Abtsdorf Frank Meinel sammelt Grammophone, Schelllackplatten und sorbische Ostereier.

Abtsdorf - Frank Meinel hat als Jugendlicher mal Briefmarken gesammelt. Seine Alben bekam ein junger Lehrer als Lohn für den Nachhilfeunterricht, der dem jungen Meinel die Prüfungsergebnisse rettete, um eigentlich Elektriker zu werden. Am Ende standen dann doch die Lehre zum Installateur und ein paar Jahrzehnte ohne ernsthafte Sammelei. Der 56-Jährige hatte schließlich ab 1991 eine eigene Firma aufzubauen.
Genügt hat ihm der Beruf allerdings nie. „Ich wollte nicht der einfache Installateur sein, sondern lieber immer mal ausbrechen“, sagt Frank Meinel. Der Ausbruch aus dem Alltag gelingt dem Wittenberger mit eigenem Geschäft für Heizungs- und Sanitärtechnik und drei Mitarbeitern in der Dessauer Straße auf vielfältige Weise: mit Grammophonen und Schellackplatten, mit sorbischen Ostereiern, mit Weinstöcken und mit einem Backofen. Das sind so ziemlich alle Hobbys des Geschäftsmannes.
Mitte August, beim Gartenreichtag in Wörlitz, war er in der Domäne mit der musikalischen Seite seiner Steckenpferde zu erleben. Da zeigten die Damen bei einem Wettbewerb stolz ihre Hüte und Meinel lieferte mit zwei Grammophonen die zeitgemäßen Melodien dazu, Schlager aus den 1920er und 1930er Jahren. „Das ist meine Sammelrichtung“, sagt er. Da gibt er auch mal 300 Euro für eine Platte mit den Comedian Harmonists oder Zarah Leander aus.
Vor einem Jahrzehnt waren Grammophone für Meinel noch ein Kasten mit sieben Siegeln. „Das erste habe ich mit meinem Sohn auf einem Berliner Flohmarkt gekauft“, erinnert er sich. Es war mehr ein Gaudi. Vom Verkäufer gab es noch eine Handvoll Nadeln dazu. Als Frank Meinel um ein Nadelkästchen bat, sollte er 80 Euro zahlen. „Da habe ich erst gemerkt, was so unter Sammlern abgeht.“
Nun ist er längst selbst einer. Hat drei Apparate zum Abspielen, eine Plattensammlung, um über mehrere Abend ohne Strom zu kommen, denn den braucht es nicht, um Musik aus alten Zeiten zu hören. „Vor allem Frauen sind begeistert“, hat Frank Meinel gemerkt, wo auch immer er ein Grammophon aufstellte. Und der Geselligkeit ist solch eine Unterhaltung natürlich sehr zuträglich, mindestens ebenso wie der Wein, den der 56-Jährige bei privaten Feiern gerne kredenzt: einen Burgunder aus Abtsdorf.
Dieser Wein ist Meinels ganz persönliche Entdeckung aus lehmigem Boden. Die Wurzeln der alten Rebstöcke hatte er als Jugendlicher an den Resten des Rittergutes aus der Erde geholt. „Zunächst passierte lange nichts und dann kamen die ersten Senker“, weiß Frank Meinel noch. Jahrzehnte später ist er um einiges schlauer. Der Wein ist ein Burgunder, hat er vom befreundeten Winzer erfahren, vielleicht waren es französische Offiziere, die ihn im 19. Jahrhundert anpflanzten. „Er hat es auf jeden Fall in sich“, sagt der Hobbyweinbauer, der seinen kleinen Ertrag mit Freunden trinkt und die Flaschen mit dem Familienwappen etikettiert.
Andererseits könnte auf dem Wappen auch problemlos noch ein sorbisches Ei Platz finden, denn dieser spezielle Osterschmuck beschäftigt den Installateur zumindest im Frühjahr fast ausschließlich. „Vor Ostern sitze ich manchmal Tag und Nacht an den Eiern“, meint er. 30 bis 40 Exemplare entstehen so pro Jahr und werden verschenkt.
Kunstvoll verzierte Ostereier und ein Mann. Da muss Frank Meinel öfter mal beantworten, wie es dazu kam. Die Schuld kann er seinem Cousin geben, der aus der Lausitz stammt und dem Wittenberger Vetter irgendwann mal in den Sommerferien in die sorbische Eierkunst einwies. Meinel hat sie verfeinert, hantiert inzwischen mit ausgeblasenen und nicht mehr mit gekochten Eiern und nimmt sich vier bis fünf Stunden Zeit für die verzierte Farbenpracht eines Exemplares. „Da braucht man natürlich eine ruhige Hand“, sagt er. Ansonsten sind die Zutaten überschaubar: Bienenwachs, Alu-Löffel, eine halbe Kartoffel und Hühnerfedern, dazu die Farben und natürlich ordentlich Fantasie für die filigranen Muster. „Meine Frau und meinen Sohn habe ich längst angesteckt“, sagt Frank Meinel. Eine ganze Reihe von Freunden noch dazu, denn zuweilen sitzt man in großer Runde, schmückt Eier, trinkt Burgunder, hört Grammophon und genießt schließlich noch das Brot aus dem großen Backofen des Gartens in Abtsdorf.
„Der Ofen ist noch gar nicht so alt, etwa sieben Jahre“, so Frank Meinel. Eines der neueren Steckenpferde also, mit denen der Installateur seinen Alltag spannend hält. Mutters Erzählungen hatten einen großen Anteil am Ofenbau-Projekt. Einst war es schließlich auf dem Dorf ganz selbstverständlich, dass in einem großen Ofen der Kuchen und die Brote gebacken wurden. So weit ist es bei den Meinels jedoch noch nicht. Mit Kienäppeln heizt er dem guten Stück bei Geburtstagen und Feiern ein. Brot, Kuchen oder auch mal ein Wildschweinbraten kommen dann auf den Tisch. Ausgetauscht wird sich bei der Gelegenheit gerne mal über die Hobbys der anderen Gäste. Mit Frank Meinels Vielfalt kann jedoch kaum jemand mithalten.
Viel Neues will der 56-Jährige allerdings nicht hinzukommen lassen. „Ich bin voll ausgelastet. Jetzt geht es eher darum, alles zu erhalten und zu perfektionieren“, sagt er. Seine Hobbys seien jedenfalls ein guter Ausgleich zum täglichen Umgang mit der Heizungs- und Sanitärtechnik.
(mz)