Nerzfarm bei Bad Schmiedeberg Nerzfarm bei Bad Schmiedeberg: Söllichauer Pelztier-Zucht existiert nicht mehr

Söllichau - Die Nerzfarm an der Gleinermühle in Söllichau steht nur noch auf dem Papier - im Handelsregister und beim Gewerbeamt in Bad Schmiedeberg. „Die Anlage ist leer geräumt, und die Käfige sind abgebaut“, sagt Thomas Moeller, der sich am Mittwoch vor Ort ein Bild von der Realität gemacht hat. Die Tiere seien „gepelzt“ worden. Im Klartext: Die Farm - es ist die letzte in Sachsen-Anhalt - wurde nicht einfach ins Ausland verlagert.
Theoretisch sei dies möglich. „Die nationalen Gesetze zur Nutztierhaltung sind strenger als die Europarats-Empfehlung“, erläutert der Kreistierarzt. Darüber hinaus haben sich Pläne, in Söllichau Gänse zu halten, zerschlagen. „Ich brauche aber vom Betreiber noch eine schriftliche Bestätigung“, so Moeller.
Mit dem Papier soll ein inzwischen fünf Jahre dauernder Rechtsstreit zwischen dem Kreis und der Firma beigelegt werden. Das Verwaltungsgericht Halle hatte im Juni 2013 das Verfahren ausgesetzt, weil es Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abwarten wollte. Der Geschäftsführer sah sich aber als Punktsieger. „Ich bin sehr froh darüber“, sagte der Mann aus Niedersachsen, „dass das Gericht bestätigt hat, dass wir die Tiere nach EU-Empfehlungen halten und dass das Wohlbefinden unserer Tiere in keiner Weise gefährdet ist.“
In der Minute des vermeintlichen Triumphs polterte der Firmenchef in Richtung Politik: „Die Grünen sollten nicht immer so daher blubbern, sondern sich vorher richtig schlau machen.“
Wer nun wirklich im Recht ist, wird offensichtlich nicht mehr restlos geklärt. Das Unternehmen, das 40 Jahre besteht und bis zu 25 Mitarbeiter beschäftigte, startete einst erfolgreich. Die „Freiheit“ titelte am 2. Dezember 1982: „Wertvolle Nerzpelzernte in der LPG Söllichau“. In dem Artikel heißt es: „7.000 Stück dieser wertvollen Tiere werden in dieser Saison gepelzt. Nach der Weiterverarbeitung kommen die Pelze zur Rauchwarenauktion nach Leipzig.“
Der DDR-Bürger, geübt darin, zwischen den Zeilen zu lesen, versteht sofort: Hier werden Lebewesen zur Beschaffung von Devisen getötet. Ärger gibt es - inzwischen ist die Firma privatisiert - erst nach der politischen Wende. Militante Tierschützer verüben immer wieder Anschläge. Der spektakulärste ereignete sich in der Nacht zum 27. Februar 2008: Unbekannte haben 600 Exemplare befreit.
Im Internet taucht ein Bekennerschreiben auf. „In keiner Weise ist die Tierquälerei und Massentötung an intelligenten, denkenden und fühlenden Lebewesen zu rechtfertigen“, schreiben Mitglieder der Animal Liberation Front. Diesen Verbund, der 1976 in den USA gegründet wurde, stuft die US-Bundespolizei FBI als terroristische Vereinigung ein. Alarm schlagen aber auch die Naturschützer der Heide. Sie sehen durch das „Befreien der Nerze“ eine große Gefahr für die heimische Fauna. „Wenn Nerze in Massen auftreten“, bestätigt Kreisjägermeister Martin Gersch auf MZ-Anfrage am Freitag, „wird das zum Problem. Der Räuber will schließlich fressen.“ Angriffe auf Vögel seien die logische Konsequenz.
Zur Jahrtausendwende richtete am „Gänseteich“ südlich von Söllichau ein Heidefreund ein „Schwanengrab“ ein, um mehr Nachdenklichkeit über das Freilassen nicht heimischer Tiere zu wecken. Geholfen hat es nichts. Die Anschläge gingen weiter. Die Täter wurden nie ermittelt. Aber auch das Verfahren wegen des Verdachts der Tierquälerei gegen den Geschäftsführer ist eingestellt. (mz)