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Akute Personalnot Röblingen am See: Sekundarschule "Am Salzigen See" leidet unter Lehrermangel

Von Felix Fahnert 11.01.2020, 09:30
An der Sekundarschule „Am Salzigen See“ in Röblingen spitzt sich die Personalsituation immer weiter zu.
An der Sekundarschule „Am Salzigen See“ in Röblingen spitzt sich die Personalsituation immer weiter zu. Felix Fahnert

Röblingen - Der Lehrermangel in Sachsen-Anhalt führt zu immer skurrileren Zuständen: In der Sekundarschule „Am Salzigen See“ in Röblingen wurden nun Eltern darum gebeten, Kinder aushilfsweise in der Schule zu betreuen. Das belegt ein Schreiben, das vor den Weihnachtsferien von der Schulleitung an alle Eltern verschickt wurde und das der MZ vorliegt.

Darin heißt es, das Jahr 2020 halte Herausforderungen bereit, „denen wir als Kollegium allein nicht mehr gewachsen sein werden“. Durch Personalnot komme es zu Kürzungen im Stundenplan, die Aufsicht könne nicht abgedeckt werden. Deshalb wendet sich die Schule direkt an die Eltern: „Wer kann uns bei der Betreuung der Schülerinnen und Schüler in den Klassenstufen 5 und 6 unterstützen?“

Sekundarschule in Röblingen: Lehrer fehlen

Beim Landesschulamt in Halle bestätigt man die schwierige Situation an der Ganztagsschule im Seegebiet. Unterrichtseinheiten müssten gekürzt werden oder fallen aus. „Wir bekommen dort Probleme in der Ganztagsbetreuung“, sagte Torsten Klieme, Referatsleiter für Sekundarschulen, gegenüber der MZ.

Der Brief an die Eltern sei mit dem Landesschulamt abgestimmt. Bei der Bitte um Aushilfe gehe es jedoch nicht um Unterricht, sondern lediglich um die Betreuung in Freistunden, etwa in der Zeit zwischen Unterricht und der Abfahrt des Schulbusses am Nachmittag.

Lehrermangel: Überstunden gleichen Defizit nicht aus

Hintergrund der personellen Notlage in Röblingen: Bereits zu Beginn des Schuljahres hatten an der Sekundarschule zwei Lehrerstellen gefehlt. „Die Schulleitung konnte das zunächst gut kompensieren“, so Klieme. Mit dem Jahreswechsel fielen jedoch zwei weitere volle Stellen weg, „das Defizit hat sich verdoppelt“. Insgesamt fehlen so etwa 100 Wochenstunden. Eine Notlage, die auch mit Überstunden von Kollegen nicht zu kompensieren war.

Unmut über den Zustand herrscht beim Kreiselternrat. „Das kann so nicht weitergehen“, sagte der Vorsitzende Uwe Henze der MZ. Es gebe eine Schulpflicht und das Recht auf Betreuung. „Hier muss sich das Schulamt kümmern“, so Henze. Es müsse rasch geprüft werden, welche Schule kurzfristig Lehrer abgeben könne. Er selbst werde sich Anfang der Woche mit Vertretern aus Röblingen treffen, um die Lage zu erörtern.

Röblingen: Bürgermeister ist vom Schulamt enttäuscht

Enttäuscht von Bildungsministerium und Schulamt zeigte sich auch Gemeindebürgermeister Jürgen Ludwig (parteilos). „Es ist schlimm, dass die Schule zu so einem Schritt gezwungen ist“, sagte Ludwig. Die Lage in Röblingen sei entstanden, „weil andere ihre Aufgaben nicht gemacht haben“.

Er lobte jedoch, dass die Schule offensiv mit dem Problem umgehe und um Hilfe bitte. Es sei besser, wenn es eine Betreuung durch Eltern gebe, als wenn es gar keine gebe. Ludwig kündigte indes Unterstützung für die Schule an. „Ich bin dabei, mit Vereinen zu reden, um in den entsprechenden Zeiten eventuell Arbeitsgemeinschaften ins Leben zu rufen“, sagte er. Hierbei müssten jedoch noch rechtliche Fragen geklärt werden.

Röblingens Ortsbürgermeister Rüdiger Steinhoff (Die Linke) mahnte an, dass keineswegs alle Eltern als Betreuer für Kinder geeignet seien. Er sprach bei der Aktion von einer „Zumutung“ und sieht die Schuld beim Land: „Das Kultusministerium hat in den letzten 20 Jahren seine Aufgaben nicht erledigt.“

Lehrkräftemangel ist überall spürbar

Beim Landesschulamt betonte man, die fehlenden Stellen wieder besetzen zu wollen. „Wir setzen darauf, neue Kollegen zu gewinnen.“ Es gebe jedoch noch keine Zusagen von Bewerbern. Lehrer von anderen Schulen nach Röblingen zu versetzen, komme derzeit nicht infrage: „Die Kapazitäten sind überall knapp.“

Das Thema Lehrermangel ist dabei aktueller denn je: Erst am Mittwoch war in Sachsen-Anhalt ein Volksbegehren gegen den Mangel an Pädagogen gestartet, durch das erstmals ein fester Personalschlüssel von Lehrern pro Schüler im Schulgesetz festgeschrieben werden soll. 163 000 Unterschriften sind nötig, sechs Monate lang sammelt ein Bündnis aus Lehrer-, Schüler- und Elternverbänden, der Mittelstandsverband sowie der Partei Die Linke nun Stimmen.

Noch ist der Vorstoß in Röblingen übrigens keine Praxis. „Es sind noch keine Eltern im Einsatz“, so Torsten Klieme. Es gebe aktuell keine konkreten Angebote von Müttern oder Vätern. (mz)