1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Landkreis Mansfeld-Südharz
  6. >
  7. Lehrgänge zum Obstbaumschnitt: Lehrgänge zum Obstbaumschnitt: Diese Tipps geben die Experten für den richtigen Schnitt

Lehrgänge zum Obstbaumschnitt Lehrgänge zum Obstbaumschnitt: Diese Tipps geben die Experten für den richtigen Schnitt

Von Steffi Rohland 28.11.2016, 11:00
Karsten Kühne setzte die Baumschnitt-Tipps aus dem Seminar in der Praxis mit der Astsäge um.
Karsten Kühne setzte die Baumschnitt-Tipps aus dem Seminar in der Praxis mit der Astsäge um. Steffi Rohland

Tilleda - Wie schneide ich den Obstbaum richtig? Laien sind für Expertentipps in dieser Sache immer dankbar. Deshalb veranstalten das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz und der Landschafts- und Streuobstpflegeverein Kyffhäusernordrand Tilleda schon seit 2009 gemeinsame Lehrgänge zum korrekten Schneiden von Obstgehölzen. Und der Zuspruch zu den Veranstaltungen im Kirschcafé des Streuobstzentrums ist stetig gewachsen.

Im theoretischen und praktischen Teil standen in diesem Jahr die Gartenfachberater Heinz Wagner (83, Gartenbauingenieur) und Jürgen König (49, Dendrologe) aus dem Kyffhäuserkreis sowie die Mitarbeiter des Biosphärenreservates mit Rat und Tat zur Seite. Was man beim Obstschnitt beachten sollte, hat Steffi Rohland die Berater Wagner und König gefragt.

Warum müssen Obstbäume überhaupt geschnitten werden?

Heinz Wagner: Der Obstbaumschnitt ist eine Voraussetzung, um auch im kommenden Jahr eine gute Ernte mit großen Früchten zu bekommen. Er ist auch eine Art der Schädlingsbekämpfung. Denn bei der Monilia-Krankheit, auch als Spitzendürre bekannt, müssen zum Beispiel die befallenen Zweige bis in das gesunde Holz zurückgeschnitten werden.

Wann ist die beste Zeit für den Baumschnitt - im Herbst und Winter oder im Frühjahr?

Wagner: Überwiegend werden Obstbäume wie Äpfel und Birnen in den Wintermonaten geschnitten, möglichst nicht bei Frost. Süß- und Sauerkirschen können gleich im Sommer nach der Ernte geschnitten werden. Bei Pfirsich und Aprikose kann man im Frühjahr nach der Blüte schneiden, dann sieht man besser, welche Zweige Früchte und welche Blattmasse bringen. Totholz muss aber immer entfernt werden, weil es sonst die Rotpustelkrankheit fördert.

Jürgen König: Wein wird im Frühjahr geschnitten. Man muss den richtigen Zeitpunkt abpassen: Es muss frostfrei sein, aber der Saft darf noch nicht eingetreten sein.

Wie geht man bei Johannis- oder Stachelbeersträuchern vor?

Wagner: Altholz, das schon länger Früchte getragen hat, sollte man rausnehmen. Das schafft Platz für die jungen ein- bis zweijährigen Triebe. Auch durch Blattläuse geschädigte junge Triebe müssen abgeschnitten werden. Man erkennt sie an der Krümmung. Die Blattläuse saugen Saft und legen die Eier hinter die Schuppen der Knospen.

Was kann man beim Obstbaumschnitt falsch machen?

Wagner (schmunzelnd): Ein Fehler wäre nur, nichts zu machen. Der Baum gleicht Fehler schon wieder aus. Es kann höchstens zu Entwicklungsverzug kommen.

Was muss man grundsätzlich beachten?

König: Man muss den Baum als Lebewesen sehen, mit dem man sorgsam umgehen sollte. Jeder Schnitt erzeugt eine Wunde. Die Schnittfläche sollte klein sein, damit der Baum eine Chance zur Selbstheilung hat. Wenn sehr große Äste entfernt werden müssen, entstehen große Wunden. Dann besteht die Gefahr der Austrocknung und es können Pilzsporen eindringen. Nach dem Rückschnitt reagiert der Baum mit entsprechendem Neuaustrieb. Schneidet man zu stark zurück, bildet der Baum steil aufsteigende Reiser mit mehr Blättern und weniger Früchten.

Wie sollte eine gut geschnittene Obstbaumkrone aussehen?

König: Sie darf nicht zu dicht sein. Alte Faustregel: Man soll einen Hut durchwerfen können. Der Zweig, der im Vorjahr Sonne bekam, bringt Blüten und Früchte. Schatten und Feuchtigkeit fördern Pilze.

Was empfehlen Sie bei sehr alten Bäumen?

König: Eingriffe mit großen Wundflächen vermeiden. Man nimmt das Totholz raus und entlastet die Krone, damit der Stamm nicht auseinanderbricht.

Am Südharz- und Kyffhäuserrand gibt es viele vernachlässigte Streuobstwiesen...

König: Streuobstwiesen sind wichtig wegen der Sortenvielfalt. Dort kommen auch viele seltene Tiere und Pflanzen vor. In den Astlöchern finden Vögel wie der Wiedehopf Nistmöglichkeiten. Manche Insektenarten brauchen morsche Stämme. Darauf kommt es mehr an als auf eine gute Ernte.

Gibt es Bäume, die gar keinen Schnitt brauchen?

Wagner: Walnussbäume werden in der Regel nicht geschnitten. Auch die Hauspflaume ist pflegeleicht. Sie braucht nur alle vier bis fünf Jahre einen Auslichtungsschnitt. Auch bei der Quitte müssen nur Konkurrenztriebe weg und Zweige, die sich kreuzen.

Welches Werkzeug ist das richtige?

Wagner: Eine scharfe Säge und eine Bypass-Schere. Bei einer Amboss-Schere kann es zu Quetschungen kommen. Die Wundränder stärkerer Äste unbedingt mit einem scharfen Messer glätten.

An vielen Bäumen sieht man dicke Schichten von Flechten. Sind diese schädlich?

Wagner: Im Grunde stellen die Flechten kein Problem dar. Sie sind eine Lebensgemeinschaft aus Pilzen und Algen, wachsen ein bis zwei Millimeter im Jahr. Weil nicht mehr so viel Schwefeldioxid aus qualmenden Schornsteinen in der Luft ist, wachsen sie jetzt auf Rinde, Holz, Pflaster und Dächern. Wenn ganze Zweige und Triebe befallen sind, können sie den Knospenaustrieb etwas behindern.

Was kann man ohne Chemie-Keule gegen den Birnengitterrost tun?

Wagner: Das ist ein Pilz, der Birnenblätter befällt. Der kriechende Wacholder ist seine Wirtspflanze, da überwintern die Sporenträger. Es wäre also das Beste, den kriechenden Wacholder zu beseitigen. Die Sporen fliegen bis zu 500 Meter weit. Vielleicht hilft uns in diesem Jahr das Wetter. Im Frühjahr war die Witterung für den Birnengitterrost ungünstig. Wir hoffen, dass weniger Sporen von der Birne in den Wacholder geflogen sind, dort überwintern und sich nächstes Jahr wieder ausbreiten. (mz)

Jürgen König
Jürgen König
Rohland
Heinz Wagner
Heinz Wagner
Rohland