Startschuss für die Kirsch-Saison Wie der Obsthof in Aseleben die süßen Früchte vor gierigen Mitessern schützt
Der Landesverband Sächsisches Obst gab in Aseleben den Startschuss für die Kirsch-Saison. Dort am Süßen See gedeiht ein Teil der Früchte fast wie im Wohnzimmer.

Aseleben - Jetzt ist der Sommer richtig da: Denn ganz klar, zu einem richtigen Sommer gehören auch Kirschen frisch vom Baum. Und die gibt es jetzt. Der Landesverband Sächsisches Obst eröffnete am Donnerstag auf dem Obsthof am Süßen See in Aseleben offiziell die Kirschsaison 2021. Der Landesverband ist seit über 30 Jahren die berufsständische Vertretung von mehr als 70 Obstbauern aus Sachsen und Sachsen-Anhalt. Der Betrieb in Aseleben ist einer davon. Alle Betriebe des Verbandes zusammen bewirtschaften mehr als 4.000 Hektar Plantagen, die beliebten Süßkirschen machen dabei acht Prozent der Fläche aus. Alexander Ehm, der stellvertretende Vorsitzendes des Landesverbandes, machte vor den Gästen des offiziellen Termins auf die Probleme der Obstbauern aufmerksam.
Konkurrenz aus Übersee und Dumpingpreise
Das seien sowohl Obstimporte aus anderen europäischen Ländern und sogar aus Übersee, Dumpingpreise mit denen man nicht konkurrieren könne, aber auch Unsicherheiten, was beispielsweise den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln betreffe, die nur Jahr um Jahr zugelassen werden. „Das ist immer wieder eine Zitterpartie“, so Ehm. Das ermutige kaum dazu, mit Obstbau zu beginnen. Dabei haben Obstplantagen in puncto Biodiversität im Vergleich zu Ackerland deutlich die Nase vorn.
Den Rückgang der Obstanbauflächen im Land Sachsen-Anhalt betrachte sie mit Sorge, sagte Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert (Bündnis 90/Die Grünen), die zu den Gästen in Aseleben gehörte. Aber einen Hoffnungsschimmer sieht sie auch. „Wenn Corona etwas Gutes an sich hatte, dann die Tatsache, dass sich die Menschen wieder auf mehr Regionalität besonnen haben und häufiger die Hofläden aufsuchen.“
Hausherr Philipp Moser führte die Gäste schließlich in die gute Stube seines Betriebes am malerischen Süßen See. Doch den kann man von dieser Fläche aus gar nicht mehr sehen. Die drei Hektar Anbaufläche hat Moser nämlich nicht nur aufwendig überdacht, um die Kirschen vor Regen und Hagel und damit vorm Platzen zu schützen. Nein, die komplette Plantage ist regelrecht umbaut worden. Wie riesige Fliegengitter sollen dort Netze die süßen Früchte vor der Kirschessigfliege schützen. Die vermehrt sich nämlich viermal schneller als es schon Obstfliegen tun. Wenn sie erst einmal da ist, setzt ein Wettlauf um die süße Ernte ein. Und die wollen sich die Obstbauern nicht streitig machen lassen, aber gleichzeitig auch nur so viel Pflanzenschutzmittel wie nötig einsetzen, denn die seien schließlich so teuer, dass man sie so sparsam wie möglich einsetzt. Und dafür lohne sich die Rieseninvestition von 1,5 Millionen Euro, die man vor fünf Jahren in diesem Anlage gesteckt habe.
Stare und Fliegen wollen auch an die Kirschen vom Süßen See
Einer, der auch mit den Obstbauern um Kirschen und Co. konkurriert, ist der Star. Trotz Riesennetz rings um die gesamte Plantage finden die intelligenten Vögel doch eine Möglichkeit, zu den saftig roten Früchten zu gelangen. Hier kommt dann Nicusor Dumbravann ins Spiel. Man hört ihn auch schon von weitem. Mit blauem Emailletopf und einem Stock bewaffnet, sorgt der rumänische Saisonarbeiter dafür, dass die Stare sich nicht zu sicher fühlen. Die lauten Trommelgeräusche verjagen die Tiere nämlich. Und es ist nicht zu laut im Erholungsgebiet, betont Moser.

Ob sich der Riesenaufwand lohnt? Moser nickt. Der Obstbauer kämpft um jedes Kilogramm Obst, dass gesund auf den Bäumen in seinen Plantagen bis zur Ernte reift. Als im Frühjahr noch einmal Nachtfröste den Bäumen zusetzten, beheizte er die „gute Stube“ sogar mit Frostschutzkerzen. Auch ein teurer Aufwand, den die Käufer in den Hofläden hoffentlich jetzt honorieren werden. Moser weiß natürlich, dass das sehr schwer ist. Wenn in den Supermärkten ein Kilogramm Kirschen zum Preis von unter vier Euro angeboten werden, dann ist das für Moser und seine Berufskollegen wie eine Kampfansage. „Das sind Preise, die können wir einfach nicht halten“, sagt er und hofft hier auch auf Hilfe von der Politik. Unter anderem würde es den Obstbauern helfen, wenn Biodiversitätsleistungen honoriert werden und ausreichend Saisonarbeitskräfte zur Verfügung stehen. Dies gab man den Politikern aus Aseleben mit auf den Weg nach Magdeburg. (mz)