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Projekt mit Gedenkstätte Lichtenburg Projekt mit Gedenkstätte Lichtenburg: Spannende Recherchen zu KZ-Häftling

Von Thomas Tominski 23.01.2018, 11:38
Mai-Anh (links) und Jasmin Plath verfolgen den Weg Stanislaw Grizenkos vom Konzentrationslager Sachsenhausen nach Prettin.
Mai-Anh (links) und Jasmin Plath verfolgen den Weg Stanislaw Grizenkos vom Konzentrationslager Sachsenhausen nach Prettin. Thomas Tominski

Jessen - Mai-Anh und Jasmin Plath sind ganz in ihre Arbeit vertieft. Stanislaw Grizenko sei ein richtiger Überlebenskünstler gewesen, meinen die beiden Schülerinnen des Jessener Gymnasiums, die zusammen mit ihren Mitstreitern aus dem Geschichtskurs 12.1 seit Anfang Januar auf Spurensuche gehen.

„Wir verfolgen seinen Weg vom Konzentrationslager Sachsenhausen ins Außenlager Prettin“, so Mai-Anh, die anhand der Tagebuchaufzeichnungen des früheren Insassen überprüfen muss, ob diese der Wahrheit entsprechen.

Das größte Problem: Vom 1945 vergrabenen und 2008 wieder gefundenen Tagebuch ist laut Melanie Engler, die Leiterin der Gedenkstätte KZ Lichtenburg ist, nur die erste Seite leserlich. Bei ihren Recherchen stützen sich die Schüler deshalb auf ein 24-seitiges Dokument, welches Grizenko später als zeitgeschichtlichen Rückblick zusammengefasst hat.

„Wir vergleichen im Internet verschiedene Quellen miteinander“, erklärt Jasmin Plath das schwierige Recherche-Prozedere. Die beiden Teenager fasziniert der Lebensweg des 2009 verstorbenen Unkrainers. Es sei zudem mutig gewesen und habe beim Beschaffen verschiedener Dinge großes Organisationstalent bewiesen.

Mai-Anh und Plath betonen, dass sie froh sind, zur Zeit des Nationalsozialismus nicht gelebt zu haben. Diese Meinung teilt auch Marieke Steinborn, die mit drei weiteren Mädchen andere Angaben vom Lebensweg Grizenkos überprüft. „Ein sehr spannendes Thema“, sagt sie. Die Gymnasiastin findet es enorm wichtig, dass der Häftling aus der Ukraine den Mut gehabt hat, mit den Aufzeichnungen sich der Vergangenheit zu stellen.

„Er musste während seiner Haftzeit schließlich viel ertragen.“

Lehrer Georg Schneidmadel gibt seinen Schülern viele Tipps und ist fasziniert, wie intensiv sich die Kursteilnehmer in die Thematik vertiefen. Nach Beendigung aller Recherchen arbeiten die Schüler einen Vortrag aus, der in der Veranstaltung anlässlich des Gedenktages der Bundesrepublik Deutschland an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar ab 10.30 Uhr in der Gedenkstätte KZ Lichtenburg Prettin der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

„Wir pflegen seit Jahren kooperative Beziehungen zur Gedenkstätte“, erzählt der Lehrer und fügt an, dass es zum Beispiel aus Datenschutzgründen schwierig sei, den Wahrheitsgehalt zu 100 Prozent zu überprüfen. Anderseits sind geschichtliche Ereignisse durch Zeugen belegt.

Melanie Engler wünscht sich, dass viele Besucher zu der Gedenkveranstaltung kommen und erzählt eine spannende Episode aus dem Leben Grizenkos. Dieser habe bei den Ausgrabungen 2008 mit seinem Gehstock die entscheidende Stelle markiert - 63 Jahre nach seiner Flucht!

Die Aufarbeitung des Manuskripts sei Geschichte zum Anfassen. Im Rahmen des Kooperation zwischen Gedenkstätte und Schule stehen jährlich andere Themen im Fokus. Stanislaw Grizenko habe man 2018 bewusst gewählt, da das Tagebuch sozusagen den zehnten Geburtstag feiert.

Schade, meint sie, dass nur die erste Seite lesbar ist. Wir viele sind es insgesamt? „Ein ganzer Stapel“, sagt Engler und zeigt zur Verdeutlichung mit beiden Händen die ungefähre Höhe an. Die Hinterbliebenen Grizenkos kommen nicht zur Veranstaltung am 27. Januar. „Wir haben keinen Kontakt zur Familie.“ (mz)