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Pilgerfahrt nach Rom Pilgerfahrt nach Rom: Papstblick aus Reihe 6

Von Ilka Hillger 21.10.2016, 07:26
Mit Luther zum Papst: Friederike Bahlmann und Carl von Wolffersdorff waren dabei.
Mit Luther zum Papst: Friederike Bahlmann und Carl von Wolffersdorff waren dabei. Ilka Hillger

Wittenberg - Das Schlafdefizit ist ausgeglichen. Muss es auch, denn die Schule hat wieder begonnen. Und Papst hin oder her, die Ferien sind vorbei. Für Hunderte Jugendliche aus Mitteldeutschland war diese Auszeit von der Schule eine ganz besondere. Sie reisten „Mit Luther zum Papst“. So war eine ökumenische Pilgerfahrt nach Rom überschrieben, an der vom 9. bis 15. Oktober über 1 000 evangelische und katholische Christen aus Sachsen-Anhalt und Thüringen teilnahmen.

Mit vielen Erinnerungen heimgekehrt sind auch Friederike Bahlmann und Carl von Wolffersdorff. Die Tochter von Pfarrer Martin Bahlmann, zuständig für die Pfarrstellen Coswig, Griebo, Wörpen und Zieko bei der Landeskirche Anhalts, und der Gymnasiast aus Dessau stehen auch Tage nach der Papstaudienz noch unter dem Eindruck dieses Erlebnisses.

„Die Faszination seiner Person kann man absolut nachvollziehen“, sagt Friederike Bahlmann, die mit Eltern und Geschwistern in Buchholzmühle vor den Toren von Thießen lebt. Das Mädchen wusste schon lange, dass es in diesem Herbst nach Rom gehen würde. „Gleich nachdem die Reise bekannt wurde, hat uns mein Vater angemeldet“, erzählt sie. Freund Carl kam kurzentschlossen hinzu. Das war kein Problem bei über 1 000 Reisenden aus Mitteldeutschland, die allesamt auf einem Campingplatz vor den Toren der italienischen Hauptstadt in Bungalows und Zelten unterkamen. Zuvor aber waren 23 Stunden Busfahrt in Kauf zu nehmen, mit 18 Stunden Fahrzeit war die Rücktour nur unwesentlich kürzer. „Das war schon anstrengend“, finden beide, wenngleich diese Strapazen in der Heiligen Stadt schnell vergessen waren und das Rahmen- und Wahlprogramm für die Pilger reichlich Abwechslung bot.

Neben der Papstaudienz waren Höhepunkte ein Auftaktgottesdienst in der Kirche Santa Sabina mit der deutschen Botschafterin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan, sowie den Leitenden Geistlichen der beteiligten Kirchen. Schavan hatte auch die Schirmherrschaft für Projekt übernommen.

„Wir haben natürlich auch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten gesehen“, erzählen die jungen Leute, die das Dessauer Liborius-Gymnasium besuchen. Petersdom, Vatikanische Museen, Kolosseum und Forum Romanum sahen sie sich an. „Es war toll, wenn wir dann in dieser riesigen Stadt immer wieder Leute aus unserer Gruppe trafen“, sagt Carl von Wolffersdorff. Farbige Schals und Armbänder machten es den Christen aus Deutschland leicht, sich zu erkennen.

Die überwiegend jugendlichen Teilnehmer der Pilgerfahrt „Mit Luther zum Papst“ diskutierten über die Verantwortung von Christen in der heutigen Welt und entwickelten – in Anlehnung an Luther – „95 Thesen zur Ökumene“. Ein Höhepunkt war die Begegnung mit Papst Franziskus, der die 95 Thesen der Gruppe in Empfang nahm. Vorbereitet wurde die Fahrt gemeinsam vom Bistum Magdeburg, der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der Evangelischen Landeskirche Anhalts. Aus Anhalt federführend waren Landesjugendpfarrer Matthias Kopischke und Silvia Schmidt, Geschäftsführerin des Kinder- und Jugendpfarramtes. Unterstützung gaben zahlreiche jugendliche Helferinnen und Helfer.

Versammelt waren sie dann aber alle wieder bei der Papstaudienz. „Wir saßen in der sechsten Reihe, also nicht allzu weit weg“, berichten die beiden, die den Gottesdienst so gar nicht katholisch fanden. „Das war wohl eher eine Mischung für beide Konfessionen“, mutmaßt der Gymnasiast, der nach dieser Romreise überlegt, der evangelischen Kirche beizutreten.

So eine Entscheidung wäre im Sinne von Anhalts Kirchenpräsident Joachim Liebig. Er begleitete die Pilger und wurde von Papst Franziskus ebenso wie die anderen Kirchenoberhäupter, Landesbischöfin Ilse Junkermann und Gerhard Feige, Bischof des Bistums Magdeburg, begrüßt.

„Dass sich so viele überwiegend junge Leute, darunter auch Konfessionslose, auf den Weg nach Rom machen, ist wunderbar und wäre vor nicht allzu langer Zeit kaum vorstellbar gewesen. Diese Fahrt ist aller Mühe wert gewesen“, bilanzierte Liebig die Reise. Die Begegnung mit Papst Franziskus, so Liebig, sei eindrucksvoll gewesen. In Rom sei deutlich geworden, wie vielfältig die christliche Kirche weltweit sei. „Viele Pilger aus Mitteldeutschland sind es gewohnt, als Christen in der Minderheit zu sein. In Rom konnten wir erfahren, wie viele Christen es tatsächlich gibt. Es war schön, sich daran erinnern zu lassen.“ Erinnern werden sich viele wohl auch an die Abschlussfrage von Papst Franziskus: „Ich möchte auch eine Frage stellen: Wer ist besser? Die Evangelischen oder die Katholischen?“ Auf Deutsch sagte Franziskus: „Besser sind alle zusammen. Vielen Dank!“ „Das werden wir wohl auch nicht vergessen“, sind sich Friederike Bahlmann und Carl von Wolffersdorff sicher.

(mz)

Der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig, Landesbischöfin Ilse Junkermann (EKM) und Bischof Gerhard Feige vom Bistum Magdeburg (von rechts) beim Papst Franziskus
Der anhaltische Kirchenpräsident Joachim Liebig, Landesbischöfin Ilse Junkermann (EKM) und Bischof Gerhard Feige vom Bistum Magdeburg (von rechts) beim Papst Franziskus
Pilgerbüro