Die Abc-Schützen von '45 Pölsfeld: Abc-Schützen von 1945 treffen sich

Pölsfeld - Nein, sie hatten keine riesigen, prall gefüllten Zuckertüten. Und ein großes Familienfest gab es damals auch nicht. Ihre Einschulung vor 75 Jahren haben sie aber trotzdem in guter Erinnerung behalten. Und deshalb haben elf ehemalige Pölsfelder Abc-Schützen das Jubiläum jetzt auch ordentlich gefeiert.
In der Gaststätte am Sportplatz war sogar ein Zuckertütenbaum aufgestellt. Zu wem jede der elf kleinen Tüten gehörte, ließ sich ziemlich schnell feststellen - vorn war ein Foto aus Kindertagen aufgeklebt. Und so gab es bei jeder Tüte, die Klaus Büchel abpflückte und überreichte, erst mal ein großes Hallo über die schicken Zöpfe bei den Mädchen und die großen Ohren bei den Jungs.
Einschulung kurz nach Kriegsende 1945
Eingeschult wurden die heute 81-Jährigen am 1. Oktober. Es war 1945, der Krieg war erst wenige Monate zuvor zu Ende gegangen. In Pölsfeld hatten die meisten Familien eine kleine Landwirtschaft, so dass der Mangel dort nicht ganz so groß war wie in den Städten. Dennoch gab es für die Einschüler von damals keine üppigen Geschenke. Sie wussten sich eben über einfache Dinge zu freuen. Die Schultüte war zur Hälfte mit Papier ausgepolstert, damit nicht gar zu viel reinpasste. „Und die Bonbons waren selbst gemacht“, erzählt Dietrich Mach. Kurt Meyer weiß unterdessen noch genau, dass die Einschulung quasi nebenher passierte.
„Wir waren auf dem Acker und ich habe bei der Kartoffelernte geholfen“, erzählt er. „Meine Mutter hat mich kurz abgeholt und nach der Einschulung bin ich wieder zurück aufs Feld.“ Auch den Schulalltag der Nachkriegszeit könnte sich heutzutage wohl kaum noch jemand vorstellen. „Wir hatten damals viele Kriegsflüchtlinge in Pölsfeld“, erinnert sich Klaus Büchel. „In der ersten Klasse waren wir hundert Kinder.“ Für die gab es nur einen Klassenraum und eine Lehrerin. Unterrichtet wurde in zwei Schichten - die eine Hälfte der Kinder vormittags, die andere nachmittags.
Bis zur sechsten Klasse fand der Unterricht in Pölsfeld statt
Die ersten Schritte beim Lesen, Schreiben und Rechnen bekamen die Pölsfelder von Frau Hörning beigebracht. Die war eigentlich gar keine Lehrerin, sondern die Frau des Lehrers, der aber in englischer Kriegsgefangenschaft war. Und so übernahm zunächst seine Frau das Unterrichten. Noch im gleichen Jahr kam dann allerdings eine ausgebildete Lehrerin als Umsiedlerin nach Pölsfeld. Fortan lernten die Kinder bei Frau Pfeiffer, die in den ersten beiden Klassenstufen von Frau Ziegner pädagogisch unterstützt wurde.
Bis zur sechsten Klasse konnten die Pölsfelder damals im eigenen Ort zur Schule gehen, in den letzten beiden Klassenstufen bis zum Schulabschluss ging es dann in die Zentralschule nach Obersdorf. „Wir sind mit den Lehrern gut klargekommen und wir haben uns untereinander sehr gut verstanden“, erzählt Klaus Büchel und seine Klassenkameraden von damals nicken.
An den Wochenenden ging es oft gemeinsam in den Wald, dort wurde dann zusammengesessen und „gechillt“, wie die heutige Jugend es nennen würde. Aus allen ist was geworden. Der leider schon verstorbene Dr. Walter Gießler lehrte sogar als Professor an der Hochschule Harz, erzählen seine ehemaligen Mitschüler. Sie haben bisher jedes Schuljubiläum gemeinsam gefeiert. Und das nächste kommt bestimmt. (mz)