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Prozess in Wittenberg Prozess in Wittenberg: Haben zwei Frauen die Arbeitsagentur betrogen?

Von Julius Jasper Topp 26.10.2020, 10:27

Annaburg/Wittenberg - Zwei Frauen stehen in getrennten Verfahren vor dem Amtsgericht Wittenberg. Beide sollen Jobcenter und Arbeitsagentur um Geld betrogen haben, indem sie Minijobs verschwiegen.

Gewerbsmäßig - oder nicht?

Eine der Frauen wohnt in Wittenberg, die andere in Annaburg. Ihre Fälle ähneln sich etwas, unterscheiden sich jedoch durch das, was der Jurist als „gewerbsmäßig“ beschreibt. Gemeint ist damit im Wesentlichen das Ausmaß des Betrugs - sprich: Wer sich eine fortlaufende Einnahmequelle durch seine Gaunerei verschafft oder das auch nur vorhat, handelt gewerbsmäßig.

Die 30-Jährige aus Wittenberg verpasste es - nach ihrer Aussage unabsichtlich - Jobcenter und Arbeitsagentur über ihren Minijob zu informieren. Es ging um gut 200 Euro, die die Frau deswegen zu viel erhalten hatte. „Das war mein erster Minijob. Ich dachte, dass der Arbeitgeber das dem Amt mitteilt“, sagte sie.

Die Ämter übrigens bekommen es in der Regel über einen Datenabgleich immer mit, wenn ein Arbeitgeber plötzlich Versicherungen und Abgaben für einen angeblich arbeitslos gemeldeten Menschen bezahlt. Verpflichtet, einen Nebenjob zu melden - und zwar allerspätestens am ersten Arbeitstag, so erinnert Richter Ronald Waltert die Wittenbergerin, ist der oder die Betroffene aber selbst.

„Und dass Sie anderthalb Jahre später noch nichts zurückgezahlt haben, das hat schon ein Geschmäckle“, sagt Waltert. Das bringt der 30-jährigen Mutter von zwei Kindern nun ihre erste Vorstrafe ein: 15 Tagessätze je 15 Euro, macht 225 Euro.

Das führt auch zu Verwirrung. Kaum ist das Urteil gesprochen, fragt die Frau: „Bin ich jetzt vorbestraft?“ Sobald das Urteil rechtskräftig geworden ist: ja, antwortet der Richter.

Und fügt zur Beruhigung der Arbeitslosen, die keine Ausbildung abgeschlossen hat, an: „Das steht aber nur im großen Führungszeugnis, weil es eher geringfügig ist. Solange Sie nicht im öffentlichen Dienst oder bei einer Bank arbeiten, sieht das niemand.“

Deutlich mehr Geld von Jobcenter und Arbeitsagentur kassierte eine 36-jährige Annaburgerin von Ende 2018 bis Mitte 2019. Über 3.000 Euro hatte sie zu viel erhalten, weil sie Minijobs nicht gemeldet hatte. Das wollte die Frau nicht auf sich sitzen lassen: Sie habe alles rechtzeitig eingereicht, das Amt habe das bloß nicht erfasst und munter weiter zu viel gezahlt.

Das Geld gab sie trotzdem aus und hatte bislang auch nichts davon zurück bezahlt. Der Richter ließ das nicht gelten. Der Leistungsempfänger sei in diesem Fall dazu verpflichtet, das Amt darauf hinzuweisen, dass zu viel Geld überwiesen werde. Die Summe und die Dauer der Taten sorgten nun für das Urteil: gewerbsmäßiger Betrug.

Geldstrafe reicht nicht

Das bedeutet für die zweifache Mutter aus Annaburg neun Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt zu zwei Jahren Bewährung, dazu 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit. „So verhält sich nur jemand, der das als Einnahmequelle sieht“, so der Richter. Eine Geldstrafe verbiete sich in dem Fall. (mz)