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Handwerk in Annaburg Handwerk in Annaburg: Lehrlinge kritisch beobachtet

Von Sven Gückel 30.08.2018, 11:31
Bui Le Duong, der sein Handwerk in Annaburg erlernte, ging die Prüfung konzentriert an.
Bui Le Duong, der sein Handwerk in Annaburg erlernte, ging die Prüfung konzentriert an. Sven Gückel

Annaburg - Wenn Bäckermeister Norbert Käpernick in seiner Backstube steht, gehört sein Blick zumeist dem eigenen Tun. Der 57-Jährige weiß, dass er sich auf seine Mitarbeiter verlassen kann und sie ihr Handwerk verstehen. Weitaus kritischer waren jedoch seine Augen dieser Tage. Vier Lehrlinge aus Dessau, Wittenberg und Annaburg hatten sich frühmorgens in seiner Backstube eingefunden, um hier ihre praktische Gesellenprüfung zu absolvieren.

Lehrlinge herausgefordert

Die Aufgaben, die vor den drei Jungen und einem Mädchen lagen, hatten es in sich. Innerhalb einer Schicht mussten sie Brot und Brötchen backen, einen Blätterteig, einen Blechkuchen sowie Snacks, Pasten und Teegebäck anfertigen. Zudem galt es, eine Buttercremetorte herzustellen.

Die Aufgabenstellung hatte Käpernick gemeinsam mit Monika Kaschke erarbeitet. Die Berufsschullehrerin vom Berufsschulzentrum Dessau kennt die vier Jugendlichen genau, hat ihnen in den vergangenen drei Jahren das erforderliche theoretische Wissen für das Backhandwerk vermittelt.

„Wer die Tagesaufgabe schafft, kann sich zu Recht als Bäckergeselle bezeichnen“, betonte Kaschke. Wohl auch deshalb merkte sie an, dass es bei der abschließenden Beurteilung der Leistungen keine Rücksichtnahme gebe. „Was man nicht verkaufen kann, taugt nichts“, so ihr klares Urteil. Die von den Lehrlingen gefertigten Produkte nahmen Norbert Käpernick und Monika Kaschke, zwei weitere Mitglieder der Bäckerinnung sowie als Vertreter der Gesellen der Annaburger Christian Hurtzig in Augenschein.

Kriterien für die abschließende Benotung waren unter anderem das Aussehen der hergestellten Backware, deren Qualität, etwa ob die Torte gleichmäßig geschichtet wurde und einen guten Aufbau besaß, aber auch die Umsetzung der Technologie. Hierunter verstehen Bäcker die richtige Verarbeitung des Blätterteigs oder die geforderte Krustenstärke bei Brot und Brötchen, sagte Käpernick.

Die von ihnen erreichte Gesamtnote bekamen die vier Prüflinge gleich vor Ort mitgeteilt. „Alle vier können mit ihrer Arbeit zufrieden sein, haben die praktische Prüfung mit unterschiedlichen Noten bestanden“, fasste Norbert Käpernick abschließend zusammen. Lediglich zwei der vier müssen sich in einem halben Jahr noch einmal vorstellen, um die theoretische Prüfung zu wiederholen. Erst dann dürfen auch sie sich Bäckergeselle nennen.

Unklare Ursache

Rundum zufrieden sind die Innungsmitglieder und Berufsschullehrerin Monika Kaschke aber dennoch nicht. Denn die Statistik besagt, dass nur etwa die Hälfte aller Bäckerlehrlinge im Handwerk bleibt. Alle anderen wechseln unmittelbar danach in andere Berufe. Woran das liegt, lässt sich nur schwer definieren. Falsche Erwartungen könnten ein Grund sein.

Dabei sind Handwerksgesellen, zumal mit in Deutschland absolvierter Ausbildung, weltweit gefragt. „Ihnen steht jede Tür offen“, weiß auch Käpernick aus eigener Erfahrung. Sein eigener Sohn Sören arbeitete lange Zeit in Wien, hätte dort durchaus bleiben können.

Inzwischen steht der 31-Jährige aber im elterlichen Unternehmen und sorgt mit dafür, dass der Name des Traditionsbetriebes seinen guten Ruf behält. Was modernes Backen heute bedeutet, lässt sich demnächst für jedermann erfahren. Aus Anlass seines 50-jährigen Firmenjubiläums öffnet der Handwerksbetrieb am 1. September von 11 bis 17 Uhr seine Backstube für einen Tag der offenen Tür.

Erwachsene und Kinder gleichermaßen können dann einmal einen Blick in die modernen Öfen des Unternehmens werfen, junge Zuckerbäcker dürfen sich zudem beim Kreieren von Naschwerk probieren. Darüber hinaus erhält jeder Besucher ein Jubiläumsbrot. (mz)

Berufsschullehrerin Monika Kaschke und Bäckermeister Norbert Käpernick begutachten die von den Lehrlingen gefertigten Brote.
Berufsschullehrerin Monika Kaschke und Bäckermeister Norbert Käpernick begutachten die von den Lehrlingen gefertigten Brote.
S. Gückel