Brötchen nur mit Kassenbon? Brötchen nur mit Kassenbon?: Das sagen die Händler im Jessener Land

Jessen - „Möchten sie einen Kassenbon?“ Diese Frage wird einem öfter an der Ladentheke gestellt. Ab dem 1. Januar 2020 wird der Satz nicht mehr zu hören sein. Dann ist bei jedem Verkauf, der in eine elektronische Kasse eingegeben wird, die Herausgabe eines Kassenbons Pflicht, ob der Kunde das will oder nicht. Das Bundesfinanzministerium will damit Bargeschäfte transparenter machen und Steuerbetrug verhindern. Das neue Gesetz trifft die Bäckerbetriebe in der Region.
Papierverbrauch steigt
Annett Schröder, die zusammen mit ihrem Mann Heiko die Landbäckerei Schröder führt, fürchtet einen „höllischen Papierverbrauch“. Mit der Ausgabepflicht müsse für jeden Kunden ein Beleg gedruckt werden. Doch aus Erfahrung wisse sie, dass nur wenige den Kassenbon, der heute auf Wunsch ausgegeben wird, mitnehmen. Annett Schröder ist sich sicher, dass „der frisch gedruckte Bon dann direkt im Papierkorb landen wird“, sobald die Ausgabe verpflichtend ist.
Für die Umsetzung der Belegausgabepflicht müssten für die Filialen der Landbäckerei, unter anderem in Jessen und Annaburg, keine neuen Kassen angeschafft werden. „Diesbezüglich sind wir seit einigen Jahren bestens ausgestattet“, so Schröder.
Madlen Kotte, von der gleichnamigen Bäckerei in Mügeln, hat ähnliche Erfahrungen wie Annett Schröder gemacht: „Viele Kunden wollen den Bon nicht haben und schmeißen ihn gleich weg, oftmals in die Natur.“ Das und der zusätzliche Verbrauch von Papier hätten nichts mit Umweltschutz zu tun.
Statt der Pflicht, einen Kassenbon auszustellen, vertritt Madlen Kotte die Meinung: „Jeder Kunde sollte selbst entscheiden dürfen, ob er einen Beleg haben möchte oder nicht“. Bisher würde die Bäckerei Kotte Kassenbons nur in den drei Geschäften in Elster, Seyda und Mügeln anbieten. Dort sind die Kassen zudem schon nach den neuen Anforderungen umgerüstet (siehe „Standard für Kassen“).
In den sechs Verkaufswagen, die durch die Region fahren, sei die Belegausgabe technisch nicht möglich. Computergestützte Kassen würden die Temperaturschwankungen nicht aushalten, so Madlen Kotte. Deshalb würden in den Wagen Handkassen benutzt.
Unterschiedliche Fristen
Den Handkassen wollen Gerald und Kerstin Görz, die ihre Bäckerei in Lebien haben und mit dem Verkaufswagen jeden Dienstag und Freitag auf dem Jessener Markt stehen, vorerst treu bleiben. Sie haben über die Zeitung von der Belegausgabepflicht erfahren. „Wir warten erst einmal bis zum Herbst 2020 ab“, sagt Kerstin Görz.
Bis zu diesem Zeitpunkt müssen zunächst elektronische, computergestützte Kassen mit der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung aufgerüstet sein. Bei Kassensystemen, die bauartbedingt nicht aufgerüstet werden können, verlängere sich die Frist für den Austausch sogar bis zum 31. Dezember 2022, berichtete das Handwerksblatt.
Für den „Zwei-Mann-Betrieb“ der Familie Görz wäre es ein „Riesen-Aufwand“, wenn sie das Kassensystem umstellen müssten. Platzmäßig wäre es zudem schwierig, eine neue Kasse in dem sehr engen Verkaufswagen unterzubringen, erklärt Görz. Hat ein Kunde bisher nach einem Beleg für seinen Einkauf gefragt, haben Gerald und Kerstin Görz entweder eine Quittung ausgestellt oder die Preise auf die Papiertüte mit den gekauften Waren geschrieben.
Standard für elektronische Kassen
Neben der Belegausgabepflicht beinhaltet die Ordnungsvorschrift auch einen neuen Standard für elektronische, computergestützte Kassensysteme. Diese müssen ab 2020 verpflichtend durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung geschützt sein, damit die aufgezeichneten Daten nachträglich nicht verändert werden können.
Ein Sicherheitsmodul protokolliert alle Kasseneingaben. Die aufgezeichneten Protokolle werden auf einem Speichermedium digital gesichert. Für den Fall einer Überprüfung, zum Beispiel durch das Finanzamt, muss eine Schnittstelle für den Datenexport vorhanden sein. Diese muss zukünftig an allen Kassen einheitlich sein.
(mz)