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Minusgrade in der Wohnung Minusgrade in der Wohnung: Warum Thomas Rink trotzdem nicht umziehen will

Von Thomas Tominski 10.01.2019, 12:46
Thomas Rink hält in seiner Wohnung Nymphen- und Wellensittiche. Er bezeichnet die Vögel als „meine Familie“.
Thomas Rink hält in seiner Wohnung Nymphen- und Wellensittiche. Er bezeichnet die Vögel als „meine Familie“. Archiv/Thomas Tominski

Zahna - An der schwierigen Situation hat sich nichts geändert. Thomas Rink aus Zahna lebt weiter in seiner eiskalten und sanierungsbedürftigen Wohnung und schlägt partout jedes Angebot von Vermieter Wittenberger Wohnungsgesellschaft (Wiwog) zur sofortigen Beendigung der unzumutbaren Zustände aus.

Susan West, Leiterin Mietservice, ist ratlos, warum der 55-Jährige nicht in die sanierte Dachgeschosswohnung zieht und damit alle Probleme - kein Strom und Heizung - hinter sich lässt. „Eine Etage höher stehen ihm ebenfalls 63 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung“, schiebt sie erklärend nach. West fordert von Rink eine aktive Mitarbeit bei der Bewältigung des Problems, permanente Ablehnung sorgt für eine Verhärtung der Fronten.

Selbst das Angebot, in eine örtliche Neubauwohnung zu ziehen, habe der gelernte Keramikfacharbeiter abgelehnt.

Neue Einschätzung

Rink lebt in der Zahnaer Bahnhofstraße Tür an Tür mit seiner Mutter Marlene und will diese Komfortzone nicht verlassen. Bei ihr kann er essen, duschen und Fernsehen gucken. Ein Umzug von der zweiten in die dritte Etage kommt für den 55-Jährigen keinesfalls in Frage. „Ich lebe wie ein Messi mit einem Dach über dem Kopf“, hat er Anfang Dezember 2018 gesagt, inzwischen bezeichnet er den Zustand der völlig heruntergekommenen Wohnung als „einigermaßen akzeptabel“.

Der Zahnaer beharrt darauf, dass diese 63 Quadratmeter saniert werden. Entgegen anderslautender Meinungen sei er selbstverständlich bereit, Handwerker in seine eigenen vier Wände zu lassen. Doch diese haben sich laut seiner Einschätzung nie blicken lassen. Lärm und Dreck stören ihn nicht, Modernisierung sei eine staubige Angelegenheit.

An der Dachgeschosswohnung passe ihm vieles nicht. Der Schnitt der Zimmer, die schrägen Wände, ein fehlender Balkon zum Aufstellen von Grünpflanzen, ein ordentliches Badezimmer. Susan West von der Wiwog erklärt, dass die Toilette auf halber Treppe zwar nicht heutigen Standard entspricht, zum Einbau eines Bades in die obere Etage sei jedoch eine umfassende Sanierung des gesamten Hauses notwendig.

Nichtsdestotrotz biete die Wohnung in der dritten Etage Annehmlichkeiten wie Gasheizung, funktionierende Elektrik oder Tapezierung. „Herr Rink muss nur noch seine Möbel hochräumen“, sagt die Leiterin Mietservice und fügt an, dass der Umzug von Dauer sei.

Das heißt: Eine komplette Sanierung seiner jetzigen Wohnung ist nicht geplant. Andererseits bleibt Rink in der Nähe seiner pflegebedürftigen Mutter und kann sich weiter um sie kümmern. Es liegt jetzt in der Verantwortung des Mieters, den Zustand zu verändern.

Die Wiwog wird wie angedeutet dem 55-Jährigen nicht noch einen roten Teppich ausrollen, den er im Endeffekt wieder beiseite schiebt. Wohnen auf der Baustelle ist laut West keine Option für einen Diskussionsansatz.

Für sie persönlich sei es nur ein „absolut logischer Schritt“, dass der Zahnaer einen Schluss-Strich hinter sein Dilemma zieht und einen Neuanfang startet. Die Miete wird seit 2009 vom Fachdienst Soziales bezahlt.

Gespräch beim Landkreis

Rink lebt nach eigenen Angaben von 424 Euro Grundsicherung und kommt damit einigermaßen über die Runden. Er teilt seinen Tag trotz Arbeitslosigkeit strukturiert ein und versucht, sich mit viel Aufenthalt im Freien gegen die Kälte in der Wohnung abzuhärten. Erst bei strengem Frost saust das Thermometer in den Räumen Richtung Minusbereich. Darüber sei alles im grünen Bereich, sagt er.

Rinks Wohnsituation mit allen flankierenden Problemen ist dem Fachdienst Soziales bekannt. Der Pressesprecher des Landkreises, Ronald Gauert, betont, dass der Zahnaer nach dem ersten MZ-Artikel, der am 4. Dezember erschienen ist, bei ihm angerufen hat und eine Aussprache fordert, weil er mit der Unterstützung seitens der Behörde nicht zufrieden ist. Diese soll laut Gauert am 31. Januar über die Bühne gehen. (mz)