Nachtschattengewächse in Prettin Nachtschattengewächse in Prettin: Jürgen Seeländer bleibt seinen Tomaten treu

Prettin - 43 Sorten Tomaten gedeihen im Garten des Prettiners Jürgen Seeländer. Er erzählt, dass seine Leidenschaft für die Nachtschattengewächse vor einigen Jahren auf dem Zerbster Friedhof begonnen hat. Bei einem Besuch am Grab seiner Eltern habe er dort einen älteren Gemüsebauern kennen gelernt.
„Von ihm habe ich dann immer meine Tomatenpflanzen geholt.“ Der Bauer habe den Betrieb inzwischen aufgegeben, doch Seeländer hatte das Tomatenfieber gepackt.
Übers Internet beschafft er sich die Samen ausgefallener Sorten, die er bis dato nicht hat und von denen „ich denke, dass sie schmecken“ - das seien beileibe nicht nur die Roten. So ist er gespannt, ob seine diesjährige Neuerwerbung hält, was ihr Name verspricht: „Veni vidi vici“ (kam, sah und siegte) heißt die rote Rispen-Cocktailtomate, eine Züchtung aus Deutschland.
Seeländers Tomatenplantage verteilt sich über mehrere Folienzelte, einige Pflanzen stehen auch unter freiem Himmel. Höchstens zwei von jeder Sorte erlaubt er sich. Mit der Anzucht beginne er in der letzten Februar-/ersten Märzwoche. Im Haus auf der Fensterbank lässt er die Samen keimen. „In diesem Jahr war ich eine Woche früher“, so der Prettiner.
Das Resultat: Anfang Mai waren die Pflanzen schon so groß und kräftig, dass sie in die Erde konnten. „Ich habe gehadert, wegen der Eisheiligen. Andererseits wollte ich vor Pfingsten 14 Tage in den Angelurlaub.“ Also habe er es gewagt.
Fürs Gießen ist während seiner Abwesenheit seine Frau verantwortlich und da hatte sie in diesem Mai reichlich zu tun, zumal Seeländers weit mehr anbauen als Tomaten. Im Grunde sind sie, was Gemüse betrifft, fast Selbstversorger. „Garten hat mir schon immer Spaß gemacht“, sagt der 68-Jährige. Schon als Vierjähriger habe er im Garten seiner Eltern in Dessau sein eigenes Beet bewirtschaftet.
Zum Rundgang mit der MZ hat er ein Notizheft dabei. Das ist sein Tomatenkataster. Die Pflanzen sind nummeriert oder sie sind im Grundriss des Folienzeltes eingezeichnet. Die meisten haben schon soweit Früchte ausgebildet, dass sie Seeländer ohne Blick ins Notizbuch bestimmen kann. „Graf Batthyany“ zum Beispiel, eine rote Fleischtomate aus Ungarn, sieht aus wie ein Mini-Kürbis.
Unverkennbar mit dem gebogenen Zipfel ist für den Tomatenmann auch „Buratino“, sie wird orange. Dunkelgrüne Flammen auf dem noch hellgrünen Grund verraten „Black Zebra“, die am Ende braun-schwarz/grün aussieht und einen milden Geschmack hat. Früchte mit fast einem Kilogramm Gewicht beschert ihm „Istra“. Das Gesamtgewicht einer jährlichen Tomatenernte habe er noch nie ermittelt. Aber wenn Tomatenzeit ist, bekommen die beiden Söhne, die in Großstädten wohnen, eimerweise von den Früchten mit.
Und es wird Saft, Ketchup und zusammen mit Paprika (von denen der Prettiner auch schon zehn Sorten hat) Letscho zubereitet. „Prinzipe Borghese“ ist aufgrund ihres geringen Wassergehaltes zum Trocknen sehr gut geeignet. „Bei uns verkommt nichts“, sagt der Hobby-Gärtner, der früher als Kraftfahrer unterwegs war.
Ob sich Blätter rollen oder die obersten Triebspitzen einer Pflanze schlaff hängen - „ich mach da kein Gewese“, so der Hobbygärtner. „Ich bin kein Tomatenexperte. Was wächst, das wächst.“
Weltweit gibt es über 20.000 Tomatensorten. Jürgen Seeländer hat mit seiner Sammelleidenschaft also noch ganz viel Luft nach oben. (mz)