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Theater Nordhausen Theater Nordhausen: "Silberdisteln" bringen "Das war's" auf die Bühne

Von Evelyn Lange 15.06.2016, 10:00
Ursula Marx und Winfried Wehrhan beim „Nahkampf“ am Frühstückstisch.
Ursula Marx und Winfried Wehrhan beim „Nahkampf“ am Frühstückstisch. Roland Obst

Nordhausen - Ein Jahr ungefähr arbeiten die Laienschauspieler unter Leitung ihrer Chefin Anja Eisner an einem Stück, bevor sie dem Publikum ihre Kunst offerieren. Nach der gelungenen „Faust“-Adaption in Kooperation mit dem Theaterjugendclub auf der großen Bühne 2015 interpretieren die Nordhäuser „Silberdisteln“ nun Fitzgerald Kusz’ ganz alltäglichen Wahnsinn wieder zu Hause, auf der Studiobühne.

Leichtes braucht wahre Schauspielkunst

„Das war’s!“ nannte der fränkische Autor seine Collage aus Alltagsszenen, die er pikant abgeschmeckt, gut verdaulich und höchst vergnüglich seinem Publikum anbietet. Mit untrüglichem Spürsinn, Weisheit und spitzer Feder gibt Kusz den lebenserfahrenen Laienmimen Steilvorlagen für ihre Darstellung. Doch was sich leicht und locker liest, worüber sich so herzhaft lachen lässt, setzt wirkliche Schauspielkunst voraus. Die erarbeiten sich die „Distelchen“, wie Anja Eisner ihre muntere Seniorentruppe liebevoll nennt, immer wieder schwer. Es sei die scheinbare Leichtigkeit des Alltäglichen, die so schwer zu spielen ist, sagte sie auf einer Probe.

Souffleuse hilft aus

Nun stehen die 21 „Silberdisteln“ mit ihren Alltagsdramen auf der Bühne und dürfen sich herzlichen Applauses bei der Premiere, die kürzlich stattfand, erfreuen. 27 Szenen mit hohem Wiedererkennungseffekt zeigen die Mimen durchaus souverän. Dass mitunter die Zuschauer die Souffleuse noch vor den Schauspielern hören, tut dem Spaß keinen Abbruch, im Gegenteil. Das ist eben so, wenn man älter wird.

Kosenamen und Kraftausdrücke

Es wird in über 100 Minuten vom Leder des Lebens gezogen, dass die Schwarte kracht. Das geht von A wie „Azalee“ bis W wie „Wohlbefinden“, über das „Wetter“, natürlich, „Eheanbahnung“, die eigentlich eine Geiselnahme ist, und „Beton“, in dem ein Gatte für die Ewigkeit ruht. Eigentlich könnten sie alle „Nahkampf“ heißen. Um den geht es schließlich im Zusammenleben von Mann und Frau und Frau und Frau. Egal, ob am Frühstückstisch, im Bäckerladen, Schlafzimmer, Garten, in der Küche und im Keller, der Schlagabtausch ist obligatorisch. Es wird gehauen und gestochen, genölt und geschimpft und nicht selten auch die Grenze nachsichtiger Gutmütigkeit überschritten. Derbe Kraftausdrücke, die zu sagen man den älteren Herrschaften nicht unbedingt zutraut, zischen als verbale Wurfgeschosse durch die Kulisse. Aber es säuseln auch Kosenamen, die geballt zum Jumbo-Pack von den Mimen nur mit einem gerüttelt Maß an Atemlosigkeit zu bringen sind. Chapeau!

Mit „Anatevka“ kommt in diesem Sommer ein weltberühmtes Musical auf die Bühne im Schlosshof Sondershausen. Schon die Produktion der Uraufführung am New Yorker Broadway im Jahr 1964 brach für längere Zeit alle Rekorde. Das Musical berührt in seiner Mischung aus Humor und Tragik, Hoffnung und Abschied und mit seiner zu Herzen gehenden Musik, die gleichermaßen von Klezmer, russischer Folklore und Broadwayklängen inspiriert ist. Premiere ist am Freitag, 17. Juni, um 20 Uhr im Schlosshof Sondershausen. Danach folgen weitere Vorstellungen.

Hut ab

Manchmal wird es rabenschwarz, wenn die gepeinigte Natur auf Rachefeldzug ist, die einstmals Liebste gemeuchelt im Müllsack eine Ansprache ohne Widerspruch hinnehmen muss. Endlich mal. Wen interessiert hier das Strafrecht, der Typ hat mildernde Umstände. Es sind tatsächlich Alltagsdramen, reichlich überspitzt zuweilen, aber auf den Punkt gebracht. Das Schwierigste sind die Pointen. Da sind die „Silberdisteln“ manchmal wie Sprinter, die zwei Meter vor dem Ziel schon bremsen. Sie arbeiten zielgerichtet darauf hin und dann verfängt sich der Höhepunkt in der lampenfiebrigen Luft der kleinen Studiobühne. Das haben sie selbst gemerkt. Alles in allem: Hut ab vor dieser Leistung, sich bewusst dem Stress einer späten Bühnenkarriere auszusetzen.

Es heißt, es gebe 66 Möglichkeiten, Menschen zum Lachen zu bringen. Eine davon ist, die Nordhäuser „Silberdisteln“ bei „Das war’s!“ zu erleben.

Die nächsten Vorstellungen sind am 15., 16. und 19. Juni, jeweils um 19.30 Uhr. Karten gibt es telefonisch unter 03631/98 34 52 oder im Internet www.theater-nordhausen.de (mz)