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Baumfällungen in Wörlitz Baumfällungen in Wörlitz: Außen grün, innen hohl

Von Ilka Hillger 24.04.2019, 11:08
Ein Anblick, an den man sich erst noch gewöhnen muss. Auf dem Wörlitzer Markt fehlen die schattenspendenden Linden. Etwa 80 Jahre waren sie alt, nun waren alle Bäume von Weißfäule befallen und nicht mehr standsicher. Ersatzpflanzungen soll es im Herbst geben.
Ein Anblick, an den man sich erst noch gewöhnen muss. Auf dem Wörlitzer Markt fehlen die schattenspendenden Linden. Etwa 80 Jahre waren sie alt, nun waren alle Bäume von Weißfäule befallen und nicht mehr standsicher. Ersatzpflanzungen soll es im Herbst geben. Thomas Klitzsch

Wörlitz - Irgendetwas war anders beim diesjährigen Frühlingserwachen vor wenigen Wochen in Wörlitz. Wer sporadisch in den Ort kommt, hatte beim Betreten des Marktes ein besonderes Erwachen. Zwar gab es viele Menschen und Verkaufsstände, aber der Platz wirkte trotzdem merkwürdig kahl. Die Bäume waren verschwunden, 36 Linden gefällt. Am 8. März erinnerte außer kahlen Erdflächen schon nichts mehr an die prächtigen Bäume, die so prächtig dann aber doch nicht mehr waren.

Falk Müller, Leiter des Ordnungsamtes von Oranienbaum-Wörlitz, weiß sehr gut, wie es im Inneren der Linden aussah und hat dies dokumentiert. An seinem Schreibtisch klickt er sich durch eine Fotogalerie, die vor allem Baumstümpfe und -scheiben zeigt, die allesamt nicht gesund aussehen. „Das war die Weißfäule“, sagt Müller. Das Ausmaß des Pilzbefalls an den rund 80 Jahre alten Bäumen überraschte auch die Fachleute. Vor allem an den Wurzeln und im Inneren der Linden war der Befall so weit fortgeschritten, dass als letzte Lösung nur die Fällung aller Bäume blieb.

Dabei, so Müller, hatte man zunächst eigentlich nur geplant, wenige Bäume zu entfernen. Bei denen waren erste Schäden und Löcher im Stamm bei der routinemäßigen Kontrolle der Baumsachverständigen Gabriele Busch aufgefallen. „Bei der Totholzentnahme mit dem Hubsteiger wurden dann noch mehr Schäden ersichtlich“, so Müller.

Wie ein fauler Zahn

Letztlich habe man mit einem Restwandstärkenbestimmer alle Bäume geprüft und keine der 36 Linden kam auf jene Werte, die es braucht, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Die Kurve des Messgerätes ergab in unterschiedlicher Ausprägung das immer gleiche Ergebnis: Die Bäume hatten nur noch intakte Außenwände, in ihrem Inneren stieß der feine Messbohrer nur auf weiches Holz und Mehl. „Das muss man sich alles vorstellen wie bei einem faulen Zahn, wenn die Wurzel hinüber ist, kann man dort auch nicht mehr viel retten“, erklärt Falk Müller und meint: „Wir waren in der Pflicht, einzugreifen.“

Begonnen wurde damit nach den umfangreichen Untersuchungen und Genehmigungen Ende Februar. Vom Landkreis und der unteren Naturschutzbehörde gab es sogar eine Sondergenehmigung bis in den März fällen zu dürfen, was ansonsten eigentlich verboten ist.

Binnen weniger Tage waren die Wörlitzer Linden dann Geschichte, und als man auch noch die Wurzeln ausgefräst hatte, stellte sich die Baumentnahme als letztlich gute Entscheidung heraus. „Die Bäume hätten solchen Stürmen, wie wir sie in den vergangenen Jahren erlebt haben, nicht mehr lange Stand gehalten“, meint Falk Müller.

Der Amtsleiter war rund um diese Aktion stets darum bemüht, diese für die Bürger und Anwohner so transparent wie möglich zu gestalten, wohl wissend, dass die Empörung oft groß ist, wenn Bäume gefällt werden müssen. „Wir haben die Stämme nicht gleich abgefahren, sondern ein paar Tage liegen lassen, damit die Leute auch sehen konnten, wie stark sie geschädigt waren“, erklärt er. Zudem findet sich auf der Internetpräsenz ein detaillierter Ablauf über die Baumentnahme, in dem es auch einen Ausblick gibt.

„Natürlich wird es auf dem Markt in Wörlitz wieder Bäume geben“, erklärt Müller. Die Baumschutzsatzung der Stadt gelte schließlich auch für das öffentliche Grün und demnach sind Nachpflanzungen verpflichtend. „Die entsprechenden Gespräche führen wir gerade“, so Müller, denn auch der Denkmalschutz ist involviert. Es werde beispielsweise geprüft, welche Baumart an diesem Ort historisch belegt ist. Im Herbst soll es mit den Neupflanzungen losgehen.

Bis dahin muss der Wörlitzer Hof auf seinem Freisitz wohl mehr Sonnenschirme als bislang aufstellen. „Natürlich ist das für unsere Besucher ein ungewohntes Bild derzeit“, weiß auch Müller, aber er mag sich auch nicht ausmalen, wenn solch ein hohler Baum auf Passanten, Autos oder Hausdächer gestürzt wäre.

Ahorn fiel in Goltewitz

Mit dem Verlust alter Bäume sind die Wörlitzer übrigens nicht allein. Auch andernorts, berichtet der Ordnungsamtsleiter, mussten sich die Bewohner trennen. In Goltewitz fiel ein den Dorfplatz prägender Ahorn unter der Kettensäge. „An gleicher Stelle haben wir eine Rotbuche gepflanzt und die treibt jetzt gut aus“, so Falk Müller. Bis sie die Dimensionen des Vorgängerbaumes erreicht hat, wird es freilich noch Jahrzehnte dauern.

Nach dem Dürrejahr 2018 sei zudem nicht auszuschließen, dass die Baumkontrolleure der Verwaltung weitere Schäden feststellen. Rund 8 000 Bäume in Wörlitz, Oranienbaum und den Dörfern befinden sich in kommunaler Pflege und werden zweimal im Jahr von Gabriele Busch und einem Kollegen kontrolliert.

Hinzu kommt die Überprüfung von Bäumen, wenn Bewohner einen Antrag auf Fällung stellen. „Mit unserer Baumschutzkommission, die aus Fachleuten besteht, besichtigen wir vor Ort und treffen dann eine Entscheidung“, sagt Falk Müller. Nachgepflanzt wird auf jeden Fall immer.

(mz)

Die Weißfäule macht den Baum im Inneren des Stammes hohl oder verwandelt das Holz in Mehl.
Die Weißfäule macht den Baum im Inneren des Stammes hohl oder verwandelt das Holz in Mehl.
Falk Müller