Debatte in der Dübener Heide Debatte in der Dübener Heide: Darf der Biber alles?

Gräfenhainichen - Der Biber ist das Wappentier der Dübener Heide. Er ist heimisch im Naturpark. Aktuell sei nahezu jedes Gewässer vom Biber besiedelt, erklären Vertreter des Vereins Dübener Heide. Den Bestand beziffern sie auf 300 Tiere.
Zu viel? Ein Ja oder Nein gibt es nicht im Positionspapier „Mensch und Biber“, das derzeit in kommunalen Gremien der Heidegemeinden diskutiert wird. „Es geht um Vernunft. Um Handlungskompetenz statt Ohnmacht“, betont Heidevereinsvorsitzender Axel Mitzka. Mensch und Biber in Nachbarschaft kann funktionieren.
Gerät das Gleichgewicht allerdings in Schieflage, muss gehandelt werden. Das ist die Botschaft des Vereins und der Heidekommunen. „Es geht uns ganz klar auch um Standortfragen, um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“, so Mitzka.
Der Biber ist mancherorts zum Problemtier geworden. In der Köhlerei am Eisenhammer gilt er als maßgeblich verantwortlich für Vernässungsschäden, die den Betrieb des Traditionsunternehmens über kurz oder lang in Frage stellen. „Um es aber klar zu sagen. Das Positionspapier ist nicht erst wegen der Geschehnisse rund um die Köhlerei entstanden“, betont Gräfenhainichens Bürgermeister Enrico Schilling (CDU).
Es geht ums Ganze. Wenn auch einem Traditionsbetrieb damit geholfen wird, ist das in Ordnung.
Mensch und Biber. Alles passte. Bis das Tier für sich immer neue Räume erschloss, Dämme baute und das so angestaute Wasser Dutzende Hektar Land zu Seen werden ließ. Schäden sind nicht von der Hand zu weisen. Unter anderem im Hammerbachtal sind zahlreiche Bäume abgestorben.
„Der Biber hat eben eine Plakette um den Hals und darf deshalb so ziemlich alles tun“, zeigt Gräfenhainichens Bau- und Wirtschaftsausschussvorsitzender Michael Walther (Linke) seine Ohnmacht. Bewegungsstarre angesichts strenger Schutzbestimmungen? Im Heideverein sieht man das nichts so. „Das Papier ist ein Appell an die Gesetzgeber. Sie sollen erkennen, dass lokale Handlungskompetenz hilfreich ist“, ist Enrico Schilling überzeugt.
Er sieht sich eins mit den Verantwortlichen in der Gemeinde Muldestausee, der Stadt Kemberg und im Landkreis. Er fordert mehr Spielraum für die lokale Ebene. Natürlich unter Berücksichtigung der Naturschutzgesetze. „Wenn bei mir einer auf der Matte steht, weil er mit seinem Grundstück abgesoffen ist, kann ich nicht wochenlang auf eine Stellungnahme der Biberreferenzstelle warten. Das versteht niemand. Das kann ich auch niemandem vermitteln.“
Der Heideverein und die Kommunen denken praktisch. Sie fordern eine breite Diskussion darüber, „wie viel Biber die Region verträgt“. Das schließt bestandsregulierende Maßnahmen ein. „Wir wollen hier keinen Biber totschießen. Aber wir sollten auch Biberentnahmequoten festlegen“, so Schilling. Die Botschaft ist deutlich: Der Biber soll bleiben. Er soll aber nicht über die Stränge schlagen.
Geraten wird außerdem zum Blick über die Landesgrenze nach Sachsen. Anders als in Sachsen-Anhalt gibt es dort noch die Schnelle Eingreiftruppe Biber. Mit Sachverstand agieren deren Mitarbeiter und entscheiden, wo und wie regulierend eingegriffen werden soll, eventuell Deiche geschlitzt oder abgetragen werden müssen. Kompetenz vor Ort hat Gewicht. Der Naturschutz ist nicht außer Kraft gesetzt. (mz)