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Erinnerungen an die Wende Erinnerungen an die Wende: Zahna zeigte Landwirtschaftstechnik aus dem Westen

Von Ute Otto 05.05.2020, 09:24
Dieses Bild zeigt sich heute zumeist auf den Ackerflächen: moderne Maschinen kommen zum Einsatz.
Dieses Bild zeigt sich heute zumeist auf den Ackerflächen: moderne Maschinen kommen zum Einsatz. Thomas Christel

Zahna - Aufsehen erregendes Geschehen am 28. März 1990 in Zahna: Zwei Sattelzüge mit Westkennzeichen, beladen mit Landwirtschaftsgeräten, fahren in der Ottmannsdorfer Straße in Zahna vor. Sie kommen aus dem niedersächsischen Hasbergen-Gaste. Dort haben die Dreyer Amazonenwerke ihren Sitz, die bis heute zu den führenden Herstellern von Bodenbearbeitungs-, Drill- und Düngetechnik in Deutschland gehören.

Der Zallmsdorfer Artur Möbius, damals stellvertretender Technischer Leiter der LPG Pflanzenproduktion Zahna, hat eine Vorführung solcher Gerätschaften in Zahna organisiert. Der Termin wurde über eine Anzeige in der MZ vom 27. März 1990 bekannt gegeben.

Was gezeigt wurde

„Ich hatte da schon meine Bewerbung als Ost-Werksbeauftragter bei Amazonen laufen“, erzählt Möbius. „Da haben die mich gefragt, ob ich so etwas organisieren könnte.“ Der damalige LPG-Vorsitzende Klaus Koschek habe ihn dabei sehr unterstützt.

Die LPG hat Flächen zur Verfügung gestellt, auf der Traktoren von John Deere - „die hatten sich irgendwie mit eingeklinkt“ mit den Eggen, Drillmaschinen und Düngerstreuer im Schlepp ihre Runden drehen konnten. Geschätzt 500 bis 1.000 Zuschauer waren gekommen, so Möbius.

Rütteleggen, kombinierte Grubber-Scheibeneggen, die zugleich pflügen und Schollen zerkleinern, so dass Strohstoppeln oder Zwischenfrüchte gehäckselt und gleichmäßig verteilt werden, Düngerstreuer mit 30 Metern Wurfweite waren zu sehen, Drillmaschinen mit sechs Metern Arbeitsbreite und Fahrgassenschaltung. „Da waren sie der DDR-Technik überlegen.“

Die gezeigten Amazonen-Geräte waren zur Bearbeitung großer Flächen ausgelegt. Kurz nach dem Mauerfall konnte aber noch niemand wissen, wie sich die Struktur der Landwirtschaft in Ostdeutschland entwickeln würde.

Es gab sehr wohl Bestrebungen, die LPG zu zerschlagen. Dass die meisten Landeigentümer ihre Flächen in den Genossenschaften beließen, erklärt Artur Möbius so: „Viele hatten in den 40 Jahren kollektiven Wirtschaftens verlernt, Bauern zu sein. Sie konnten gar nicht mehr selbständig wirtschaften.“

Die Vorführung in Zahna hatte noch ein Nachspiel. Für weitere Veranstaltungen dieser Art in anderen Regionen hatten die Hasberger einige Geräte in Zahna gelassen.

Weil die aber bei der Einreise in der DDR am Zoll deklariert werden mussten und nun bei der Ausreise fehlten, gab es für die Amazonen-Vertreter Ärger an der Grenze. „Und ich habe mehrfach Besuch vom Zoll bekommen“, erzählt Artur Möbius. Der betreffende Fahrer habe dann bis zum 3. Oktober 1990 den Grenzübergang gemieden.

Beruf und Leidenschaft

Der Zallmsdorfer wurde mit diesem Tag Amazonen-Werksbeauftragter für ganz Ostdeutschland. Er hat das Händlernetz aufgebaut und die Vertriebspartner betreut, war für das Unternehmen auf der größten europäischen Landwirtschaftsmesse „Agritechnika“ präsent und das bis zum Eintritt in den Ruhestand vor 17 Jahren. „Ich war viel unterwegs und ich habe das sehr gern gemacht.“

Er erzählt, wie er zu den Amazonen-Werken gekommen war: „Ich durfte 1985 rüber zum 50. Geburtstag meines Bruders. Wie es andere bei der Gelegenheit in die Kaufhäuser gezogen hat, wollte ich lieber Landwirtschaftstechnik sehen, also bin ich da hin, wo es was zu sehen gab.“ Die Leidenschaft hat den 80-Jährigen bis heute nicht losgelassen. Im Förderverein Bauernmuseum Zahna kümmert er sich um die Pflege der historischen Landmaschinen. (mz)

Die Anzeige am 27. März 1990 in der MZ
Die Anzeige am 27. März 1990 in der MZ
Otto