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Gartenreichtag in Wörlitz Gartenreichtag in Wörlitz: Um elf mit Hut

02.08.2016, 07:35
Hutmode, wie sie in Ascot dazu gehört. Was wird Wörlitz beim ersten Elevenses zu bieten haben?
Hutmode, wie sie in Ascot dazu gehört. Was wird Wörlitz beim ersten Elevenses zu bieten haben? Archiv/DPA

Wörlitz - Einmal im Jahr, am zweiten Sonnabend im August, erinnert der Gartenreichtag an den Geburtstag von Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (10. August 1740). In diesem Sommer wird der Tag am 13. August mit zahlreichen Veranstaltungen gefeiert. Neu unter den Ausrichtern besonderer Angebote ist Sven Kielgas, seit Ostern Eigentümer des Amtshauses der Wörlitzer Domäne. Am 13. August gibt es bei ihm ein Elevenses unter dem Motto „Um elf mit Hut“. Im Gespräch mit MZ-Mitarbeiterin Ilka Hillger spricht der anglophile Münchner darüber ebenso wie über Hüte und den Brexit.

Was ist ein Elevenses?

Kielgas: Das ist das Vormittagspendant zur englischen Teatime am Nachmittag. Vor allem um 1900 trafen sich die eleganten Damen um 11 Uhr zum Tee oder Kaffee.

Bei Ihnen gibt es aber mehr als ein Treffen um 11 Uhr?

Kielgas: Natürlich, wir erwarten die Damen und wollen an diesem Tag die schönste Hutkreation küren, denn damals wie auch heute ist Hut bei den Elevenses Pflicht.

Das klingt sehr britisch und sehr spleenig.

Kielgas: Warum auch nicht? Das Gartenreich ist das Englischste, das auf deutschem Boden existiert. Fürst Franz hat die englischen Ideen auf den Kontinent gebracht. In der Domäne lebte und wirkte Georg Friedrich von Raumer, der Englands wichtigste Innovationen in der Landwirtschaft in Wörlitz übernahm. Da ist es doch nur legitim, wenn wir jetzt wieder etwas englischen Geist in die Domäne bringen. Man kann uns gewissermaßen als kleine englische Botschaft begreifen.

Und in dieser Botschaft trägt man Hut?

Kielgas: Genau, zumindest würden wir uns das bei den Damen am 13. August wünschen. Je aufwändiger und spektakulärer desto besser. Präsentieren dürfen sich die Damen mit Hut auf der Freitreppe in den Garten, eine Jury wird Punkte vergeben und drei Preise sind zu gewinnen.

Hüte haben hierzulande keinen leichten Stand. Wird das beim Gartenreichtag klappen?

Kielgas: Ich hoffe doch. In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass Hut wieder im Kommen ist.

Wie viele Hüte haben Sie denn im Schrank?

Kielgas: Mindestens zwei Dutzend für viele verschiedene Gelegenheiten.

Der Gartenreichtag dieses Sommers hat am 13. August das Motto „Gut gebaut - Bau.Kunst.Landschaft“. An diesem Tag steht das Verbindende zwischen den Park- und Schlossanlagen, zwischen den Städten Dessau und Oranienbaum-Wörlitz im Vordergrund. Unter besagtem Motto geben vielfältige Veranstaltungen Einblicke in das Gartenreich Dessau-Wörlitz - eine einzigartige Kulturlandschaft, die im Jahr 2000 mit dem Welterbestatus

der Unesco ausgezeichnet wurde. Vor allem eine Busrundfahrt wird sich der Architektur und Gartenkunst in und um Dessau widmen. In der Kostümführung „Architektour“ durch die Wörlitzer Anlagen haben die Besucher Fürst Franz an ihrer Seite.

Das ganze Programm im Netz: www.woerlitz-information.de

Welche Vorzüge haben Hutträger?

Kielgas: Zuerst einmal halte ich es für einen großen Zivilisationsverlust, dass in der Masse kaum noch Hut getragen wird. Hut lohnt sich immer. Ganz praktisch ist ein Hut erst einmal ein guter Schutz in der Sonne und bei Kälte. Aber sein Nutzen geht weit darüber hinaus. Mit einem Hut kann man viel ausdrücken und auch kommunizieren. Man kann ihn vor jemandem ziehen, ihn nur lüpfen, mit zwei Fingern an die Krempe tippen oder auch vor die Brust ans Herz drücken. Da gibt es viele wundervolle Gesten des Anstandes. Nicht zu vergessen ist die Vielfalt der Modelle. Ich trage gerne einen Bowler. Es gibt aber auch wunderbar legere Modelle für junge Männer. In den großen Städten sieht man wieder mehr damit.

Kann der Hut in der hiesigen Region ein Comeback feiern?

Kielgas: Warum nicht. Gartenreich und Hut passen jedenfalls zusammen. Ich denke, viele würden gerne mehr Hut tragen, sie trauen sich aber nicht, weil sie sich als Einzelne einsam damit fühlen. In einer größeren Gruppe mit Gleichgesinnten ist man mutiger.

Beispielsweise beim Pferderennen?

Kielgas: Ja, da sieht man dann schon sehr gewagte Exemplare. Bestes Beispiel für die Kleidsamkeit von Hüten sind natürlich englische Serien. Aus neuer Zeit „Downton Abbey“ und aus früheren Jahren „Upstairs, Downstairs“, in Deutschland besser als „Das Haus am Eaton Place“ bekannt. Das habe ich als Kind geliebt, allerdings immer im Original gesehen.

Ihre Liebe zu England rührt also aus jungen Jahren?

Kielgas: Auf jeden Fall, das lag wohl auch an meinem britischen Onkel. Mit meinem Freund reise ich viele Male im Jahr nach England, jetzt wieder nach London zu einer Kunstmesse.

Mit dem Brexit dürfte es nicht an Gesprächsthemen mangeln. Was haben sich die Briten nur dabei gedacht?

Kielgas: Ich habe völlig falsch gelegen. Ich hätte wirklich gedacht, dass es sehr knapp wird, aber die Vernunft am Ende siegt. Die jetzige Entscheidung finde ich absolut bedauerlich. Wir Deutschen haben auch durch die Briten gelernt, was Weltoffenheit bedeutet, und nun passiert so etwas. Klugheit sieht anders aus. Nur die Schotten wissen, was auf dem Spiel steht.

Am 13. August beweisen Sie dann aber doch, dass man England trotzdem lieben muss. Was bieten sie Ihren Gästen neben schönen Hüten?

Kielgas: Da gibt es den Dessauer Frank Meinel. Er ist eigentlich Installateur und sammelt Grammophone. Die bringt er mit zu uns und seine beachtliche Sammlung an Schallplatten. Mit englischen Rosen findet sich Matthias Prasse vom Kreuzrittergut Buro ein, dann kommt besagte Hutmacherin aus Berlin, Petra Benz, mit ihren Kreationen. Als passendes Getränk reichen wir den Pimm’s cup. Der Erlös aus dem Verkauf des Cocktails soll an die Freunde des Gartenreiches für die Vollendung des Raums „Sonne“ gehen.

Was braucht man, um vorab schon mal einen Pimm’s cup in lauer Sommernacht zu trinken?

Kielgas: Basis ist der Kräuterlikör Pimm’s. Dazu kommen Zitronenlimonade, etwas Gurke, Zitronen- und Orangenscheibe, Erdbeerstücke und Eis. Das perfekte Sommergetränk.

(mz)

Sven Kielgas
Sven Kielgas
Archiv/Klitzsch