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Ping Pong Weltmeisterschaft  Ping Pong Weltmeisterschaft : Hettstedter fährt zur WM nach London

Von detlef liedmann 21.11.2013, 09:46
Robert Roß vom MSV Hettstedt startet zur Weltmeisterschaft.
Robert Roß vom MSV Hettstedt startet zur Weltmeisterschaft. Liedmann Lizenz

hettstedt/riestedt/MZ - „Das Ding bekomme ich an jeder Ecke für zwölf Euro. Und wenn ich es nicht mehr brauche, kann ich es noch als Feile nehmen.“ Das Ding, welches Robert Roß in der rechten Hand hält, sieht aus wie ein Tischtennisschläger, taugt aber nur zum Ping Pong, der Urform des Spiels mit dem kleinen weißen Celluloidball.

Seit einer Woche weiß er 26-jährige Hettstedter, dass er Anfang Januar für Deutschland bei der Weltmeisterschaft im Ping Pong starten darf. Montag hat er im Landesleistungsstützpunkt Riestedt das erste Mal speziell für das Ereignis trainiert. Quasi durch die Hintertür führt sein Weg in den Alexandra Palace in London. Dort, wo sonst die besten Dartsspieler der Welt ihre Meister küren, werden am 4. und 5. Januar die Tische aufgebaut.

Qualifikation knapp verpasst

Roß war bei erstmals ausgespielten Deutschlandpokal in Erfurt Dritter geworden. Qualifiziert hätten sich laut Ausschreibung nur die ersten zwei. „Aber irgendwo in Afrika haben sie einen Regelverstoß begangen und deshalb hat Deutschland einen dritten Startplatz bekommen“, so Roß, der mit dem MSV Hettstedt in der Verbandsliga Tischtennis spielt. Unterschiede zwischen Tischtennis und Ping Pong? Zuerst natürlich der Schläger, denn beim Ping Pong spielen alle mit dem gleichen Material. Spezielle Beläge für Angriffs- oder Defensivspiel sind nicht erlaubt. Nichts da mit Unterschnitt oder Sidespin. „Fass mal drüber“, sagt Robert Roß.

Tatsächlich, wie feines Sandpapier. Deshalb also Feile. „Hier kannst du also keine Vorteile ziehen. Das habe ich in Erfurt gemerkt“, so der Hettstedter. Denn dort brauchte er zum Beispiel gegen einen 56-jährigen Bezirksklassespieler drei Sätze. Und spätestens nach drei Durchgängen ist beim Ping Pong, die Deutschen nennen es auch Klickball, Schluss. Denn gespielt werden zwei Gewinnsätze bis 15 Punkte und es reicht, auch hier ein Unterschied, ein Zähler Vorsprung zum Satzgewinn. Zudem kann man einen Doppelpunkt ansagen. Wie Roß zum Ping Pong gekommen ist? „Es gab früher mal eine Brettchenliga in Sachsen-Anhalt, wo ich mitgespielt habe.“ Brettchen? „Im Prinzip fast das gleiche wie Ping Pong. Aber die Schläger hatten auf beiden Seiten einen einfachen Noppenbelag ohne Unterfütterung. So wie wir es von früher aus dem Freibad kennen oder mancher vielleicht noch zu Hause hat“, erklärt Roß.

Bis in die Endrunde?

Das wichtigste aber: Er hatte Zeit für die Teilnahme am Deutschlandpokal. Veranstaltet und organisiert hat ihn der Erfurter Jürgen Leu, vom Vorjahr als einziger deutscher Teilnehmer so etwas wie ein Exot bei der Weltmeisterschaft. Denn Leu war einfach mal nach London geflogen und hatte mitgespielt, flog aber gleich in der Vorrunde raus. „Dieses Jahr sind wir zu dritt schon so etwas wie eine kleine Streitmacht“, sagt Roß. Mit ihm fliegen Alexander Flemming und Bernd Ahrens nach London, die beiden Erstplatzierten des Deutschlandpokals. Der Sachse Flemming ist Spitzenspieler der 2. Bundesliga, Ahrens schmettert für Wuppertal in der Regionalliga. Die Teilnahme an der Weltmeisterschaft finanziert das Trio aus eigener Tasche: Flug, Unterkunft, Verpflegung. Aber: Es wartet ein Preisgeld. Insgesamt sind 100.000 Pfund für die 64 Starter ausgelobt. „Mein Ziel ist es, in der Vorrunde mindestens ein Spiel zu gewinnen, mein Wunsch der Einzug in die Endrunde“, sagt Roß.

Nur knapp vier Wochen Vorbereitung

In der Vorrunde ein Spiel gewinnen, dass würde ihm 500 Pfund bescheren. „Da habe ich wenigstens meine Unkosten wieder rein und mal schön Essen gehen ist auch noch drin.“ Wird er jetzt die Seiten wechseln? „Nein, nein. Tischtennis bleibt immer meine sportliche Liebe, weil es viel facettenreicher ist. Aber Ping Pong ist eine schöne Abwechslung und hier habe ich als Amateur weit größere Chancen.“

Hauptziel dieser Saison bleibt Platz zwei in der Verbandsliga und damit die Teilnahme an der Relegation um den Aufstieg in die Oberliga Mitte. Deshalb wird auch erst nach Ende der Hinrunde am 8. Dezember ausschließlich für die Weltmeisterschaft trainiert. „Da wird richtig geknüppelt“, umschreibt Roß das Programm der dann verbleibenden knapp vier Wochen.

Ping Pong wird salonfähig

64 Starter haben sich für die Weltmeisterschaft qualifiziert, unter anderem sechs Engländer, drei Russen und zwei Nigerianer. „In Nigeria bist du als richtiger Tischtennisspieler ein Exot, aber Ping Pong kennen sie dort.“ Und bald wird man auch in Deutschland etwas mehr darüber wissen. Denn dank eines weltweit agierenden Fernsehsenders erfährt der Sport große mediale Aufmerksamkeit. 2.500 Plätze bietet der Alexandra Palace und schon wegen der Engländer, die Ping Pong wieder hoffähig gemacht haben, werden alle Sitze an beiden Tagen besetzt sein. Gespielt wird in acht Gruppen zu je acht Teilnehmern in einer so genannten Doppel-ko-Runde. „Ich weiß zwar nicht, welche Gegner mich erwarten. Aber ich denke, ich bin nicht chancenlos“, verbreitet Roß vorab schon jede Menge Optimismus.