Offene Gärten Offene Gärten im Kreis Wittenberg: Selbstversorger begeistern Besucher in Wüstemark

Wüstemark - „Es ist alles da, was ich brauche“, sagt Elona Schlüter und zeigt auf ihr kleines Gartenreich. In der Tat wächst auf knapp 200 Quadratmetern all das, was die Wüstemarkerin für den Eigenbedarf so braucht.
Die Aktion „Offener Garten“ oder auch „Offene Gartenpforte“ gibt es in ganz Deutschland. Die Idee stammt aber aus England. 1927, so ist im Internet nachzulesen, wurde im Andenken an Königin Alexandra der National Gardens Scheme Charible Trust errichtet. Einen Tag hatten Privatgärten geöffnet, die Eintrittsgelder kamen einem Hilfsfonds für die Krankenpflege zugute. Das hat auch andere Gartenbesitzer in Australien, den USA, Niederlanden und Belgien inspiriert, solch einen Tag des Gartens mit einem wohltätigen Zweck zu verbinden.
Zu Beginn der 1990er Jahre wurden zunächst in Norddeutschland erste private Gärten geöffnet, dies verbreitete sich rasch durch ganz Deutschland. Im Gegensatz zur ursprünglichen Idee ist der Eintritt in deutschen Gärten zumeist frei. Die ersten Termine liegen meist in der Junimitte und damit in zeitlicher Nähe zum „Tag des Gartens“, der seit 1984 am zweiten Sonntag im Juni in Deutschland begangen wird und an dem vor allem Kleingartenanlagen ihre Tore öffnen.
In Wittenberg und Umgebung gibt es in diesem Jahr die Privatinitiative der „offenen Gärten“ zum 14. Mal. Zwischen Mai und September können die verschiedensten Gärten zwischen Holzdorf und Wörlitz besichtigt werden, bei der Initiatorin Sabine Priezel gab es Ende Juni sogar einen Abendtermin, bei dem sie ihren Garten in einer ganz anderen Atmosphäre zeigte. KBL
Alle Gärten in und um Wittenberg, Termine und Kontaktmöglichkeiten für eventuelle Voranmeldungen gibt es unterwww.kraeuter-querbeet.de.
Im Gewächshaus sprießen Gurken, Tomaten und Paprika. Draußen wachsen Kräuter, Zwiebeln, Zucchini, Porree und Kürbisse. Selbst die Obstauswahl lässt kaum Wünsche offen - Birnen, Pfirsiche, Pflaumen, Kirschen und Beeren, sogar Wein gedeihen prächtig.
Das ganze Areal sei früher Hof gewesen, erzählt die 61-Jährige, die statt Pflastersteinen eine kleine grüne Idylle angelegt hat. Mit einem großen Zelt für die Gurken habe sie Mitte der 70er Jahre begonnen, inzwischen herrscht Vielfalt statt Masse, es ist sogar Platz für eine kleine Liegewiese.
100 Prozent Öko
„Das macht Spaß, einfach rauszugehen, eine Schale Beeren für den Kompott zu holen oder nur mal zu naschen“, weiß sie die Vorzüge des Hofgartens zu schätzen. Das Obst wird im Herbst zumeist zu Gelee und Marmelade verarbeitet.
Auch der kleine Holunderbusch wird doppelt genutzt. „Davon mache ich zuerst Blütengelee und später auch Beerengelee“, erzählt die Hausherrin, die sich am Sonntag über die rege Nachfrage von Besuchern zum Tag des offenen Gartens freut.
Nur wenige Meter entfernt gibt es das Kontrastprogramm. 4.500 Quadratmeter Grün bei Karma und Günter Retzke wollen gepflegt und bewirtschaftet sein.
Zwar gibt es auch hier Beete, doch es wächst, was die Natur zum Teil zusammengefügt hat. Dill und Mohnblumen finden die Mohrrüben als Nachbarn passend, neben dem Gewächshaus stehen drei prächtige hohe Disteln.
Eine Sonnenblume nickt am Wegesrand. Und mittendrin Bänke oder einfach längs halbierte Baumstämme. „Eigentlich sollte die glatte Seite nach oben. Aber als ich ihn bearbeitet habe, fand ich es so toll“, schwärmt Günter Retzke von der Maserung und den Sitzmulden zwischen den Ast-Ansätzen.
Und dann ist da, neben anderem Gestein, der große Stein-Pilz, dessen Teile nur aufeinander liegen und lediglich mit Rollen und Hebeln an ihren Platz kamen.
„Die Leute wissen, was sie wollen: Garten angucken“, weiß Karma Retzke, die für die Erfrischung mit selbst gemachter Pfefferminz-Limonade sorgt und für die Verarbeitung von Obst und Gemüse zuständig ist. „Der erste Fruchtaufstrich ist schon gekocht“, verrät sie die Kombination „Stachelbeere und Felsenbirne“, jedoch nur in limitierter Auflage.
Marianne und Volker Gottschalk aus Rahnsdorf sind zu Fuß angereist. „Wir haben einen eigenen Garten, hier bekommt man viele Anregungen“, sagt er.
Alles wiederverwenden
Vor allem der Teich mit der umgestülpten Glaskugel, quasi eine Aussichtskugel für die Goldfische, findet er interessant. Außerdem die vielen Holzarbeiten, die an fast jeder Ecke den Blick auf sich ziehen.
Zwei Frauen, eine aus Wittenberg und eine aus Oranienbaum, haben sich hier verabredet. Schon ein paar Mal, erzählt erstere, habe sie sich Gärten angesehen. „Ich habe jedoch nur einen Balkon. Da interessieren mich eher Heilkräuter.“
Bei der Gartengröße gibt es jedoch nicht nur Kräuter zu sehen. Zwischen Hofladen und Bach gibt es einen kleinen Spielplatz, Kompost und Benjeshecke und so manch kreative Idee.
Weggeworfen wird so schnell nichts. Ein halbrundes Gitterteil einer Dreschmaschine diente hier schon als Grill und ein hölzerner Brühtrog vom Schlachten hat als Insektenhotel eine neue Bestimmung gefunden. (mz)
