"Voll der Osten" "Voll der Osten": Ausstellung gibt Einblicke in DDR-Alltag

Eisleben/Hettstedt/Sangerhausen - Immer am Mittwochabend haben sie sich getroffen, viermal für jeweils eineinhalb Stunden. In jenen Wochen, als das ganze Land 30 Jahre weit zurückblickte auf den Wendeherbst ’89, der das Ende der DDR einläutete.
Zehn Frauen und Männer haben bei dem Projekt „Voll der Osten“ mitgemacht, das die Kreisvolkshochschule Mansfeld-Südharz (VHS) angeboten hatte.
Ausgangspunkt war eine Sammlung Fotografien von Harald Hauswald, ergänzt mit Texten des Historikers Stefan Wolle. Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur hatte das Paket unter dem Titel „Voll der Osten“ herausgebracht.
Einzelschicksale auf großflächigen Plakaten
Hauswald ist für seine authentischen Bilder vom DDR-Alltag bekannt. In scheinbar belanglosen Situationen hat er mit großartigem Gespür für den Moment mit seiner Kamera draufgehalten und dabei das auf Film gebannt, was das Leben der Menschen in diesem Land ausmachte.
Die Bundesstiftung hat seine Fotos unter Stichworten wie „Lüge“, „Heiterkeit“ und „Sehnsucht“ zusammengestellt und auf 20 großformatige Plakate gedruckt. Mit denen haben sich die Teilnehmer des VHS-Kurses beschäftigt und über ihre eigenen Erinnerungen an das untergegangene Land gesprochen.
Obwohl der Kurs auch offen war für Jüngere, die die DDR selbst gar nicht mehr erlebt haben, hatten sich nur Teilnehmer gemeldet, die weit vor der Wende geboren sind, sagt Projektleiterin Janine Wenschuh.
Spannend wurde es dabei trotzdem, denn die Teilnehmer stammten aus ganz verschiedenen Bereichen und Schichten der DDR-Gesellschaft. „Das waren zehn Leute und wirklich zehn verschiedene Blickwinkel“, sagt Wenschuh, die selbst ein bisschen überrascht war, wie gut das Konzept des Seminars am Ende aufgegangen ist. „Die Leute haben sich an den Abenden sehr rege und sehr intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt“, erzählt die Projektleiterin.
Unterschiedliche Perspektiven auf die DDR
Dabei sei deutlich geworden, wie sehr sich die Lebenswelten im Arbeiter- und Bauernstaat unterscheiden konnten. Es gab Familien, die waren im Großen und Ganzen eigentlich ganz zufrieden mit ihrem Leben in der kleinen DDR.
Die Tochter eines Architekten habe dagegen berichtet, dass sie nicht gleich nach dem Abitur studieren durfte, weil sie nicht aus einer Arbeiter- oder Bauernfamilie stammte.
Für Tobias Mann, der als lange nach der Wende Geborener den Kurs leitete, gab es während der Diskussionsrunden interessante Fakten und Details, die ihm aus dem Geschichtsunterricht gar nicht so eindrücklich bekannt waren.
Beispielsweise, dass im Zusammenhang mit der Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft in den 50-er Jahren manchem Bauern buchstäblich das Vieh aus dem Stall getrieben und der LPG einverleibt wurde.
Ausstellung in der VHS Sangerhausen
Im Ergebnis des Projekts „Voll der Osten“ wird es nun eine Ausstellung in den Räumen der VHS-Geschäftsstelle in Sangerhausen geben. Zur Eröffnung am kommenden Freitag, 15. November, um 16 Uhr sind alle Interessierten herzlich eingeladen, sagt Janine Wenschuh.
Zum einen, um Hauswalds sehenswerte Fotos zu betrachten, zum anderen natürlich auch, um mit den Teilnehmern des Projekts und mit den anderen Ausstellungsbesuchern ins Gespräch zu kommen über das, was das Leben in der DDR für den Einzelnen bedeutet hat.
Die Ausstellung „Voll der Osten“ wird bis zum Jahresende zu den nachmittäglichen Öffnungszeiten der Volkshochschule Sangerhausen in der Karl-Liebknecht-Straße 32 zu sehen sein. (mz)