Marmeladenfestival in Buro Marmeladenfestival in Buro: Sinnliche Verführung

Buro - Marmeladenfestival. Allein dieser Name lockt einmal im Jahr Menschen jeden Alters nach Buro. Hätte Matthias Prasse es ein „Fruchtaufstrich-Testessen“ genannt, wäre die Resonanz wohl bescheiden geblieben. Aber ein Festival verspricht Erlebnis, Genuss, sinnliche Momente.
Löffelweise Überraschung
Solch eine Verführung hat es auch am vergangenen Wochenende gegeben. Der Hausherr der Komturei Buro hat zum fünften Mal jene eingeladen, die ungewöhnliche Sorten kreieren, und jene, die sich gern geschmacklich überraschen lassen. Brigitte Bandke aus Rohrbeck bei Jüterbog gehört zu den letzteren.
„Ich koche auch selbst, mische aber nicht so viel“, sagt sie. In Buro lässt sie ihren Enkel Roman auswählen, was gekauft wird. Auch sonst scheint sich die Fahrt gelohnt zu haben, Brigitte Bandke kommt beim Gang durch die alten Gemäuer ins Schwärmen.
Bereits zum fünften Mal fand am Wochenende das Anhaltische Marmeladenfestival in Buro statt. In den Räumen der alten Komturei des Kreuzritter-Ordens St. Elisabeth dürften am Wochenende rund 400 Sorten selbst gemachte Marmeladen, Konfitüren, Fruchtaufstriche und Gelees zu probieren und kaufen gewesen sein, darunter 86 Sorten, die aus dem Publikum zum Verkosten abgegeben worden waren. Am Montag werden die Stimmzettel ausgezählt. „Manchmal ist es schon sehr knapp, da probieren wir selbst noch einmal und holen uns im Zweifel einige neutrale Tester dazu“, sagt Hausherr Matthias Prasse. Die Kiefernmarmelade im vorigen Jahr sei schon „etwas verrücktes“ gewesen, ebenso wie Gurke-Vanille. Inzwischen wird in den heimischen Küchen mehr mit Alkohol experimentiert. Ob Prosecco, Whisky oder Cherry dem Marmeladen-Fan mehr gefällt, ist Geschmackssache. „Das Festival lebt vom Mitmachen“, betont Prasse. Viel größer soll es jedoch nicht werden, eher feiner. Der Sieger des Marmeladenfestivals erhält wieder einen silbernen Marmeladenlöffel als Preis. KBL
Brigitte Krieg aus Meinsdorf mag Kürbis. Dass er sich gut für Marmelade eignet, sei neu für sie gewesen. „Aber was ich bisher probiert habe, war lecker.“ So ein Festival sei eine tolle Idee, findet sie. Andere Besucher kochen gemeinsam mit Antje Steinke eigene Kreationen. Zwei Vorführungen an jedem Tag macht die Wittenbergerin. „Ich glaube, es sind Leute, die selbst kochen und sehen wollen, wie es anders gemacht werden kann“, so ihr Eindruck über das Publikum. Natürlich hat sie auch fertige Kreationen dabei. Was die Leute mögen? „Himbeere-Wodka und Stachelbeere mit weißer Schokolade.“
Für ungewöhnliche Kombinationen braucht es Enthusiasten, die gern experimentieren. Die Siegerin des Vorjahres gehört definitiv dazu. Sandra Busse aus Gommern hat extra für Matthias Prasse noch einmal ein Glas Kiefernmarmelade mitgebracht - weil er es 2018 nicht hatte kosten können. Dafür sammelt sie die Maitriebe der Kiefer. „Die werden durch den Fleischwolf gedreht und aufgekocht. Dann kocht man sie nochmal mit Gelierzucker“, verrät sie das Rezept, das sie im Internet gefunden hat.
„Eigentlich nehme ich mir jedes Jahr vor, keine Marmelade mehr zu kochen“, sagt die Postzustellerin, die ihren 2018 in Buro gewonnenen „silbernen Marmeladenlöffel“ an die Wand gehängt hat. „Und dann wird es doch meist etwas.“ Das vorige Jahr sei jedoch zu trocken gewesen. „Keine Himbeeren, keine Brombeeren, nicht mal ein Pilz“, so ihr Fazit. In diesem Jahr nimmt Sandra Busse mit fünf anderen Sorten teil, etwa Apfel-Zucchini und Stachelbeer-Chili-Marmelade.
Allerdings ist das mit den scharfen Aufstrichen so eine Sache. „Die Chili-Ernte im vorigen Jahr war eine Katastrophe“, bedauert Karma Retzke aus Wüstemark gegenüber dem Wittenberger Paar, das nach Kürbis-Chili gefragt hatte. Kaufen sei zu teuer, „und ich will nicht mit Pulver arbeiten“. Seit 15 Jahren kocht sie, was der Garten hergibt, 35 Sorten hat sie mit nach Buro gebracht. Und die Favoriten des Publikums bei ihr? „Kürbis-Orange-Zimt und Pfefferminzgelee“, sagt sie.
Neugier muss sein
Mit 35 Sorten ist Gerlinde Schüler aus Heeren bei Stendal angereist. Seit zehn Jahren kocht sie Marmeladen, „eigentlich zehn Jahre zu spät. Die Leute hier sind jedenfalls sehr neugierig, probieren gern. Manche kommen auch gezielt.“ Und staunen, was da an ungewohnten Kreationen in den Gläsern bereit steht. „Kartoffelgenuss“ schmeckt definitiv nicht nach Mittagsbrot. Dank Mandeln und Kartoffelstärke hat der Aufstrich eine feine Marzipannote.
Bei Gaumenfreuden wie Eberesche (etwas bitter) oder Johannisbeer-Kokos vergisst mancher den Regen, der Wege und die Parkplatz-Wiese aufweicht. Matthias Prasse kann damit leben. „Wir werden nicht unzufrieden aus dem Wochenende herausgehen“, ist er sicher. „Es gibt viele, die sich an den Ständen durchprobieren. Es war eine gute Idee, das vor vier Jahren anzufangen.“ (mz)