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700 Jahre Wörpen 700 Jahre Wörpen: Dorf bei Coswig feiert ein ganzes Jahr

Von Ilka Hillger 16.03.2017, 11:42
Der Vorsitzende des Heimatvereins Bernd Steinhauer hat zum Dorfjubiläum eine Ausstellung im Versammlungsraum der Freiwilligen Feuerwehr zusammengestellt. Außerdem gibt es eine gedruckte Chronik des Ortes, die auf seinen umfangreichen Sammlungen basiert.
Der Vorsitzende des Heimatvereins Bernd Steinhauer hat zum Dorfjubiläum eine Ausstellung im Versammlungsraum der Freiwilligen Feuerwehr zusammengestellt. Außerdem gibt es eine gedruckte Chronik des Ortes, die auf seinen umfangreichen Sammlungen basiert. Th. Klitzsch

Wörpen - 1317 war es. Da fanden es sieben flämische Kolonisten in den Wäldern nördlich von Coswig offensichtlich so lebenswert, dass sie sich dort niederließen. Wörpen war gegründet und feiert deshalb in diesem Jahr - 700 Jahre später - das Jubiläum des kleinen Dorfes.

Ein paar mehr Wörpener sind es seitdem geworden. Um die 190 Einwohner hat der Ort, und nimmt man Wahlsdorf und Hubertusberg noch hinzu - so wie es auch in Verwaltungsdingen geschieht - sind es sogar noch ein paar mehr, die zwischen Coswig und Cobbelsdorf leben.

Holger Ruhl ist seit 1992 in Wörpen zu Hause, aus Wittenberg zog es ihn aufs Land. „Wir wollten raus aus der Stadt“, sagt der Mann, der 2009 Wörpens Ortsbürgermeister wurde. Zu dieser Zeit war Bernd Steinhauer schon lange heimisch im Dorf. Der Vorsitzende des Heimatvereins kam 1961 hierher.

Der eine wie der andere sind nun stolz, über das gesamte Jahr mit kleinen und manch großem Höhepunkt Wörpens 700-Jahrfeier zu begehen. Vor wenigen Wochen gab es bereits einen Vortrag, in dem das Wörpener Kirchenbuch vorgestellt wurde, am morgigen Freitag macht sich Bernd Steinhauer mit Interessierten auf den Weg durch den Ort und stellt beim geführten Rundgang die historischen Gebäude vor.

Als Werpene findet sich das heutige Wörpen 1317 erstmals auf einer Urkunde. 1391 entstand Klein-Wörpen, etwas südöstlich gelegen, war jedoch schon 1566 wüst. Stets besetzt war Wörpen während des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648. Die rote Ruhr und Seuchen mit vielen Todesopfern verzeichnet die Chronik 1705, 1717 und 1741. Wenig später hatten Müller Konjunktur rund ums Dorf, zwölf sollen es damals gewesen sein. Die Feuerwehr des Ortes wird erstmals 1864 erwähnt, 120 Jahre später bekommt sie ein neues Gerätehaus. Ab 1892 gibt es den Gesangsverein, den Lehrer Karl Zimmermann leitet. 1902 baut Coswig ein Wasserwerk im Quellgebiet des Wörpener Baches.

Die Jahre in der DDR bringen Filmzirkel, Sportverein und Dorfklub. 1992 freut man sich über die Übergabe des neuen Kindergartens. Aber auch kleine Katastrophen bleiben nicht aus. So brennt es 1993 im Gemeindehaus, 2003 gibt es ein Großfeuer im Wald Richtung Coswig und 2007 wütet Orkan „Kyrill“ nahe des Ortes, die Schneise, die er im Wald schlug, sieht man noch heute. 2008 wird Wörpen in die Stadt Coswig eingemeindet.

Denn wenn sich jemand mit Wörpens Geschichte gut auskennt, dann ist es der Rentner mit dem Faible für Heimatgeschichte. „Die Wörpener Geschichte füllt bei mir inzwischen etwa 20 dicke Ordner“, erzählt Steinhauer. Bei diesen Dimensionen kann man gewissermaßen froh sein, dass der Mann in keinem größeren Ort wohnt. Sonst würde wohl auch die Ausstellung, die er zum Jubiläum recherchiert und entworfen hat, nicht in den Versammlungsraum der Freiwilligen Feuerwehr passen.

