion. Dafür ist der Schlachtplan zu ausgetüftelt. Jeder Sportler besitzt genügend Erfahrungen mit langen Strecken. Im Ziel will das Quartett zumindest kurz die Korken knallen lassen. Am 30. Juni geht es zurück, einen Tag später müssen alle wieder zur Arbeit. „Da wollen wir doch gut aussehen“, scherzt Adam.