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Aktion in Buko Buko: Familie Hentschel kocht Pflaumenmus für die Kirchenorgel

Von Ilka Hillger 28.09.2016, 04:00
Wilfried Hentschel präsentiert Pflaumenmus aus Buko.
Wilfried Hentschel präsentiert Pflaumenmus aus Buko. Thomas Klitzsch

Buko - Buko schwelgt in Pflaumenmus. Der süße Aufstrich wird im kleinen Dorf nicht knapp, rund 300 Gläser hat der Ort gekocht. Beschäftigt hat der Akt des Mus-Kochens 25 Frauen und Männer an einem Samstag im September.

Die mehrstündige Arbeit hat sich gelohnt. „Es schmeckt vorzüglich“, findet Wilfried Hentschel. Der Gemeindekirchenrat ist gewissermaßen der Mus-Anführer im Dorf.

Tradition im Fläming geht verloren

Fastnachten, Schlachtfeste, gemeinsames Brot backen und Mus kochen – dies zählt Hentschel als Traditionen des Flämingortes auf. „Aber es gerät in Vergessenheit. Meist gibt es die technischen Voraussetzungen gar nicht mehr, die Einkaufsgewohnheiten haben sich geändert“, erzählt er. Nicht aber bei den Hentschels. In der Familie werden seit Jahrzehnten die Pflaumen zu Mus, und in diesem Sommer geschah dies mit anderen Enthusiasten für einen besonderen Zweck.

Dafür führt die Geschichte zurück in die Zeit des Ersten Weltkrieges. Die Bukoer wurden ihrer Orgelpfeifen beraubt. „Orgelpfeifen zu Kanonen“ war damals die Devise, erst die Kirchenglocken, dann die Blitzableiter und schließlich die Pfeifen der Kirchenorgel fielen im Sommer 1917 der Rüstungspolitik zum Opfer und wurden eingeschmolzen.

Orgelpfeifen wurden nach 1. Weltkrieg in Naturalien bezahlt

Nach dem Krieg sollten neue her, doch es fehlte am Geld. Die Bukoer bezahlten den Orgelbauer deshalb in Naturalien. Sagenhafte 3.050 Pfund Kartoffeln, 200 Pfund Hafer und 100 Pfund Roggen waren der Lohn, den 36 Familien aufbrachten. Fast 100 Jahre später braucht es für die Bukoer Orgel eine ähnliche Aktion. Nach der damaligen Reparatur 1921 ist am Instrument nicht mehr viel passiert.

„Die Sanierungskosten werden je nach Aufwand zwischen 50.000 und 80.000 Euro geschätzt“, sagt Hentschel. Weil aber heute kein Orgelbauer mit Kartoffeln zufrieden zu stellen ist, bedarf es anderer Mittel. Da sind natürlich Fördermittel und Zuschüsse, aber die Gemeinde will auch ihren eigenen Beitrag leisten: mit Pflaumenmus, das für den guten Zweck gekocht wurde.

Pflaumenmussamstag bei Familie Hentschel in Buko

„Die Bäume hingen voll und zum Glück haben wir im Wirtschaftsgebäude die Feuerstelle drin gelassen“, so Wilfried Hentschel. Ein Kessel, der 150 Liter fasst, ein gutes Rezept, jede Menge Pflaumen und viele fleißige Hände waren die Zutaten für den Pflaumenmussamstag, der am frühen Morgen begann.

„Ich selbst hatte mit Helfern schon 150 Kilogramm gesammelt“, berichtet der Gemeindekirchenrat. Dies war seine Reserve, denn es war nicht abzuschätzen, mit welchem Obstbeitrag die Bukoer dem Aufruf folgen würden.

Muskelkater nach Pflaumenmussamstag in Buko

Die Resonanz hat Hentschel dann doch überrascht. „Am Ende waren es 350 Kilogramm.“ Viel zu viel für einen Kessel und so installierte man kurzerhand auf dem Hentschel-Hof eine Außenstelle. Wascher und Schneider machten sich an die Arbeit, dann kamen die sechs Rührer. „Die hatten am nächsten Tag Muskelkater“, weiß Wilfried Hentschel.

Neun Stunden kreisten sie mit der Rührkelle überm Topfboden und verhinderten das Anbrennen. Gut so, herausgekommen ist ein leckeres Mus in zwei Varianten, traditionell mit Pflaumenmusgewürz und grünen Walnüssen, die andere Version mit etwas Holundersaft verfeinert.

Pflaumenmus aus Buko kostet vier Euro

„Nun stehen die Gläser zum Verkauf. Mit vier Euro kann man helfen, dass unsere Orgel saniert werden kann“, wirbt Hentschel um Käufer. „Wir hoffen, dass dies in den nächsten zwei, drei Jahren passieren wird. Aber irgendwann musste man mit einer Aktion mal anfangen“, findet er.

In der Woche darauf fand das Mus übrigens schon die ersten Abnehmer. Da hatte der Heimatverein Düben zu einer Wanderung eingeladen, die zum so genannten Totschlagberg führte. Aus Düben, Buko, Hundeluft, Luko und Bräsen setzten sich Wanderfreunde in Bewegung. Am Ziel gab es natürlich Musbrötchen. Und Wilfried Hentschel, der in Düben die Gärtnerei leitet, geht nun an keinem Tag ungestärkt an die Arbeit. „Am besten schmeckt unser Pflaumenmus auf frischem Mischbrot“, wirbt er.

Pflaumenmus gibt es bei Wilfried Hentschel, 034903/6 44 17. (mz)