Grün-Weiß Annaburg Grün-Weiß Annaburg: 19 Sekunden fehlen zur Sensation bei Hallenkreismeisterschaft

Wittenberg - Grün-Weiß Annaburg hat den Titel verteidigt. Der Fußball-Landesligist ist erneut - und das verdient - Hallenkreismeister. Für Furore sorgt aber ein ganz anderes Team: Pretzsch. Den Kreisoberligisten hat im Kampf um den großen Pokal praktisch niemand auf der Rechnung - mit einer Ausnahme: Ralf Jenichen.
„Das ist ein junge wilde Mannschaft. Der Auftritt in der Vorrunde in Gräfenhainichen war stark“, sagt der Trainer des Jahres, der mit Seegrehna in der Qualifikation alle möglichen 18 Punkte holt. Pretzsch reichen elf Zähler, um Victoria Wittenberg auszuschalten. Das ist die größte Überraschung der insgesamt vier Vorrundenturnieren.
Dramatik im Finale bei Annaburg gegen Pretzsch
Und jetzt sorgt der Außenseiter dafür, dass das Finale am Samstag in der Wittenberger Stadthalle ein echtes Spektakel mit Emotionen pur wird. Genau das will eigentlich der Favorit verhindern. Der Matchplan ist simpel: in Führung gehen, „hinten stabil stehen, vorne wechseln“.
Der krasse Außenseiter spielt da aber nicht. Zwar macht der Landesligist tatsächlich von der ersten Sekunde - alle Partien haben eine Spielzeit von zwölf Minuten - Druck, doch der Keeper zeigt Glanzparaden oder hat das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite. Mit zunehmender Spielzeit wird Pretzsch auch offensiv deutlich mutiger. Und das wird prompt belohnt.
Richard Baumann bringt sein Team mit 1:0 in Rührung. Jetzt wird es dramatisch. Annaburg riskiert alles, Pretzsch verteidigt mit großer Leidenschaft den Vorsprung - vor allem mit fairen Mitteln. Schiedsrichter Dirk Meißner - der beste seiner Zunft im Landkreis - muss bei aufkommender Hektik höllisch aufpassen.
Der Referee ahndet übertriebene Zweikampfhärte mit einer Zwei-Minuten-Zeitstrafe gegen Pretzsch. Das Überzahlspiel nutzt Willi Uhlitzsch zum Ausgleich. Und für die Heidestädter endet das Finale noch tragisch. Als alles mit einer Entscheidung vom Neunmeterpunkt rechnet, fällt doch noch die Entscheidung. Den Pretzschern fehlen exakt 19 Sekunden zur Sensation. Johannes Petzold sorgt für das 2:1.
„Wir haben den Sieg erzwungen“, sagt der Torschütze, der aber einräumt, dass der Erfolg wegen des späten Treffers „zwar glücklich, aber trotzdem verdient war“. Das sieht der Trainer keinen Deut anders. „Die Pretzscher haben uns das Leben schon sehr, sehr schwer gemacht. Mich hat auch schon in den Partien zuvor ihre hohe Laufbereitschaft überrascht. Aber unser Sieg war schon verdient, wir haben ja auch noch drei Pfostentreffer gehabt“, so Uwe Rohlik. Auch die Statistik spricht für den neuen Meister, der in der Meisterschaft inklusive Qualifikation ungeschlagen bleibt - bei elf Erfolgen und einem Remis.
Die Kurzanalyse beim Vizemeister fällt allerdings etwas anders aus. Nach ihrer Auffassung soll der Referee das Finale entschieden haben. „Die Zeitstrafe war unstrittig“, sagt dazu Meißner, der über große Hallenerfahrung verfügt und auch beim Dessauer Ford-Cup im Einsatz war. Seine Auffassung teilt auch die Mehrzahl der 154 Zuschauer. Es gibt aber noch eine andere strittige Szene.
Die Annaburger fordern nach einem Pfostenschuss vehement Tor. Meißner entscheidet für Pretzsch und gibt den vermeintlichen Treffer nicht. „Nach meinen Erfahrungen im Handball war der Ball nicht hinter der Linie“, sagt der Gräfenhainichener Sepp Müller, der ein Mitsponsor des Events ist und im September für die CDU das Direktmandat für den Bundestag erkämpfen möchte.
