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Buchvorstellung in Pretzsch Buchvorstellung in Pretzsch: Hexenverbrennung, 30-jähriger Krieg und ein Fluch

Von Marcel Duclaud 15.05.2019, 10:18
Sybille Zugowski hat ihr neues Buch in Pretzsch vorgestellt - in Tracht und mit kleinen gespielten Szenen.
Sybille Zugowski hat ihr neues Buch in Pretzsch vorgestellt - in Tracht und mit kleinen gespielten Szenen. Leserfoto

Pretzsch - Was die Geschichte der geschichtsträchtigen Stadt Pretzsch betrifft, da ist Sybille Zugowski inzwischen Expertin. Seit fünf Jahren verfasst die Hobby-Autorin jene Theaterstücke, die stets mit großem Erfolg bei den Eberhardinen-Festen aufgeführt werden. Die Heilpädagogin, die das Mehrgenerationenhaus in Dommitzsch leitet, kümmert sich mit Unterstützung ihres Mannes und zahlreicher weiterer Pretzscher auch um das Einstudieren.

„Ich bin“, sagt sie, „längst Stammgast im Heimatmuseum.“ Dort findet sie in Chroniken und alten Kirchenbüchern die Anregungen für ihre Stoffe. Das Schreiben ist schon lange ihre Passion: „Andere gehen angeln, ich schreibe, weil es mich drängt.“ Manchmal sei sie selber neugierig, wie sich die Geschichten entwickeln.

Nach Kinderbüchern (Oskar und das Traumwesen, Elli Wunschente) und Kurzgeschichten für Erwachsene (Zehn kleine Schmetterlinge) liegt nun ihr erster großer Roman vor, der stattliche 488 Seiten umfasst. Thema ist natürlich: Pretzscher Historie.

Die Autorin schöpft aus ihrem umfangreichen Wissen und verknüpft in dem Buch mit dem Titel „Pritocini, der Fluch“ Fiktives mit tatsächlichen Ereignissen. „Etliche Personen, die eine Rolle spielen, hat es wirklich gegeben.“ Im Register sind die Namen fett gedruckt. Andere Figuren hat die Pretzscherin frei erfunden.

Nichts mit Eberhardine

Die Geschichte, die erzählt wird, spielt zwischen 1611 und 1638, dem Jahr, als Pretzsch im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde. Mit Bedacht hat Sybille Zugowski eine Zeit gewählt, die nichts mit Christiane Eberhardine, der Kurfürstin von Sachsen, die die Stadt stark prägte, zu tun hat: „Es gab auch schon vorher aktives Leben hier.“

Zentrales Ereignis ist die Verbrennung der letzten „Hexe“ dort, wo heute der Schlosspark ist, einst lebte da der Henker von Pretzsch. Die unschuldige Frau, die in den Flammen starb, hinterlässt einen Fluch, in dem es heißt: „Der weiße Rabe klagt euch an, verfolgen wird er jedermann, der Schuld auf sich geladen hat.“

Einen großen Batzen Schuld auf sich geladen hat zum Beispiel Graf Candrowski, der die fünfzehnjährige Amanda, das Mündel des Erbmarschalls Löser heiratet.

Auf dem Weg zum Schloss entledigt er sich eines Zeugen, der beobachtete, wie er einst seine zwei Brüder beseitigte. Den Mord wiederum hängt er jener armen Frau an, die auf dem Scheiterhaufen endet. In diese gruselige Story eingebettet ist die Entwicklung von Pretzsch in diesen Jahren.

Das Handwerk der Henker

Um das Leben der Bauern geht es ebenso wie um das Handwerk, zum Beispiel das der Steinmetze, die Portale geschaffen haben, von denen heute noch einige existieren. Intensiv widmet sich Sybille Zugowski einem anderen Handwerk, dem der Henker.

Unter denen gab es Raufbolde und Sadisten, berichtet sie, aber eben auch jene, die eher unfreiwillig in den Job gerieten. Wenn ein zum Tode Verurteilter mangels Henker nicht hingerichtet werden konnte, wurde er begnadigt, so er sich bereit erklärte, selber Henker zu werden. Damals übrigens sei es nicht üblich gewesen, dass Henker im eigenen Ort richten. Nach Pretzsch kam deshalb zum Beispiel der Scharfrichter aus Torgau - Justus Hamme, den Mann gab es tatsächlich.

Der historische Roman, an dem die Autorin etwa ein Jahr gearbeitet hat und der professionell lektoriert wurde, ist im Selbstverlag erschienen - wie Zugowskis andere Bücher auch. 50 Exemplare liegen frisch gedruckt vor, zu haben sind sie im Heimatmuseum, im Schlosscafé, bei der Autorin selbst.

Dass ihr ein Verlag natürlich lieber wäre, räumt sie ein. Mehrere Anläufe waren nicht von Erfolg gekrönt. So hat sich die Pretzscherin den Luxus von zwei Buchcovern geleistet. Eine historische Pretzsch-Ansicht von 1857 und eine modernere Variante mit symbolisierten Flammen und einem weißen Raben: „Mal sehen, was besser läuft.“ (mz)