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Verwaiste Queste Questenberg: Traditionsfest fällt der Corona-Krise zum Opfer

Von Helga Koch 28.05.2020, 08:30
Der schroffe Hang, ein Eichenstamm und der Kranz als Sonnensymbol - die mystische Queste zieht seit Jahrhunderten die Menschen in ihren Bann.
Der schroffe Hang, ein Eichenstamm und der Kranz als Sonnensymbol - die mystische Queste zieht seit Jahrhunderten die Menschen in ihren Bann. Maik Schumann

Questenberg - „Vermutlich werde ich mit meiner Familie die aufgehende Sonne begrüßen“, sagt Questenbergs Ortsbürgermeister Norbert Volknandt. „Trotz allem oder gerade deswegen.“ Denn wegen der Corona-Pandemie ist das Questenfest abgesagt worden, genau wie alle anderen Feste in Sachsen-Anhalt bis Ende August. Ein herber Schlag für den kleinen Südharz-Ort mit seinen knapp 130 Einwohnern, die 100 Agnesdorfer nicht mitgerechnet, und für den Questenverein, an dessen Spitze Volknandt ebenfalls steht.

Questenberg ist nicht nur wegen seiner schroffen, einzigartig schönen Gipskarstlandschaft berühmt, sondern auch wegen des jahrhundertealten Traditionsfestes und des Brauchtums, das sich darum rankt. Auch deshalb streben der Questenverein und seine Partner die Aufnahme ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes an.

Questenberg: Bis zu 1.000 Gäste beim Traditionsfest

Das Questenfest ist, wenn man das in dem Zusammenhang sagen darf, in bester Gesellschaft. Denn in der Region gibt es zahlreiche Traditionsfeste, die aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr nicht stattfinden werden.

Die Rosenstadt Sangerhausen GmbH hat bereits das Berg- und Rosenfest Ende Juni sowie das Fest der 1.000 Lichter im August abgesagt. Die Stadt Allstedt hat schweren Herzens die 2020er Auflage des traditionsreichen Lindenmarktes zu den Akten gelegt. Und auch die Stolberger Lerchen werden im August nicht in der Pfanne quietschen.

Einzig die Eisleber Wiese findet - Stand heute - statt. Ob da allerdings das letzte Wort schon gesprochen ist?

Längst hat sich ein mehrere Dutzend Mitglieder zählender Verein des Festes angenommen, das am Himmelfahrtstag mit dem Stebbelhauen beginnt und am Pfingstmontag seinen Höhepunkt erlebt. Der Kranz wird heruntergeholt, mit frischem Grün geschmückt und aufs Neue hoch oben am Stamm befestigt. Das lockt das Publikum in Scharen an, Einheimische wie Touristen. „In den letzten Jahren hatten wir über die Pfingsttage je nach Wetterlage zwischen 500 und 800 Besucher, in manchen Jahren sogar bis 1.000 Gäste“, sagt Volknandt.

Auch für dieses Jahr liefen schon längst die Vorbereitungen. „Vor allem der Vorstand und natürlich auch die Vereinsmitglieder waren involviert.“ Langjährige Partner wie das Restaurant „Manni’s Lou“, das Kyffhäuserlandorchester, Stefan Gaßmann aus Bennungen, der Heimatverein Rotha oder Matthias Erhardt zählt der Vereinschef auf. „Sie alle haben uns bei der Organisation unterstützt. Dann war es natürlich bitter für uns, alles absagen zu müssen.“ Auch das Ochsenfest wird verschoben; dabei wird es nur aller paar Jahre gefeiert, wenn die Käsemänner aus Rotha am Vorabend des Questenfests nicht den fälligen Käse abliefern.

Corona-Krise: Nur Kosten und keine Einnahmen für den Verein

Das Questenfest sei trotz aller Schwierigkeiten und Anstrengungen die einzige Möglichkeit, Geld in die Vereinskasse zu bekommen, sagt Volknandt. „Allerdings bleibt nicht viel übrig, leider.“ Einnahmen und Ausgaben hielten sich die Waage, und das nur dank vieler treuer Sponsoren. „Dieses Jahr gibt es keine Einnahmen. Laufende Kosten haben wir trotzdem, die müssen trotz Corona-Krise gezahlt werden.“

Doch die Questenberger lassen sich nicht unterkriegen: „Selbstverständlich halten wir am Antrag zur Aufnahme als Immaterielles Kulturerbe fest“, kündigt Volknandt an. Die Partner aus der Arbeitsgruppe, versichert stellvertretend für alle Biosphärenreservatsleiterin Christiane Funkel, werden den Verein weiter unterstützen. „Der Antrag wird im Herbst oder spätestens 2021 vorliegen“, sagt sie. (mz)