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"Prinzen"-Konzert in Kemberg "Prinzen"-Konzert in Kemberg: Stadtkirche im Ausnahmezustand

Von Rainer Schultz 04.10.2019, 12:30
Die Prinzen, hier Frontmann Sebastian Krumbiegel (l.), sind immer noch Kult. Die Konzertbesucher in Kemberg waren begeistert und dankten mit Ovationen.
Die Prinzen, hier Frontmann Sebastian Krumbiegel (l.), sind immer noch Kult. Die Konzertbesucher in Kemberg waren begeistert und dankten mit Ovationen. Klitzsch

Kemberg - Ein ungewöhnliches Bild präsentierte sich am Dienstagabend dem Betrachter vor der Kemberger Stadtkirche. Dort drängte eine geschätzt 200 Meter lange Menschenschlange zum Kircheneingang. Die Erklärung dafür war schnell gefunden: „Die Prinzen“ waren da, jene Gesangsgruppe, die zu den qualitativ besten Deutschlands zählt und eine magische Anziehungskraft ausübt.

Die berechtigte Frage: Was führte die Prinzen in das Heidestädtchen Kemberg? Die Antwort: Der leider viel zu früh verstorbene  Gemeindekirchenratsvorsitzende Dieter Schröder knüpfte vor einem Jahr die Kontakte und: Wie ein Wunder entschieden sich die Prinzen für Kemberg als einen ihrer Tourneeorte 2019.

„Wenn er dies doch noch erleben könnte“, erinnerte Pfarrer Nathanael Schulz an den engagierten Schröder. Welch ein imposanter Anblick: restlos gefüllt die Kirche - ausverkauft! „Das wünsche ich mir am kommenden Sonntag zum Erntedankfest, wenn unsere Kantate aufgeführt wird“, bemerkte nicht ohne Humor Kirchenmusikerin Jacqueline Bräuer, die mit Ehemann Silvio und Sohn Christoph zu den Ordnern des Abends zählte und aus dem Staunen angesichts des Ansturms gar nicht mehr heraus kam.

Endlich löste sich die Spannung. Unter tosendem Applaus betraten die Prinzen das Kirchenschiff. Schon vor dem ersten Takt: Standing ovations! „Da muss man 30 Jahre unterwegs sein, um endlich den Höhepunkt seiner Karriere hier zu erleben - in Kemberg“, mit diesen Worten wusste Frontmann Sebastian Krumbiegel das Publikum sofort für sich zu gewinnen, das im Übrigen zumeist mit den Liedern der Prinzen aufgewachsen ist und mittlerweile der Generation Ü 50, Ü60 angehört und dabei jung geblieben ist.

Wer den Karrieresprung schaffen will, muss ein Schwein sein auf dieser Welt, heißt es in einem Liedtext. „Die Welt braucht uns, wir brauchen sie. Wir haben es geschafft, ein Lied gibt uns die Kraft, unsere Träume zu erleben“, sang Krumbiegel, unterstützt vom Backgroundgesang der Gruppe.

Der A-cappella-Gesang ist gewissermaßen das Markenzeichen der Prinzen seit fast drei Jahrzehnten. Kreuzchor und Thomanerchor bildeten die „musikalische Kinderstube“ des Ensembles. Das spürt und hört man. Für die musikalischen Arrangements sorgt Gitarrist Wolfgang Lenk, der 1990 zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe gehörte, ebenso Jens Sembdner, Tobias Künzel und Henri Schmidt sowie Sebastian Krumbiegel. Nicht zu vergessen die Bandmitglieder Matthias Dietrich am Bass und Alexander Zieme, Schlagzeug.

Für Pfarrer Schulz war der Abend eine Sternstunde, die nachklingen wird, wie er zugab. Diese Ansicht teilte er mit nahezu allen Besuchern, die ihre Freude kaum in Worte fassen konnten. Offenbar recht textsicher erwies sich das Publikum. Aus etwa 600 Kehlen wurde der Wunsch nach dem großen Mammon intoniert: „Ich wär so gerne Millionär“, lautete dazu der bekannte Refrain. „Ihr seid stimmlich voll auf der Höhe“, lobte „Prinz“ Krumbiegel die Sänger im Kirchenschiff.

Ein Lied passte unterdessen gut in die derzeitige Klimadebatte - mit einer Lobhymne auf das gute alte Fahrrad. Im Text werden kleine Seitenhiebe auf PS-starke Autotypen verteilt. „Jeder Popel fährt nen Opel, jeder Arsch nen Jaguar“, heißt es darin unter anderem. Der Abend wurde immer wieder geprägt durch humorvolle Zwischenmoderationen (Krumbiegel, Künzel).

Auch tröstende Worte fanden in den Songs ihren Platz: „Du wirst irgendwann ganz oben sein“, hieß es aufmunternd. Aber auch Sätze wie „Musik vermag die Welt zu retten“ (Krumbiegel) weckten Hoffnungen, dass das Böse am Ende verliert. Eine Botschaft voller Zuversicht, die an diesem Abend glaubhaft erschien.

Titel wie „Alles nur geklaut“, „Der Mann im Mond“ (Tobias Künzel) oder „Das Leben ist grausam“ waren es, die sich als echte Ohrwürmer erwiesen. Ein eindrucksvolles Konzert endete nach einigen Zugaben dann mit eher leisen Tönen und dem Choral „Verleih uns Frieden gnädiglich“. Angemessen für eine Kirche. Schöner konnte dieser Abend nicht ausklingen.

(mz)

Kein Platz mehr, nirgends: Das Konzert der Prinzen in der Stadtkirche von Kemberg am Dienstagabend war schnell ausverkauft.
Kein Platz mehr, nirgends: Das Konzert der Prinzen in der Stadtkirche von Kemberg am Dienstagabend war schnell ausverkauft.
Thomas Klitzsch