Demografie und Arbeitsmarkt Demografie und Arbeitsmarkt: Berufsberatung aus einer Hand

Wittenberg - Der Druck ist hoch. Da gibt es zum einen die Prognose, dass in wenigen Jahren auf zwei Menschen im Landkreis, die ihren wohlverdienten Ruhestand antreten, nur ein Schulabgänger kommt. Ein Dilemma für Unternehmen, die mit einiger Wahrscheinlich händeringend nach Leuten suchen werden.
Zum anderen ist es bereits jetzt so, dass (neben etlichen Jobs) zur Verfügung stehende Ausbildungsstellen nicht besetzt werden können. Die Situation hat sich eben grundlegend geändert.
Aktuell stehen nach Angaben von Sabine Edner, Chefin der Agentur für Arbeit, 653 gemeldeten Lehrstellen lediglich 520 junge Leute gegenüber, die einen Ausbildungsplatz suchen. Im vergangenen Jahr konnten für an die hundert Lehrstellen keine geeigneten Jugendlichen gefunden werden.
Letztlich bedeuten diese Befunde: Die Schulabsolventen, die da sind und sich in Richtung Berufsausbildung orientieren, müssen gehalten werden. „Sie werden hier dringend gebraucht“, betont Edner und fügt hinzu: „Wir müssen den jungen Leuten klar machen, dass sie eine Chance haben in der Region. Jeder kann hier eine Stelle finden.“
Genau da setzt eine neue Initiative an, ein Landesprogramm namens „rümsa“, was die Abkürzung ist für den sperrigen Titel „Regionales Übergangsmanagement Sachsen-Anhalt“. Das rümsa-Projekt startete am Mittwoch mit einem Treffen in der Aula des Luther-Melanchthon-Gymnasiums, zu dem jene eingeladen waren, die schon jetzt mit dem Thema Berufsorientierung zu tun haben: etwa Schulsozialarbeiter, Berufseinstiegsbegleiter, Berufsorientierungslehrer.
Ihnen ist das Programm „rümsa“, bei dem neben der Arbeitsagentur auch der Fachdienst Jugend des Landkreises, Jobcenter und Landesschulamt eingebunden sind, vorgestellt worden. Dass schon jetzt eine Reihe von guten Initiativen existieren, um den Übergang von der Schule in den Beruf möglichst reibungslos zu gestalten, räumt Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) ein.
„rümsa“ soll nun bündeln, Ziel ist der Aufbau einer so genannten Jugendberufsagentur, um jungen Menschen im Landkreis ab 2020 „den Weg in den Beruf aus einer Hand zu ermöglichen“. Eingeschlossen ist eine virtuelle Anlaufstelle, eine Webseite mit Praktikumsbörse und Berufsorientierungsangeboten.
„rümsa“ soll helfen, diverse Probleme in den Griff zu bekommen. Die sieht Landrat Dannenberg unter anderem in der hohen Quote derer, die ihre Ausbildung abbrechen. Das hat nach seinen Worten unter anderem mit falschen Vorstellungen über Beruf und Alltag in den Betrieben zu tun.
Beikommen könne man dem mit Praktika, die aber eben auch koordiniert werden müssten, damit die Schulen nicht überfordert werden. Dannenberg benennt allerdings auch die Schwierigkeiten, die etliche junge Leute haben, sich dem neuen Umfeld anzupassen.
Ihnen falle bisweilen schwer zu akzeptieren, dass „Lehrjahre keine Herrenjahre“ sind. Es geht also darum, Anforderungen und Wünsche unter einen Hut zu bringen - und möglichst auch junge Leute mit weniger guten Zeugnissen zu integrieren. „Assistierte Ausbildung“ nennt sich das diesbezügliche Unterstützungsprogramm. (mz)