Tischtennis Tischtennis: Sandra Mikolaschek holt sich eine Medaille bei der EM

wimmelburg/MZ - Die beste Freundin ist zu Besuch. Neben dem Telefon liegt schon der Bestellzettel für die Pizzeria. Wenig Zeit also für ein Gespräch mit Sandra Mikolaschek.
Was zuerst auffällt: Die Haare sind dunkel gefärbt. Auch die weiß gerandete Brille ist neu. „Das mit den Haaren war eine Wette“, erklärt die 16-Jährige Wimmelburgerin. Denn wenn sie eine Medaille gewinnt bei der Para-Europameisterschaft im Tischtennis, so ihr Einsatz, würde sie die Haarfarbe wechseln. Und Sandra Mikolaschek hat eine Medaille gewonnen.
„Mit Bronze habe ich schon geliebäugelt. Aber, dass es Silber wird, hat mich selbst überrascht“, so die Gymnasiastin, die mit Beginn des neuen Schuljahres zum TTC Borussia Düsseldorf gewechselt ist und in der Rheinmetropole im Internat wohnt. „Ich hatte die Chance, nach Düsseldorf zu wechseln. Dort sind die Möglichkeiten für meine weitere Entwicklung einfach größer“, sagt die junge Frau, die mit Borussia Düsseldorf die 2. Bundesliga im Rollstuhltischtennis nach der Hinrunde klar dominiert. Freilich: Ihre Zeit beim TTV Wimmelburg und später beim TTC Halle möchte sie nicht missen. Erst vor wenigen Tagen, die Ferien in Nordrhein-Westfalen waren etwas länger als hier, hat sie ihre ehemaligen Mitschüler am hallischen Elisabeth -Gymnasium besucht. „Die wollten natürlich jede Menge von mir wissen“, beschreibt sie die etwas andere Unterrichtsstunde. Unter anderem, ob ihr die Eingewöhnung in der neuen Umgebung schwer gefallen sei.
"Wenn das Kind nicht anruft, ist alles in Ordnung"
„Eigentlich nicht. Eins, zwei Tage habe ich gebraucht“, erzählt Sandra Mikolaschek, deren großer Traum ein Start bei den Paralympics 2016 in Rio de Janeiro ist. Vorher, 2015, will sie ihr Sportabitur machen. In Düsseldorf findet sie dafür nach eigenem Bekunden ideale Bedingungen. Auch, was das Training anbelangt. Denn im Falle eines Falles könnten auch einmal ein paar Unterrichtseinheiten zugunsten der Wettkampfvorbereitung nach hinten verschoben werden. Obwohl sie das gar nicht möchte, um ihren Schulabschluss nicht zu gefährden. Momentan lasse sich alles gut unter einen Hut bringen. Trotz sechs Trainingseinheiten a zweieinhalb Stunden pro Woche. Eine gute Schülerin war Sandra Mikolaschek schon immer, mit einem Faible für Fremdsprachen. Deshalb ist ihr auch der Sprung aus Klassenstufe zehn in zwölf nicht schwer gefallen. Hintergrund: Wer in Nordrhein-Westfalen Abitur macht, drückt 13 Jahre die Schulbank. Aber: Die sachsen-anhaltische Klassenstufe zehn entsprich dem Leistungsstand der elften am Rhein. Daher der Sprung. Apropos Sprung: Den hat das Mädchen auch in der Weltrangliste gemacht. Von Platz 13 auf Position sieben. Weil sie bei der Europameisterschaft im italienischen Lignano einige bis dato vor ihr rangierende Spielerinnen am Tisch besiegt hat.
Wie die Stimmung war? „Na ja, die Masse der Zuschauer kommt natürlich immer aus dem Gastgeberland. Und die feuern zuerst ihre Spieler an.“ Immerhin, Sandras Eltern, die sie nur noch selten sieht, waren auch vor Ort. Die knapp 400 Kilometer Entfernung zwischen Wimmelburg und Düsseldorf nimmt Vater Uwe Mikolaschek gelassen. „Sie wissen doch. Wenn das Kind nicht anruft, ist alles in Ordnung.“ Anne, die beste Freundin, kommt da offenbar öfter zum Zug.
Die Europameisterschaft der Rollis war der Jahreshöhepunkt für Sandra Mikolaschek und hat ihr eine neue Perspektive eröffnet: Weil sie in der Weltrangliste geklettert ist, winkt die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2014 im Mutterland des Tischtennis. Denn der Titelkampf stiegt in Peking. Einer der sich in Chinas Hauptstadt auskennt, ist Vereinskamerad von Sandra Mikolaschek: Timo Boll. Der sechsfache Europameister gewann 2008 mit der deutschen Männermannschaft olympisches Silber in Peking. „Gesehen habe ich ihn aber noch nicht. Er war ja lange verletzt. Aber das wird sich noch ergeben“, sagt die 16-Jährige.
"Mal sehen, ob auch viele Mansfelder für mich stimmen"
Vielleicht ergibt sich ja noch etwas. Denn beim „Felix“, ihn bekommt der populärste Sportler, respektive Sportlerin Nordrhein-Westfalens, hat es Sandra Mikolaschek acht Wochen nach ihrem Wechsel ins Rheinland bereits auf die Kandidatenliste geschafft. In der Kategorie „Newcomer“ steht sie neben Rennkanut Finn Hartstein, Badmintonspieler Fabian Roth sowie Lisa Schmidla (Rudern) und Isabell Schneider (Beachvolleyball) zur Wahl. Das Besondere: Die anderen vier Kandidaten haben alle kein Handicap. „Mal sehen, ob auch viele Mansfelder für mich stimmen“, so Sandra Mikolaschek. Mithin, wer mitmacht, könnte der Wimmelburgerin schon bald eins voraus haben. Denn als Hauptpreis winkt eine Reise nach Brasilien zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014.
Sportlich sind die Ziele für Sandra Mikolaschek also klar abgesteckt, schulisch auch. Und beruflich? „Da habe ich mich noch nicht entschieden. Es nützt ja nichts, wenn ich was studiere und kann damit hinterher nichts anfangen. Ich muss ja meinen Sport später auch finanzieren können.“ Derzeit lasse sich viele dank der Deutschen Sporthilfe, des Vereins und durch den Behindertensportverband Nordrhein-Westfalen regeln.
Zumindest was die schulische Ausbildung, das Training oder die Teilnahme an Wettkämpfen angeht. Aber Sandra Mikolaschek weiß natürlich, dass man allein vom Tischtennis nur ganz selten seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Im Gegensatz zu anderen Sportarten, wo große Summen fließen. Auch deshalb hat sie Chance, nach Düsseldorf zu wechseln, genutzt. Weil es neben den sportlichen auch die entsprechend größeren beruflichen Perspektiven gibt.
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