Dort stehen nun die illustrierten Wände, reich bebildert mit Motiven aus der Dorfgeschichte. Steinhauer erzählt, dass er Anfang der 1970er Jahre mit dem Sammeln von Zeitungsausschnitten begann, damals tat er das noch für die LPG Cobbelsdorf. Später dann war er dankbar, dass ihn das Stadtarchiv Coswig in die Unterlagen und alten Zeitungen blicken ließ. „So mache ich es noch bis heute“, sagt Bernd Steinhauer.

Als Quintessenz dieser Arbeit ist eine gedruckte Chronik von Wörpen erschienen, die es vorerst in 40 Exemplaren für 25 Euro das Stück zu kaufen gibt. „Aber wir können natürlich nachdrucken“, verspricht der Heimatforscher und hofft auf großes Interesse.

Ortsbürgermeister Holger Ruhl schließt sich an, denn „das Korrekturlesen hat eine Weile gedauert“. Deshalb meint er auch: „Wenn jemand Fehler entdeckt, wissen wir, er hat es ordentlich gelesen.“

Aber es soll in Wörpens Jubiläumsjahr natürlich nicht nur gedruckten Geschichtsstoff geben. Für jeden Monat weist das Programm des Ortes einen Termin auf. Osterfeuer im April, Maibaumstellen im Wonnemonat und ein Gastspiel des Dessauer Theaters im Juni finden sich ebenso wie ein Fußballturnier im Monat darauf. Die eigentliche Festwoche ist vom 21. bis 27. August geplant.

Dann soll es Sommerkino auf dem Sportplatz, einen Festumzug, gemeinsames Frühstück und das 16. Bismarckturmfest geben. Herbst und Winter bringen eine Tauschbörse, eine Herbstwanderung zu den Wüstungen von Wörpen, die Lesenacht im November und zum Finale die Weihnachtsfeier.

In Wörpen trifft man sich freilich nicht nur bei solchen Anlässen. „Der monatliche Kaffeenachmittag ist ein fester Treffpunkt für die Rentner“ berichtet Ruhl. Den Kuchen bringen die Damen und Herren ebenso mit wie den Gesprächsstoff aus dem Dorfleben. Das bewegt sich zwischen dem Wenigen, das dem kleinen Ort geblieben ist.

Kindergarten, Heimatverein, Sportverein SV Germania, die Feuerwehr - das sind die Institutionen die es noch gibt, und die die Bewohner unbedingt erhalten wollen. Und wo es an Mitwirkenden fehlt, da holt man sie sich von außerhalb, wie beispielsweise beim Fußball.

„Da machen wir es wie die großen Vereine und kaufen dazu“, lacht Steinhauer. Mit dem Gemeindepädagogen Bastian Loran, der im Pfarrhaus lebt, käme zudem junges Leben ins Dorf.

Froh sind die beiden Männer vor allem, dass es in Wörpen keine leerstehenden Gehöfte wie andernorts gibt. So mancher zieht eben doch noch aufs Land. „In Wörpen ist man schnell an die Zivilisation angebunden und sofort im Wald“, sagt Ruhl, und dies waren auch Gründe, die ihn hierher kommen ließen.

„Unspektakulär, aber schön“, nennt er sein Heimatdorf, das ihn in den ersten Jahren zuweilen auch irritierte. „In den frühen 90ern war am Wochenende immer morgens 9 Uhr der Strom weg, weil alle gleichzeitig die Kaffeemaschinen anmachten.“

Die Männer lachen über die Erinnerung ans schwache Stromnetz. Telefonnetz und Internet bescheinigen sie heute gute Qualität. Wenn auch noch die fehlenden Fußwege im Unterdorf kommen würden und die Zuschüsse für die Brauchtumspflege von der Coswiger Verwaltung auf gleicher Höhe bleiben, schaut man in Wörpen vorsichtig optimistisch auf die nächsten 700 Jahre.

Die Führung mit Bernd Steinhauer beginnt am morgigen Freitag,

17. März, um 18 Uhr vor dem Feuerwehrgebäude. Teilnehmer werden gebeten, Lampions oder Fackeln mitzubringen. Im Anschluss an die Führung kann der Abend im Gebäude der Feuerwehr bei Essen und Trinken ausklingen. (mz)

Historische Gebäude wie die alte Schule werden beim Rundgang am 17. März vorgestellt.
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Der Bismarckturm gehört mit seinem 16. Fest zum Jahresprogramm.
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