Abschluss für junge Landwirte Abschluss für junge Landwirte: Zeugnisse für Botschafter

Wittenberg - Hier steht es schwarz auf weiß. Nach drei Jahren Ausbildung dürfen sich 39 Jugendliche stolz als Landwirt, Tierwirt (Fachrichtung Rind), Fachkraft Agrarservice, Pferdewirt oder Fischwirt bezeichnen. Im Wittenberger Berufsschulzentrum bekamen mit dem Erhalt des Facharbeiterbriefes alle bestätigt: Es lohnt für dieses wichtige Stück Papier sich einmal kräftig ins Zeug zu legen.
„Bildung ist und bleibt der Schlüssel, der Ihnen die Türen öffnet“, lobte und beglückwünschte Staatssekretär Ralf-Peter Weber vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt die Absolventen.
Wer da glaubt landwirtschaftliche Berufe seien ein Auslaufmodell, sah sich getäuscht. Fachlehrerin Sandra Matzke räumte mit diesem Vorurteil auf. „Meine Tierwirtklasse war hoch motiviert. Junge Leute, die diesen Beruf ergreifen, wissen bereits durch zahlreiche Praktika, was auf sie zukommt. Entgegen dem Mainstream, bekommt die Landwirtschaft inzwischen wieder Zulauf einer Nachfolgegeneration.
Stefan Schultz, der das musikalische Festprogramm gestaltete, brachte es mit einem Song von Udo Jürgens auf den Punkt. Man muss etwas wagen: „Gegen den Wind, nur dann fliegst Du weit, glaub an Deine Kraft, Deine Einmaligkeit.“
Das Berufsschulzentrum Wittenberg hat sich mittlerweile einen guten Ruf weit über die Landesgrenzen hinaus erarbeitet. Ein Indiz dafür sind die bereits jetzt vorliegenden 76 Anmeldungen für Landwirtschaftsberufe. „Ja selbst aus Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen, Sachsen und Brandenburg fanden bisher die jungen Leute den Weg nach Wittenberg. Das ehrt uns und zeugt von der Qualität an dieser Schule.“ – so Thekla Schicht, Chefin des Bauernverbandes Wittenberg.
Wenn hier von Qualität die Rede ist, dann dürfen durchaus die vier Einser-Absolventen genannt werden. Sie heißen Annemarie Rennebarth (Tucheim), Lukas Becker (Seyda) und Heidemarie Jäckel und Laura Joost (beide Pferdewirte vom Landesgestüt Sachsen-Anhalt).
Schulleiterin Carola Gehlhaar fand die passenden Worte und erwies sich als würdige und gute Gastgeberin bei diesem kleinen Festakt, dem Eltern, Freunde und Freundinnen beiwohnten. Unter ihnen, weit angereist, waren auch Ina und Ralph Gelbke aus der Autostadt Wolfsburg, um ihrem Sohn zu gratulieren. „Ich habe die richtige Berufswahl getroffen und habe es endlich geschafft“, äußerte sich dieser der gegenüber der MZ.
Dazu die Eltern: „Unser Sohn Benny hatte schon immer ein Faible für die Technik in der Landwirtschaft. Seine Freizeit verbrachte er bei einem Bauern im Dorf auf dem Traktor, obwohl wir beruflich nicht in der Landwirtschaft tätig sind.“
Eine Lanze für die Landwirtschaft brach an diesem Nachmittag auch Festredner Jochen Dettmer, Präsident des Bauernbundes Sachsen-Anhalt: „Sie haben einen der schönsten Berufe gewählt, den es in der Gesellschaft gibt. Sie sind ab jetzt Botschafter und Botschafterinnen der Landwirtschaft. Machen Sie Gebrauch davon!“ - so der Appell des Präsidenten, der selbst einen Bauernhof in der Börde bewirtschaftet.
Dass dieser Beruf auch etwas mit „Bodenhaftung“ zu tun hat, war jedem der Anwesenden klar. Am Heimatort bleiben, der demografischen Entwicklung und Alterspyramide auf dem Lande entgegen wirken, so lautet das erklärte Ziel. Die Bilder am Freitag stimmten in dieser Hinsicht optimistisch. Auch der Dürresommer 2018, der nicht enden will und die Landwirtschaft vor große Herausforderungen stellt, dürfte dennoch kein Grund zum Resignieren sein.
„Diesen klimatischen Veränderungen müssen wir uns bei der Erprobung neuer Pflanzen anpassen. Das Wissen von heute wird dazu nicht ausreichen. Sie müssen sich stets weiter bilden. 2050 werden wir das Klima von Mailand in Norditalien haben.“ Worte des Staatssekretärs, die am Ende noch mal nachdenklich stimmten.
„Bleibt auf dem Lande und wehret Euch täglich.“ Dies seien keineswegs die Worte eines Landwirtschaftsministers, sondern ein Satz aus dem Bauernkrieg, wie es Dettmer launig formulierte. Nicht in allen Punkten gab es Konsens zwischen dem Staatssekretär und dem Bauernpräsidenten. Das liegt in der Natur der Sache und passte selbst in den würdigen Rahmen der Zeugnisübergabe in der Wittenberger Bildungseinrichtung.
(mz)
