1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Wittenberg
  6. >
  7. Portrait: Portrait: Deutscher Rekord seit 31 Jahren unangetastet

Portrait Portrait: Deutscher Rekord seit 31 Jahren unangetastet

Von RAINER SCHULTZ 01.07.2011, 17:30

BÜLZIG/MZ. - Der größte Wunsch eines Leistungssportlers ist die Teilnahme an Olympischen Spielen. Nur wenigen ist es vergönnt, dieses Ziel zu erreichen. Die 1956 in Prenzlau geborene und heute in Bülzig lebende Christiane Wartenberg (geb. Stoll) hat es geschafft. Bis es zur Krönung ihrer sportlichen Laufbahn kam, war es allerdings ein langer Weg, der 1971 an der Kinder- und Jugendsportschule in Neubrandenburg begann. 120 bis 140 Laufkilometer pro Woche waren für eine Mittelstrecklerin damals Normalität. Prominente Sportler, wie Kanuolympiasieger Rüdiger Helm, zählten zu ihren Klassenkameraden. In kurzer Zeit bewies Wartenberg allen Zweiflern, dass sie zurecht an der Sportschule angenommen wurde.

Die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Bereits mit 15 Jahren stellte sie mit 2:05,7 Minuten über 800 Meter einen DDR-B-Jugendrekord auf. Ihr Trainer Walter Gladrow besaß das pädagogische Geschick, aus der schmächtigen Läuferin eine Weltklasseathletin zu formen. "Für mich war er Vaterersatz, der immer ein offenes Ohr für mich hatte", betont Wartenberg. 1976 wechselte sie zum SC Chemie nach Halle. Kommt man auf die Olympischen Spiele von 1980 in Moskau zu sprechen, so ist bei ihr noch jedes Detail des 1 500-Meter-Finales abrufbar. Die große Stunde schlug am 1. August 1980. Pünktlich um 17.05 Uhr Ortszeit ertönte im olympischen Luschnikipark von Moskau der Startschuss zum Endlauf. "Ich hatte an diesem Tag Wut im Bauch. Nachdem mir in Montreal 1976 nur 25 Zentimeter für die Endlaufteilnahme fehlten, wollte ich es meinem Trainer, der mich damals kritisierte, beweisen."

Um es vorweg zu nehmen: Es gelang ihr beeindruckend. Die spätere Olympiasiegerin Tatjana Kasankina führte das Feld nach 400 Metern an. Die 800-Meter-Marke wurde in schnellen 2:08 Minuten passiert. Was dann folgte, war an Dramatik kaum noch zu überbieten. In der Schlussrunde kämpfte sich Wartenberg bis auf den zweiten Rang vor. Das Ergebnis: Ein neuer DDR-Rekord von 3:57,71 Minuten. Fernsehreporter Heinz Florian Oertel verkündete damals euphorisch: "Ihr Prenzlauer könnt stolz auf eure Christiane sein."

31 Jahre sind seitdem vergangen. Der Rekord hat allen Versuchen einer Verbesserung Stand gehalten und wird als gesamtdeutsche Bestmarke noch heute geführt. Weit und breit sind keine Kandidaten in Sicht, die den Rekord knacken könnten. Auf Moskau angesprochen, bekommt Wartenberg immer noch ein Gänsehautgefühl. Sie denkt an die Traumkulisse von 80 000 Zuschauern in der Olympiametropole.

Ihr Leistungszenit hatte Christiane Wartenberg mit Moskau noch nicht erreicht. Die Olympiade 1984 in Los Angeles sollte den krönenden Abschluss bilden. Bei der Generalprobe im Länderkampf 1983 gegen die USA in der Olympiastadt lief sie gegen Mary Decker (USA) in 4:00,6 Minuten die drittbeste 1500-Meter-Zeit ihrer Karriere. Was 1984 jedoch folgte, stimmte alle Olympiakandidaten traurig. Der Sport wurde mit der Boykotterklärung der "Ostblockstaaten" zum Spielball der Politik.

Mit Frank, dem Bronzemedaillengewinner im Weitsprung von Montreal (8,02 m), ist sie seit 34 Jahren verheiratet. Drei Mädchen - Anne sowie die Zwillinge Jennifer und Janine - zählen zur Sportlerfamilie Wartenberg. Leistungssportliche Ambitionen gab es beim Nachwuchs nur kurzzeitig. Olympiakämpfer mit dem Namen Wartenberg sind künftig nicht zu erwarten.