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Nach Unwetter in Dietersdorf Nach Unwetter in Dietersdorf: Bürger fordern einen besseren Schutz gegen Schlammflut

Von Helga Koch 09.09.2017, 07:00
Christel Breitung (li.), hier mit Ratsmitglied Nadine Pein, kann nur hoffen, dass die Säcke im Ernstfall genug Schutz bieten. Vom oberhalb liegenden, abgeernteten Feld hatten sich Wasser und Schlamm auf die Grundstücke ergossen.
Christel Breitung (li.), hier mit Ratsmitglied Nadine Pein, kann nur hoffen, dass die Säcke im Ernstfall genug Schutz bieten. Vom oberhalb liegenden, abgeernteten Feld hatten sich Wasser und Schlamm auf die Grundstücke ergossen. Koch

Dietersdorf - „Ohne Euch“, schreibt Christel Breitung an die Dietersdorfer Feuerwehr, „hätte ich die schlimmen Tage wahrscheinlich nicht überstanden.“ Mit ihrem Brief bedankt sie sich für den „aufopferungsvollen Einsatz“ nach dem Unwetter vom 18. August, er hängt im Schaukasten am Gerätehaus. Doch sie hat Angst. Denn ob die Sandsäcke vor ihrem Haus beim nächsten Unwetter genügend Schutz bieten, weiß sie nicht. Sie fordert deshalb, genau wie viele andere Bürger, vorbeugende Maßnahmen vor der nächsten Sturzflut.

Einwohner in Dietersdorf sind verunsichert, ob es bei neuem Unwetter wieder Schlammflut geben wird

Danny Hebecker, stellvertretender Wehrleiter und Mitglied des Ortschaftsrats, bedankt sich bei der Gemeindeverwaltung und den benachbarten Wehren, die nach dem Unwetter bis tief in die Nacht und an den nächsten Tagen geholfen haben, das Schlimmste zu beseitigen. Zwei Tage lang, sagt Bauamtsleiterin Katrin Buchmann, haben alle Bauhofmitarbeiter, Ein-Euro-Kräfte und Bundesfreiwilligen in Dietersdorf geholfen, sie dankt ihnen.

Doch Christel Breitung und Melitta Seitz, die auf gegenüberliegenden Grundstücken am Ortseingang wohnen, sind völlig verunsichert. „Ich wohne seit 1980 hier, so was habe ich noch nie erlebt“, sagt Christel Breitung. Wie soll es weitergehen, fragt Melitta Seitz. Wird es vorbeugende Maßnahmen geben, damit nicht noch mal eine Schlammlawine ihre Vorgärten, Garagen, Keller oder Scheunen verwüstet? Sie fordern einen Maßnahmeplan der Gemeinde. Zum Beispiel müsste ein Streifen oberhalb des Ortes begrünt werden, regt Melitta Seitz an.

Außerdem sei der Kanal, der am Ortseingang eigentlich das vom Feld fließende Wasser hätte auffangen müssen, vollständig zugesetzt. Als der Verband nun den Kanal durchspülen wollte, habe das Wasser nicht ausgereicht, erzählen Einwohner. „Wir haben Angst“, sagen die beiden Frauen. „Wenn’s wieder regnet, passiert’s wieder!“

Dietersdorfer wollen, dass die Felder nicht mehr bis an die Gärten und Grundstücke bestellt werden

Bürgermeister Ralf Rettig (parteilos) verweist auf den Wasserverband Südharz, der den Einlauf zu säubern habe, auf ein Gespräch mit dem Amt für Flurneuordnung und mit dem Agrarbetrieb, der die Äcker bewirtschaftet. Am Hang müsse künftig quer gepflügt werden, vorm Graben seien Tieffurchen zu ziehen. Es gebe oben auf dem Feld einen Querweg, der mit Sträuchern oder Hecken bepflanzt werden soll. „Das würde das Wasser bremsen“, sagt Rettig. „Schutzwälle werden kaum möglich sein.“

Viele Dietersdorfer fänden es jedoch besser, die Felder nicht mehr bis an die Gärten und Grundstücke zu bestellen. „Bis 1988 war oberhalb der Grundstücke ein Streifen Wiese“, erinnert Ortsbürgermeister Frank Schrader. „Früher hat es auch starke Regengüsse gegeben.“ Aber keine Schlammlawine im Ort.

August und September, wenn die Felder abgeerntet sind, seien eine kritische Zeit: „Wenn da was runtergeht, ist die Gefahr groß, dass es wieder so kommt, wie wir’s hatten.“ Rolf Liemann nennt es Glück, dass zum Zeitpunkt des Unwetters auf einem Feld noch Weizen stand: „Sonst hätte es auch wieder die Grundstücke unten im Dorf erwischt.“

So etwas wollten sie nicht noch mal erleben, sind sich die Dietersdorfer einig. Neben all dem Ärger, der Aufregung und vielen Arbeit sei eins zu bedenken, sagen Melitta Seitz und Christel Breitung: „Versicherungen zahlen in diesem Gebiet bei solchen Schäden durch Starkregen nicht.“ (mz)

Das Betonrohr am Ortseingang war völlig zugesetzt.
Das Betonrohr am Ortseingang war völlig zugesetzt.
Koch