Rollhockey Rollhockey: Keine Angst vor blauen Flecken

Allstedt - Oma Liesbeth staunte. „Man kann Euch gar nicht von den Männern unterschieden. Optisch schon, aber bei der Spielweise nicht.“ Dann fügte sie hinzu: „Ihr geht ran, wie die Männer.“
„Ihr“, das sind in diesem Fall Jennifer Jänecke (29) und Anika Karlstedt (27). Die beiden jungen Frauen verdienten sich das Lob der Oma beim Hallen-Turnier der Rollhockey-Teams in Allstedt. Hier sah die gute Frau ihre Enkelin Jennifer und deren Freundin im Landesliga-Team des SV Allstedt spielen.
Und wie sie spielten. Dynamisch, erfolgreich und furchtlos. Was angesichts der doch unbestrittenen Härte im Rollhockey zumindest den neutralen Beobachter verwundert. Angst? „Nein, Angst haben wir nicht, höchstens Respekt“, sagt Jennifer. Seit nunmehr fast 25 Jahren spielt die Großhandels-Fachfrau Rollhockey. Auch bei Büro-Kauffrau Anika Karlstedt sind es mittlerweile über 20 Jahre. Ihre sportlichen Laufbahnen ähneln sich. In beiden Familien wurde Rollhockey gespielt, der erste Besuch im Allstedter Stadion war nur eine Formsache. „Mein großer Bruder war bei Allstedt in der Mannschaft. Und was mein Bruder wollte, wollte ich erst recht“, erinnert sich Anika Karlstedt.
Mittendrin statt nur dabei
Die ersten zwei Jahre ging es auf Rollschuhen voran, ohne Schläger, ohne Ball. Dann aber folgten die richtigen Trainingseinheiten, schließlich die ersten Nachwuchs-Partien. Das gemeinsame sportliche Highlight waren dabei sicherlich die Begegnungen in der 1. Rollhockey-Bundesliga der Frauen, die das Duo mit Mitstreiterinnen für den SV Allstedt bestritt.
Frauen und Männer gemeinsam in einer Mannschaft? Im Rollhockey ist das durchaus möglich. Beim Schach sowieso, auch im Radball. In anderen Sportarten gibt es da allerdings schon gehörige Einschränkungen.
„Laut Spielordnung des Deutschen Fußball-Bundes können Mädchen bis zur Altersklasse B-Junioren gemeinsam mit Jungen in einer Mannschaft spielen. Gemischte Mannschaften sind im Nachwuchsbereich möglich“, sagt Elfie Wuttke, Vizepräsidentin Frauen und Mädchen beim Fußballverband Sachsen-Anhalt.
Im Handball können Mädchen und Jungen gemeinsam bis zur Altersklasse E-Jugend in einer Mannschaft spielen. „Danach ist definitiv Schluss“, so Klaus Rauchfuß vom Landesverband Sachsen-Anhalt.
„Über das Thema Frauen und Männer in einer Mannschaft diskutieren wir in jedem Jahr neu. Im Landkreis Mansfeld-Südharz können Damen in Mannschaften bis zur Kreisoberliga mitmischen. Sind die Spielerinnen über 50 Jahre, sind sie auch in der Bezirksliga spielberechtigt“, so Tim Aschenbrenner vom Kreisverband. Er fügt aber noch hinzu, das diese Regelung nur hierzulande gilt. „Das sieht in jedem Bundesland anders aus“, so Aschenbrenner.
Genau geregelt ist der Einsatz von Frauen in Männer-Mannschaften beim Kegeln. „Der Einsatz von Damen in Herrenmannschaften ist nur in den unteren Spielklassen, also Kreisliga und Kreisklasse, möglich. Aber auch nur dann, wenn der Verein/Club keine Damenmannschaft im Wettspielbetrieb hat. Hat der Club in beiden Spielklassen eine Herrenmannschaft, dürfen Frauen nur in der Kreisklasse spielen. Es dürfen maximal zwei Frauen pro Spiel eingesetzt werden“, erläutert Christian Hofmann vom Kreisfachverband. Diese Regelung gilt nur für den Kreis Mansfeld-Südharz, in anderen Regionen wird das Ganze allerdings anders gehandhabt.
