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Herz schlägt für Grün-Weiß Piesteritz Herz schlägt für Grün-Weiß Piesteritz: Legende Martin Buchheim drückt dem Verein Daumen

Von Rainer Schultz 13.11.2015, 12:36
Martin Buchheim
Martin Buchheim Thomas Klitzsch Lizenz

Seegrehna - Martin Buchheim fährt am Sonnabend in den Volkspark. „Mein Herz wird immer für Grün-Weiß Piesteritz schlagen“, sagt der frühere Stürmer, der zur FC-Elf des Jahrhunderts gehört. Buchheim, der heute seinen 67. Geburtstag feiert und vor 50 Jahren das erste Spiel für die damalige BSG Chemie bestritten hat, drückt „seiner Mannschaft“ im Landespokal-Achtelfinale, das um 13 Uhr angepfiffen wird, die Daumen.

„Bis auf die Querelen in den vergangenen zwei Jahren hat mich der Verein nie enttäuscht“, meint die Stürmer-Legende und hofft, dass Piesteritz gegen den großen Favoriten, der in der 3. Liga auf Punktejagd geht, ein „achtbares Ergebnis “ gelingt.

Begnadeter Angreifer

Wenn Buchheim sein Fußballerleben noch einmal Revue passieren lässt, blitzt in seinen Augen Begeisterung auf. „Das war die schönste Zeit meines Lebens“, klingt es fast etwas wehmütig. Der Angreifer hat während seiner aktiven Zeit den Verein nie verlassen und gehörte wie erwähnt zu den begnadetsten Spielern. Bei seinem heutigen Geburtstag werden alle Erinnerungen wieder lebendig. „Das Runde muss ins Eckige“, sagt er. Jene Binsenweisheit war einst der Leitspruch von Werner Kresin, der als B-Jugend-Trainer Buchheim das Fußball-Abc beigebracht hat. Dass er bei seinem Schützling damit offene Türen einrannte, versteht sich fast von selbst. In dem talentierten und trainingsfleißigen Buchheim fand Kresin einen „Rohdiamanten“ vor, der nur noch den nötigen Feinschliff benötigte.

Markenzeichen von Buchheim

Das Runde ins Tor zu befördern, sollte fortan zum Markenzeichen von Buchheim werden. Der oftmals strapazierte Begriff Vollblutstürmer traf hier zu Recht zu. Als Linksaußen mit der Rückennummer elf versenkte der Mann mit dem ausgeprägten Torinstinkt 285 Mal das Leder im Netz – eine Leistung, die bis heute in der Piesteritzer Vereinsgeschichte unerreicht ist. Das verschaffte ihm fünfmal den Titel eines „Torschützenkönigs“. Auch schon in den 1970er Jahren blieben solche Talente nicht verborgen. Die Späher der Oberligamannschaft vom damaligen DDR-Meister BSG Chemie Leipzig hätten Buchheim gern in ihrer Elf gesehen. „Ich hatte damals selbst Zweifel, welche Entscheidung die richtige ist. So ein Angebot bekommt man schließlich nur einmal im Leben“, so der bodenständige Buchheim, der sich für Piesteritz entschied und damit einer womöglich größeren Fußballkarriere eine Abfuhr erteilte.

Neben dem früheren Torschützenkönig gehören noch Wolfgang Knust, Hans Schulz, Fritz Knabe, Jochen Stachetzki, Wladimir Khoma, Jürgen Roscher, Rudi Frank, Heinz Trenkel, Olaf Buhle und Erwin Witteck der Piesteritzer „Elf des Jahrhunderts“ an.

Von 1965 bis 1983 spielte das heutige Geburtstagskind für die erste Mannschaft von Chemie Piesteritz, dem Nachfolger des 1919 gegründeten FC Wacker Piesteritz. Heute heißt der Verein FC Grün-Weiß. Die Männer-Mannschaften gehen in der Verbands-liga und Landesklasse auf Punktejagd. Während seiner aktiven Zeit erzielte Buchheim 285 Tore. Von 1974 bis 1976 spielte der Stürmer mehrfach für die Bezirksauswahl Halle. Als fünffacher Torschützenkönig ist seine Erfolgsquote bis heute unerreicht.

„Sehr schade“, bedauert noch heute sein einstiger Übungseiter Kresin diese Entscheidung. Nostalgie macht sich breit, wenn man sich mit Martin Buchheim über die schönste Nebensache der Welt unterhält. „Der 13. November ist neben meinem Geburtstag ein ganz besonderes Datum. Es war genau vor 50 Jahren. Ich war gerade 17 geworden. Da erhielt ich das schönste Geburtstagsgeschenk, das ich mir denken konnte. Ich durfte mit Sondererlaubnis in der ersten Mannschaft von Piesteritz unter Trainer Werner Geyer spielen. Ich war sehr glücklich und stolz zugleich“, schildert Buchheim euphorisch den für ihn so bedeutungsvollen Tag. Sein väterlicher Freund Werner Kresin hatte daran gekurbelt und alle Formalitäten erledigt.

Eindeutige Ansage

Wie besessen muss man eigentlich sein, wenn man zur eigenen Hochzeit einem wichtigen Punktspiel den Vorrang gibt. Verbürgt und unvergessen ist jene Anekdote aus dem Jahr 1972. „Ich heirate Dich nur, wenn ich danach zum Fußball nach Gräfenhainichen darf“, so die Worte, die er an seine künftige Frau richtete. Noch heute ist diese Geschichte bei Buchheims und den älteren Fußballfans allgegenwärtig. „Wir gewannen 4:2 gegen Gräfenhainichen vor 3 000 Fans. Ich erzielte drei Tore. Was will man mehr. Erst danach war der Kopf frei zum Feiern“, schildert Buchheim jenen Tag, als wäre es gestern erst gewesen. Was hat sich im Fußball seitdem verändert? „Wir sind nach dem Spiel nicht auseinander gelaufen. Wir waren elf Freunde und haben alles noch mal ausgewertet. Das war unser Erfolgsrezept. Man traf sich auch privat. Etwas, was ich heute im Fußball leider vermisse“, so der Torschützenkönig.

Feste Rituale

Heute wohnt Martin Buchheim in Seegrehna. Auch als Rentner pflegt er feste Rituale, „7 Uhr aufstehen, Kaffeetrinken, 9 Uhr kurze Fahrradrunde und eine Visite auf dem Sportplatz, wo ich mit dem Vater von Radweltmeister Bert Grabsch, Hartmut, einen kurzen Plausch mache. Mittag koche ich selbst. Nachmittags geht es auf dem Fahrrad bei schönem Wetter nach Wittenberg, wo ich oft die alten Sportfreunde treffe“, beschreibt Buchheim seinen Tagesablauf. Sonntag steht er auf dem Sportplatz und pfeift die Spiele der E-Jugend. „Das bin ich den Kindern schuldig, die mich während meiner Krankheit besuchten und mir ein nettes Erinnerungsfoto überreicht haben“, so der immer noch agile Sportsmann. „Ohne Fußball wäre mein Leben nur halb so schön gewesen“, so die Liebeserklärung an „König Fußball“. Der Name Buchheim wird in der Elf des Jahrhunderts für ewig in die Annalen des Piesteritzer Fußballs eingehen. (mz)