Porträt Porträt: Rekordjäger setzt auf Pferdestärken
MÜHLANGER/MZ. - Die Biographie des heute in Mühlanger lebenden 46-Jährigen ist auf das Engste mit Lok Wittenberg verbunden. Hier begann seine sportliche Laufbahn. Hier traf er auf Gleichgesinnte, die ebenso wie er im Training hohe Anforderungen an sich stellten. Sportkameradschaft war beim ESV Lok nicht nur eine Floskel - sie wurde gelebt.
Vieles verband Maik Fraustein mit Frank Kase und Heiko Präger, die rückblickend alle drei mit ihren Leistungen durchaus noch mal an die ruhmvolle "Lambert-Ära" (die MZ berichtete in einer achtteiligen Serie) in Wittenberg anknüpfen konnten. Erst auf Umwegen fand der damals 21-Jährige Turner Fraustein zunächst über den Seesport (Trainer Heiner List) letztlich zur Leichtathletik (Coach Manfred Kuschel).
Schnelle Erfolge
Bereits nach dreimonatigem Training stellten sich erste Erfolge ein. "Das beflügelte mich damals ungemein", blickte Fraustein zurück. "Heute tut es mir weh, zusehen zu müssen, wenn man sich in der Leichtathletik mit Mittelmaß zufrieden gibt. Keiner möchte sich mehr quälen. Für mich war es damals eine große Motivation, solchen Vorbilder wie Werner Schildhauer und Manfred Kuschmann nachzueifern, um vielleicht einmal bei Olympia dabei zu sein. Dies vermisse ich bei unseren jungen Athleten", beschreibt der frühere Spitzenathlet das gegenwärtige Dilemma im deutschen Leistungssport. "Wer sich diesen Anforderungen stellte, wusste, das hat etwas mit Verzicht zu tun. Man verlangte zugleich einen sportgerechten Lebenswandel."
Tolle Bestzeiten
Die Erfolge Frausteins können sich sehen lassen. Sie zeigen, dass seine Einstellung zum Leistungssport gestimmt hat. Sieger der DDR-Crosslaufserie 1987, Bronzemedaille bei der Europäischen Eisenbahnermeisterschaft über 3 000 Meter Hindernis 1988 in Warschau, DDR-Crossmeister 1989, Bronze über 3 000 Meter Hindernis bei den letzten DDR-Meisterschaften 1990 in Dresden. Selbst seine Bestmarken lassen Kenner heute noch mit der Zunge schnalzen. 10 000 Meter in 29:08 (5. DDR-Meisterschaften), 3 000 Hindernis in 8:43 oder 5 000 Meter in 14:14 Minuten sind schlichtweg super Zeiten. Fraustein hält auch den Kreisrekord im Marathonlauf. Seine am 28. Oktober 1990 in Frankfurt am Main gelaufenen 2:21:17 Stunden sind und bleiben ein Spitzenwert, an dem sich noch viele Leichtathleten ordentlich die Zähne ausbeißen werden.
200 Kilometer die Woche
Für diese Spitzenleistungen investierte Fraustein sehr viel. Er befand sich auf dem Sprung in die Nationalmannschaft. Bis zu 200 Trainingskilometer in der Woche waren in jener Zeit keine Seltenheit. Während des Studiums in Schwerin hieß es schon mal 4 Uhr aufstehen, um die erste Zehn-Kilometer-Trainingseinheit zu absolvieren. Noch heute nennt er drei Trainer, die ihn dabei geformt haben und von denen er mit Hochachtung spricht: Manfred Kuschel (Lok Wittenberg), Walter Schmidt (SC Chemie Halle), Dieter Herrmann (SC Turbine Erfurt).
Trainertypen fehlen
"In Wittenberg vermisse ich gegenwärtig charismatische Trainertypen wie Lambert und Kuschel. Jemanden, der Talente sichtet und auch Macher, die große Veranstaltungen nach Wittenberg holen." Ein wenig Resignation klingt aus Frausteins Worten. "Vielleicht ist der Bad Schmiedeberger Brunnenlauf und dessen Organisator Volker Kluge ein kleiner Lichtblick", ergänzte er. Wie während seiner Sportlerlaufbahn, so hat sich Fraustein auch beruflich anspruchsvollen Zielen gestellt. Deutschlandweit agiert er erfolgreich mit Michael Nitsche in seiner Trabi-Event-Agentur, die ihm jedoch kaum Freiräume lässt, seinem "alten Hobby" wieder nachzujagen. Der gelernte Autoschlosser und studierte Verkehrsingenieur meinte abschließend: "Ich würde in meinem Leben alles noch mal so machen. Die Sportclubzeit war die schönste Zeit meines Lebens."