Die Siegerehrung verfolgen übrigens die Pretzscher Verantwortlichen im Gegensatz zu ihren Kollegen nur von der Zuschauerrängen aus. Die Grün-Weißen, die mit elf Spielern das größte Aufgebot stellen, erhalten die Silbermedaille und die Torjägerkrone. Daniel Pfeiffer ist der sicherste Schütze.
Enttäuscht könnten auch die Seegrehnaer über ihren dritten Platz sein. Nach sechs Siegen in der Vorrunde in Gräfenhainichen werden sie sogar als Geheimfavorit gehandelt. Aber beim Kreisoberligisten gibt es auch ohne Pokal nur strahlende Gesichter. „Wir haben uns verbessert. Im Vorjahr waren wir Vierter, jetzt Dritter. Geht das so weiter, sind wird in zwei Jahren der Meister“, lautet Jenichens humorvolle Kampfansage an Annaburg.
Das kleine Finale wird gegen Einheit Wittenberg 4:1 gewonnen. André Zeise bringt Seegrehna in Führung. Danilo Bollmann schafft den Ausgleich. Tobias Böhme sorgt mit einem Doppelpack für die Vorentscheidung. David Bischoff macht mit dem 4:1 alles klar. Bereits im Vorjahr standen sich beide im Kampf um Bronze gegenüber - mit dem besseren Ende für die Einheit. „Das war die kleine Revanche“, kommentiert Jenichen.
Die weiteren Platzierungen werden im Neunmeterschießen ermittelt. Dabei streiten sich um Rang fünf zwei Teams, die sich viel mehr ausgerechnet haben. Landesligist Elster hat in der Vorrunde in Jessen noch alle Partien gewonnen, und Abtsdorf war im Vorjahr Vizemeister. Nach dem 4:2 - es gibt immer fünf Schützen - werden sie Fünfter. Ausgerechnet der erfahren Benjamin Witt trifft nur den Pfosten für den Landesligisten Elster, der mit dem kleinsten Aufgebot - nur sechs Spieler - angereist ist.
Piesteritz spielt gegen Zschornewitz
Auch im Kampf um Platz sieben treffen zwei Enttäuschte aufeinander. Die Zschornewitzer haben die Qualifikation in Gräfenhainichen überraschend gewonnen, und der Verbandsligist Piesteritz hat auf etwas mehr gehofft. Die Volkspark-Kicker gewinnen 4:3. „Wir wollten Spaß haben und uns nicht verletzen“, sagt Übungsleiter Nico Pelz. Diese Ziele seien erreicht.
Zunächst will der Coach - vom Schweigegelübde des Cheftrainers Heiko Wiesegart geht offenbar eine Ansteckungsgefahr aus - gar nicht mit der Presse reden, räumt aber ein, „man geht in jedes Turnier, um zu gewinnen“. Die Piesteritzer erwischten aber eine schwere Vorrundengruppe. Mit Annaburg, Abtsdorf und Seegrehna treffen die Grün-Weißen gleich auf drei Teams der ersten Vier aus dem Vorjahr.
„Mit etwas mehr Glück, hätten wir uns auch für das Halbfinale qualifizieren können“, so Pelz. Die stärkste Leistungen liefert sein Team beim 1:1 gegen Annaburg ab. Zunächst geht der Meister durch Marcel Schnabel, der einen kapitalen individuellen Fehler nutzen kann, in Führung. Jonny Karaschewski kann aber ausgleichen.
Und die Zschornewitzer können nicht an ihre Leistung von der Vorrunde anknüpfen, weil zwei Leistungsträger ersetzt werden müssen. „Aber wenigstens eine Mannschaft aus der Einheitsgemeinde Gräfenhainichen hat sich qualifiziert“, so Sepp Müller. Platz neun geht übrigens kampflos an Zahna, weil Jessen aus Zeitgründen - es stand am Nachmittag noch ein Test auf dem Programm - verzichtet. (mz)
