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Beratung für Augenkranke Beratung für Augenkranke: Mobil trotz Handicaps

Von Paul Damm 29.10.2018, 07:13
Die Berater Susanne Templin und Andreas Leutloff stehen mit ihrem „Kunden“ Heinz Meng in Kemberg vor dem Augenmobil.
Die Berater Susanne Templin und Andreas Leutloff stehen mit ihrem „Kunden“ Heinz Meng in Kemberg vor dem Augenmobil. Paul Damm

Kemberg - Die Freude ist Susanne Templin deutlich anzusehen, als sie sagt, dass sie eine Sache unbedingt loswerden will. Endlich sei der Gesetzentwurf in den Landtag gekommen, dass Blinde mehr Geld erhalten sollen. „Das ist für alle Betroffenen ein großer Erfolg“, berichtete sie, als sie in dieser Woche mit dem Mobil „Blickpunkt Auge“ in Kemberg Station macht.

Templin setzt sich schon seit Jahren für die Erhöhung der Blindengelder ein. „Es kann einfach nicht sein, dass Sehbehinderte mit nur 320 Euro im Monat auskommen müssen. Davon gehen noch viele Nebenkosten ab - Verpflegung und Betreuung zählen da auch mit rein.“ Erhöht werden soll der Betrag auf 360 Euro monatlich. Der Gesetzentwurf zur Unterstützung von Blinden und auch von Gehörlosen wird nun in den Ausschüssen des Landtags beraten.

Wie die Magdeburgerin Templin ist nun auch der Wittenberger Andreas Leutloff optimistisch. Leutloff ist in einer wichtigen Mission unterwegs. Er sorgt sich um die Scharfsichtigkeit der Menschen in Sachsen-Anhalt, arbeitet für den Landesverband der Blinden- und Sehbehinderten. Er besitzt zudem selbst ein Handicap. Seit seiner Geburt ist der inzwischen 52-Jährige blind. Aus diesem Grund macht er anderen Betroffenen Mut - aber klärt auch über die Risiken auf: „Die Leute dürfen eine Sehbeeinträchtigung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wenn sich eine Verschlechterung der Augen anbahnt, sollte man schnellstmöglich einen Augenarzt aufsuchen.“

„Blickpunkt Auge“ ist ein bundesweites Angebot des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV). In Sachsen-Anhalt betreibt der Verband vier Beratungsstellen, darunter in Dessau-Roßlau, und ein Beratungsmobil unter der Marke „Blickpunkt Auge“.

Das Beratungsmobil ist mit Informationsmaterial ausgestattet. Die Berater informieren zu allen Themen, die sich aus einer Sehbehinderung oder Erblindung ergeben und zeigen verschiedene Hilfsmittel. Unter anderem stehen ein Bildschirmlesegerät und ein Vorlesegerät an Bord bereit.

Der Wittenberger fährt deshalb das ganze Jahr über mit seiner Kollegin Susanne Templin durch Sachsen-Anhalt und bietet in kleinen Städten eine kostenlose Beratung an. In Kemberg steht das Fahrzeug auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes. „Dieses Konzept vom Augenmobil wird von den Menschen gut angenommen. Wir fahren viele Dörfer und Städte ab, um Betroffenen, die nicht die Möglichkeit haben, einen Augenarzt aufzusuchen, eine neutrale Beratung anzubieten“, erklärt Leutloff.

Das Prinzip einer mobilen Sprechstunde funktioniere gut, schätzt Leutloff ein. Der 52-Jährige berät nicht nur, sondern nimmt auch „seine Kunden“ an die Hand und gibt Hilfestellungen beim Ausfüllen von Formularen wie dem Blindengeldantrag, beim Kennenlernen einer Selbsthilfegruppe oder beim Einrichten eines Smartphones. „Apropos Handy - diese Geräte bieten extra Funktionen für Blinde, um sich Texte vorlesen zu lassen. Also es soll Blinden helfen, den Alltag besser zu bewältigen“, sagt er.

Der Kemberger Rentner Heinz Meng ist durch die Presse auf das Beratungsangebot aufmerksam geworden. „Ich habe gedacht, ich fahre mal vorbei und lasse meine Augen untersuchen“, sagt der fitte 89-Jährige. Doch in der Hinsicht muss ihn Andreas Leutloff enttäuschen. „Wir bieten lediglich eine Beratung an. Wir sind ja auch keine Ärzte. Doch wir versuchen, Rat und Tipps zu geben, die den Alltag mit einer Sehbehinderung erleichtern.“

Heinz Meng beklagt sich über häufig tränende Augen. Mit der Hoffnung, im Augenmobil eine Antwort darauf zu finden. „Wenn die Augen tränen, heißt das nicht immer, dass die Augen zu feucht sind“, erklärt ihm daraufhin der Wittenberger Fachberater. „Aus dem Grund würde ich Ihnen empfehlen, ein Augen-Gel zu kaufen und zweimal am Tag auf das Auge aufzutragen.“ Der rüstige Rentner wirkt zufrieden. Er freue sich über den Rat, meint er. Diese Fälle sind für Andreas Leutloff und Susanne Templin keine Seltenheit.

In Deutschland leiden nach Aussagen des Blinden- und Sehbehindertenvereins in Berlin knapp 500000 Menschen an einer Sehbehinderung.

(mz)