"Psychopath" und "Scherge" "Psychopath" und "Scherge": 70-Jähriger aus Zahna-Elster vor Gericht
Zahna-Elster/Dessau - „Psychopath“ und „korrumpierter Scherge“ sind Beleidigungen und - wie Staatsanwältin Renate Prause im Plädoyer formulierte - „objektiv auf jeden Fall ehrverletzend“. Gemünzt worden waren sie auf einen Beamten der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau. Ein 70-jähriger Mann aus Zahna-Elster hatte den Beamten in zwei Schreiben so betitelt und war gegen einen Schuldspruch nun in Berufung gegangen.
Keine Chance für Berufung
Die 4. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau bestätigte jetzt die Geldstrafe, die der Angeklagte wegen Beleidigung in zwei Fällen erhalten hatte. Sie beläuft sich auf insgesamt 450 Euro. Man habe die Berufung zurückweisen müssen, erläuterte der Vorsitzende Richter Thomas Knief, weil man den Tatbestand erfüllt sehe.
Wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren hatte sich der 70-Jährige als Verfasser der Schriftstücke bekannt. In seiner Verteidigungsrede - anwaltlichen Beistand hatte er nicht - forderte er die Kammer aber auf: „Geben Sie mir Recht. Das wird Ihnen helfen.“ Und er fügte hinzu: „Was immer Sie sagen hört das ganze Universum. Davor müssen Sie sich verantworten. Früher oder später holt es Sie ein.“
Zuvor schon hatte der Mann ausführlich versucht, die Prozessbeteiligten an seinem Weltbild teilhaben zu lassen. Beispielsweise meinte er, dass Rechthaberei unkontrollierte Willkür sei. Wer sich rechthaberisch verhalte, der könne sich nicht hinterfragen.
Hintergrund der Briefe an die Staatsanwaltschaft, in denen die Beleidigungen standen, war ein anderes Verfahren, in dem die Partnerin des Angeklagten als Zeugin aussagen sollte. Weil sie sich weigerte, wurde ihr ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 Euro auferlegt. „Begleitet von Einschüchterung und Angstmache ist sie zur Straftäterin mutiert“, meinte der Rentner.
Er wisse, so seine Argumentation, dass es nicht möglich sei, einen anderen Menschen zu beleidigen. Insofern nehme der Beamte eine Opferrolle ein. So gehe das aber nicht.
Die Opferrolle sei „das Minderwertigste, was man annehmen kann“. Denn als Opfer stelle man sich nicht in Frage. Er hingegen wisse von sich: „Ich bin immer Täter.“ Deswegen halte er zwar das Urteil für falsch, sei aber nicht dessen Opfer.
Kurz darauf schob er freilich nach: „Ich lasse mich nicht zum Täter machen.“ Seinerzeit beim Amtsgericht sei es „wie ein Komplott“ gegen ihn gewesen. „Die kannten sich alle.“
Nach seiner Erinnerung habe ihm der damalige Richter geraten, sich zu unterwerfen, und außerdem davor gewarnt, in Widerspruch zu gehen. In dieser Handlung habe sich der Richter „närrisch“ verhalten und sei „ein Witzbold“. Er sei eine Kränkung für das Rechtssystem, das sich von ihm lösen müsste, um glaubwürdig zu sein.
Bis zur letzten Instanz
Diese Äußerungen wiederum ließ der Vorsitzende auf Antrag der Staatsanwältin wörtlich ins Protokoll aufnehmen und vom Angeklagten genehmigen. Der bislang nicht vorbestrafte 70-Jährige („Ich schwimme nicht nur gegen den Strom. Ich bin an der Quelle angelangt.“) kündigte an, dass er bis zum Europäischen Gerichtshof gehen würde, wenn er keine Einsicht erfahre.
Zunächst steht ihm freilich das Rechtsmittel der Revision zu. Begründet werden kann die übrigens nur von einem zugelassenen Rechtsanwalt. (mz)