Selbst im Ringen können Mädchen und Jungen gegeneinander antreten. „Allerdings nur bis zur Altersklasse C-Jugend, danach nicht mehr,“ erklärt Gerd Richter vom ASV Sangerhausen. (rak)
Nun also spielen sie in der Landesliga-Vertretung. Mit Männern, die durchaus das Alter ihrer Väter haben. Ein rundes Dutzend Spieltage stehen im Jahr auf dem Programm. Gegen Mannschaften aus Lauenau, Aerzen, Altencelle oder Bison-Calenberg laufen die Allstedter auf. Mittendrin statt nur dabei sind Anika Karlstedt und Jennifer Jänecke. Seit mittlerweile schon fünf Jahren mischt das Duo mit, trug sich, wie in diesem Jahr sogar schon in die Torschützenliste ein. Kämpft manchmal bis zur Erschöpfung. „Klar ist das ganze anstrengend. Aber ein Muskelkater gehört ganz einfach dazu“, sagt Jennifer. Jetzt ist es Anika, die dem beipflichtet. Schließlich sei Rollhockey nichts für Weicheier. „Der Ehrgeiz ist schon da. Ich bin froh und dankbar, dass ich in so einer Mannschaft mitspielen kann.“
Und, nehmen die Männer Rücksicht, wenn plötzlich eine Frau auf der Spielfläche vor ihnen steht? „Nein, das sollen sie auch nicht“, sagt die blonde Anika. Und fast zeitgleich antwortet Jennifer: „Das wollen wir auch nicht.“
Aber wenn dann mal ein Schuss auf dem Körper landet? Schließlich ist das Spielgerät, das beim Rollhockey benutzt wird, alles andere als weich. „Na ja, das muss man schon ab können. Blaue Flecken gibt es da schon mal“, sagt Anika Karlstedt. Auch hier kommt sofort die Bestätigung der Freundin: „Wenn man keine blauen Flecken hat, hat man nicht gespielt.“ Trotzdem, so beide unisono: Zusammenstöße mit manchmal weitaus gewichtigeren Kontrahenten versuchen sie tunlichst zu vermeiden. Immer klappt das nicht.
Und wie klappt das mit dem Umziehen, mit dem Duschen? Schließlich ist es nicht einfach, Frauen und Männer manchmal in einer engen Kabine im wahrsten Sinn des Wortes unter ein Dach zu bekommen. Auch das sehen die Beiden ganz locker. „Dafür gibt es Absprachen“, sagt Jennifer. Und ihre Freundin fügt hinzu: „Wir sind als erste an der Reihe. Ganz einfach weil wir schneller sind. Wir können erzählen und zur gleichen Zeit duschen. Die Männer dagegen kommen in die Kabine, erzählen erst, und marschieren dann unter die Dusche.“ Kurzum: Es gibt keinerlei Probleme. Die haben die Beiden auch nicht, wenn ein Spiel verloren wird. „Ganz ehrlich, wir freuen uns auch mit den Anderen.“
Viel harte Arbeit nötig
Bei so viel Harmonie ist natürlich klar, dass der Spaß am Rollhockey wohl vorläufig garantiert nicht vergeht. „Es macht einfach Spaß. Fußball kann jeder, Rollhockey nicht. Wir mögen und vertragen uns“, sagt Anika Karlstedt. Und Jennifer Jänecke fügt hinzu: „Es ist zwar eine Randsportart, aber es steckt viel harte Arbeit dahinter. Das ist hier wie in einer großen Familie. “ Und dazu gehören nun auch die harten Kerle. Aber, und auch da sind sich die beiden Allstedterinnen einig: „Wir sind mit unseren Männern sehr zufrieden.“ (mz)
Wer beim SV Allstedt sein Geschick beim Rollhockey testen will, ist immer gern gesehen. Am Besten ist es ganz einfach am Montag ab 17.30 Uhr in der neuen Sporthalle der Stadt hereinzuschauen. Ansprechpartner sind da.