Absolute Seltenheit Absolute Seltenheit: Mehr als 20 Schwarzstörche rasten bei Bleddin

Bleddin - Da hat sich der erfahrene Ornithologe die Augen gerieben: 23 Schwarzstörche an der Elbe bei Bleddin. Eine absolute Seltenheit. „Das ist deutschlandweit Spitze“, sagt Axel Schonert und freut sich sichtlich über diese Entdeckung.
Schwarzstörche bilden zwar mit den hierzulande gut bekannten Weißstörchen quasi eine Familie, unterscheiden sich von ihren etwas größeren Verwandten aber deutlich. Sie sind zum Beispiel ausgesprochen scheue Tiere. Sie bauen ihre Nester nicht nahe bewohnter Siedlungen, sind keine „Kulturfolger“, wie Schonert bemerkt, sondern eher „Kulturflüchter“. Sie sind extrem störungsempfindlich, ziehen sich deshalb gerne in Wälder zurück.
Nur vier Brutpaare im Kreis Wittenberg
Dass der Biologe aus Bleddin die großen Vögel überhaupt aufspüren und fotografieren konnte, ist ein Glück: „Ich habe mich den Deich hochgepirscht und vorsichtig über die Krone geschaut.“ Schonert hat natürlich respektvoll Abstand gehalten: „Die Tiere haben gute Augen und sind unglaublich scheu.“
Es komme vor, dass Schwarzstörche ihre Brut im Stich lassen, wenn sie sich gestört fühlen. Die Exemplare bei Bleddin sind nicht etwa in der Region zu Hause. Im Kreis Wittenberg haben sich nach Aussage von Axel Schonert lediglich vier Brutpaare niedergelassen, im Fläming, in der Dübener Heide, bei Klieken. Im ganzen Land Sachsen-Anhalt sind lediglich 40 Revierpaare registriert. Die Vögel sind in Deutschland ziemlich selten.
Jene also, die der Wittenberger Ornithologe beobachten durfte, machen sich bereit für den Flug Richtung Afrika ins Winterquartier. Die Elbaue dient als eine Art „Zugvogel-Autobahn“. Während sich die Weißstörche allerdings in wirklich großen Gruppen an den Futterpunkten sammeln - bis zu 150 Vögel seien bisweilen zu sehen - gehen die Schwarzstörche eher allein auf die Reise, sagt Vogelexperte Schonert.
Umso erstaunlicher das Treffen bei Bleddin. Übrigens geht es oft nicht sofort wieder weiter. Wenn die Tiere die Gegend attraktiv finden, sprich: wenn der Tisch gut gedeckt ist und sie nicht gestört werden, bleiben sie gerne länger, zwei bis drei Wochen. Die Elbaue im Kreis Wittenberg scheinen die Schwarzstörche zu mögen. Sie haben ja auch einen ziemlich weiten Weg vor sich, ziehen zum Teil bis nach Südafrika, so Schonert.
Wo die Vögel, die hier rasten, herkommen, wissen die Ornithologen nur von einzelnen Exemplaren. Jenen, die einen Ring tragen. Einer, das ist sicher, ist aus Polen in die Elbaue geflogen. Der Jungvogel, berichtet Schonert, trägt einen Sender der polnischen Schwarzstorchspezialisten. Beringt wurde das Flügeltier am 29. Juli in einem Horst südöstlich von Warschau.
Beobachtet worden ist derweil auch schon ein schwarzer Meister Adebar aus Hessen. Was zeige, konstatiert Axel Schonert, „wie konfus die Vögel manchmal ziehen. Hessen liegt im Südwesten. Um nach Afrika zu kommen, muss der also wieder zurück.“ Wie ein solcher Umweg zu erklären ist? „Eventuell mit der Suche nach einem Bruthabitat. Aber das ist eine Theorie. Wir können die Vögel schlecht fragen.“
Anderes Jagdverhalten als Weißstörche
An der Elbe bei Bleddin lässt sich mancherlei beobachten. Zum Beispiel das Jagdverhalten der Schwarzstörche: „Weißstörche“, so Schonert, „schreiten entspannt über die Wiese. Der Schwarzstorch jagt gezielt und aktiv und gerne im flachen Wasser.“ Kleine Fische und Amphibien schmecken ihm.
Der Ornithologe aus Bleddin ist jedenfalls sehr froh, dass solche außergewöhnlichen Beobachtungen „vor der Haustür“ möglich sind. „Für viele Vogelarten ist die Elbaue von herausragender Bedeutung. Wir haben hier schon Sumpfohreulen gesehen, Kornweihen oder Steppenweihen.“ Von letzteren gleich drei auf einmal. Schonert: „Die Art ist so selten, dass ihre Sichtung sofort gemeldet werden muss.“ (mz)
