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Konzertreihe in Lubast Konzertreihe in Lubast: Horst Sandner ist der gute Geist

Von Corinna Nitz 01.11.2018, 06:31
Das gefeierte Vokalensemble Amarcord aus Leipzig war jetzt zu Gast im Heidehotel Lubast.
Das gefeierte Vokalensemble Amarcord aus Leipzig war jetzt zu Gast im Heidehotel Lubast. Sascha Graf

Lubast - Amarcord zählt zu den führenden Vokalensembles, gefeiert wird es im In- und Ausland. Am Sonntagnachmittag gaben die Echo-Klassik-Preisträger auf Einladung des Fördervereins zur Kultur- und Denkmalpflege Rotta ihr Debüt-Konzert im Heidehotel Lubast: Damit die Besucher, wie Tenor Wolfram Lattke es formulierte, „nicht immer so weit fahren müssen“.

Dass die Leipziger das Heidedorf auf der Landkarte hatten, war Vereinschefin Erdmute Peuker und deren Kontakten in die Musikwelt zu danken. Dass sie tatsächlich zu erleben waren (und ein Erlebnis sind die Ex-Thomaner, sowohl gesanglich als auch hinsichtlich ihres bemerkenswerten Repertoires und ihrer schauspielerischen Begabung), hat ganz entschieden mit Horst Sandner zu tun.

Der 80-Jährige hat einmal einige Jahre in Gniest gelebt und in Gräfenhainichen gearbeitet, er stammt, wenn man so will, aus der Region und fühlt sich selbiger verbunden. Das äußert sich unter anderem darin, dass Sandner Peukers Konzertreihe finanziell unterstützt. Ohne ihn, so die frühere Orchestermusikerin, „hätten wir manches nicht machen können“, das gilt auch für das Gastspiel von Amarcord.

Kurz vor Konzertbeginn saß Sandner mit seiner Frau, sie leben im Elsass, im Heidehotel bei Kaffee und Kuchen. Der Mann schätzt die Jagd, dafür kommt er regelmäßig in die Gegend. Am Vortag jedoch haben sie Tiere nur beobachtet und allenfalls den Auslöser der Kamera gedrückt. Das Gespräch führte dann weit zurück in ein augenscheinlich (ereignis-)reiches Leben.

Schulbesuch in der Region, Medizinstudium in Halle, zwei Jahre praktischer Arzt an der Poliklinik Gräfenhainichen, Universität Leipzig... das sind nur einige Stationen. Später wurde er plastischer Chirurg, dazwischen verließ er (nach „mehreren Fluchtversuchen“) den SED-Staat. Am „Ostermontag 1972“ fuhr er im Zug von Bukarest nach Sofia. Dort habe ihn ein Kurier übernommen und nach Dortmund gebracht. Seine Ausbildung in der plastischen Chirurgie begann er am Krankenhaus Bergmannsheil in Bochum. Er ließ sich in Karlsruhe nieder und hat 33 Jahre eine Privatklinik für plastische Chirurgie geleitet.

Seit zehn Jahren ist Sandner nun „Pensionär und damit beschäftigt, die Früchte meines Lebens zu genießen“. Das heißt auch, sie auszugeben und zu teilen. „Das letzte Hemd hat keine Taschen“, zitierte er eine Redensart. Zu den Begünstigten gehöre in Sachsen-Anhalt der Verein Arche in Stendal.

In Baden-Württemberg engagiert Kunstfreund Sandner sich mit vielen anderen für das Festspielhaus Baden-Baden. Die Institution mit 2500 (!) Sitzplätzen erhält keine Subventionen. Und das trifft, sieht man einmal von den 1200 Euro ab, die Peuker zufolge bis dato noch von der Stadt Kemberg kommen, auch auf ihren Förderverein zu. Lediglich einmal hätten sie etwas von der Sparkassenstiftung bekommen.

Bedenkt man, dass eine Konzertsaison - derzeit bestreiten sie die 24. - mit 18000 bis 20000 Euro zu Buche schlägt, sind die Zuwendungen von privaten Sponsoren und Förderern, wie Sandner einer ist, lebenserhaltend. Und dafür dankte Peuker am Sonntag, bevor Amarcord sein Programm „Rastlose Liebe“ mit Renaissance-Madrigalen, Werken Leipziger Romantiker und internationalen Folksongs anstimmte.

Sandner nannte sie übrigens „einen guten Geist“. Zugleich erinnerte sie an eine Leerstelle: „In unseren Breiten kennt man Mäzene ja nicht so.“ Menschen wie der Chirurg im Ruhestand bilden die Ausnahme. Worauf so ein Gönner seinerseits achtet? Man müsse als Förderer „auf intelligente Menschen treffen“, die etwas Gutes mit dem Geld machen, die Ideen haben - wie Peuker, „sie hat Musik in die Dübener Heide gebracht, wo es keine Musik gab“.

Zurück zu Amarcord: Fast zwei Stunden haben sie gesungen, mehrmals wurden sie auf die Bühne zurückapplaudiert, bis sie ihre Zugabe ablieferten. Und in der Pause vertrieb ganz charmant und kenntnisreich ein Knabe die CDs des Ensembles. Wer er sei?, wollte jemand wissen. Antwort: „Thomaner.“ Die Zukunft scheint gesichert.

(mz)

Sag’s mit Blumen: Konzertveranstalterin Erdmute Peuker, Kulturförderer Horst Sandner
Sag’s mit Blumen: Konzertveranstalterin Erdmute Peuker, Kulturförderer Horst Sandner
Graf