1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Wittenberg
  6. >
  7. Orgel in Annaburg: Orgel in Annaburg: Besuch der Sechstklässler bei der Königin der Instrumente

Orgel in Annaburg Orgel in Annaburg: Besuch der Sechstklässler bei der Königin der Instrumente

Von Saskia Hotek 28.10.2019, 09:09
Die Schüler stellen viele Fragen zur Orgel in Annaburg.
Die Schüler stellen viele Fragen zur Orgel in Annaburg. Saskia Hotek

Annaburg - „Wer hat die älteste Orgel in der Hand?“, fragt Kantorin Eva-Maria Glüer die Mädchen und Jungen. Jeder hat eine Spielkarte, auf der eine Orgel und dazugehörige Fakten abgebildet sind. Die Sechstklässler der Sekundarschule Annaburg bieten die Baujahre 1720 und 1520, aber der Sieger ist die Orgel aus dem Jahr 1457. Mit diesem spielerischen Einstieg eröffnet Eva-Maria Glüer die Orgelführung in der evangelischen Kirche in Annaburg. Der Ausflug dorthin ist Teil des Musikunterrichts.

Interessierte Schüler

Ganz so alt ist die Annaburger Orgel nicht. Sie wurde im Jahr 1913 fertiggestellt und 1997 restauriert, erklärt die Kantorin. Dabei fällt dem Sechstklässler Luca Richter direkt eine Frage ein: „Wie hat man die Orgel in die Kirche bekommen?“ Eva-Maria Glüer schildert die Vorgehensweise: „Ein Orgelbauer hat zunächst alle Einzelteile des Instruments angefertigt.“

Dann wird die Orgel in der Kirche von außen nach innen aufgebaut: Erst das Gestell und Gehäuse, danach das Innenleben. „Zum Schluss müssen die Pfeifen den richtigen Ton bekommen“, sagt Eva-Maria Glüer. Für all diese Aufgaben ist der Orgelbauer zuständig. Zum Beruf des Orgelbauers zählen Fähigkeiten in der Holz- und Metallverarbeitung, Kenntnisse eines Feinmechanikers und Kunstschlossers sowie Wissen in Maschinenbau und Elektrotechnik. Ein Gespür für Musik sollte selbstverständlich auch vorhanden sein.

Im Laufe der Jahre „muss die Orgel regelmäßig gepflegt werden“, so Glüer. Aus ihrer Erfahrung weiß sie, dass sich nicht nur Staub in den Pfeifen ansammelt: „Manchmal ist eine Maus reingefallen. Fledermäuse hatten wir auch schon. In Halle, wo ich studiert habe, hat ein Taubenfuß aus der Öffnung herausgeguckt.“

Die Kinder hören währenddessen sehr interessiert zu. Katharina Thiele meint: „Es ist mal was anderes, als nur im Unterricht zu sitzen. Es ist schon die dritte Orgel, die ich besichtige.“ Ihre Freundin Marie Witte ist ebenso begeistert von dem Ausflug: „Ich habe schon viele Orgeln gesehen, in Elsterwerda, Holzdorf und in der Wittenberger Schlosskirche. Es ist immer wieder interessant.“

Holzwürmer lieben Leder

Zu den Besonderheiten der Orgel in Annaburg gehört, dass es sich um ein pneumatisches Instrument handelt. Im Gegensatz zu mechanischen Orgeln wird dabei der Ton von der Taste bis zur Pfeife nicht über ein Holzgestänge übertragen, sondern über Luftschläuche und Lederbälgchen, erläutert Eva-Maria Glüer. Somit lassen sich die 1246 Pfeifen flexibel im Gehäuse anordnen. Nachteil dieser Bauweise ist die Reparaturanfälligkeit. „Über Luft und Leder freuen sich bestimmte Tierchen ganz besonders: Holzwürmer. Die knabbern die Lederbälgchen an. Aktuell haben wir hier aktive Holzwürmer und müssen dringend etwas dagegen machen“, sagt die Kantorin.

Die Orgel werde wegen ihres prächtigen Äußeren und ihres gewaltigen Klanges als „Königin der Instrumente“ bezeichnet, so Eva-Maria Glüer. Wegen ihrer Komplexität sei die Orgel nicht einfach zu bedienen, weiß die Kantorin: „Die Hände und Füße beim Spielen zu koordinieren, erfordert viel Übung.“ Sie selbst habe erst Klavier gespielt und an der Hochschule für Kirchenmusik in Halle studiert, um Orgel spielen zu können. (mz)